WIRTSCHAFTSPRÜFER. Der Versuch eine Kontrollstelle für die Berichterstattung börsennotierter Unternehmen einzurichten. Von Herbert Houf und Aslan Milla
Am 5. Dezember 2012 hat der Nationalrat mit dem Rechnungslegungs- Kontrollgesetz (RL-KG) einen vorläufigen, zumindest legistischen Schlusspunkt unter eine lange öffentliche Debatte um das sogenannte „Enforcement“ in Österreich gesetzt. Ohne Begutachtung wurde die Materie über Antrag der Regierung in Gesetz gegossen und tritt mit 1. Juli 2013 in Kraft.
Hintergrund
Die Diskussion dazu war sehr lang. Auf Grundlage verschiedener EU-rechtlicher Normen sind in den letzten Jahren in den Mitgliedstaaten national organisierte „Enforcement“-Einrichtungen entstanden. Dabei wurde dem nationalstaatlichen Prinzip intensiv gefrönt – mit der Konsequenz, dass teilweise kaum vergleichbare Modelle in Europa existieren; „variatio delectat“ würde der Lateiner sagen!
Zum Teil wurde die Überprüfung der Finanzberichterstattung gelisteter Unternehmen Börseeinrichtungen oder regierungsnahen Stellen übertragen, zum Teil unabhängigen Einrichtungen bzw. den Finanzmarktaufsichtsstellen selber. Auch Inhalt und Umfang der Tätigkeit sind unterschiedlich geregelt. In Deutschland ist seit 1. Juli 2005 eine privatrechtlich organisierte Prüfstelle tätig. Zu einer behördlichen Behandlung kommt es nur dann, wenn im Verfahren vor dieser Einrichtung kein Resultat erzielt wurde (2-stufiges Verfahren).
Die Diskussion in Österreich begann bereits 2003 mit einem Positionspapier des iwp, dem auch das AFRAC im Mai 2006 im Wesentlichen gefolgt ist. Ein darauffolgender erster legistischer Versuch wurde jedoch bald wieder zurückgezogen. Das nunmehr beschlossene RL-KG sieht, ähnlich wie in Deutschland, ein zweistufiges Verfahren mit einer freiwilligen privatrechtlichen Prüfstelle vor, beinhaltet aber einige sehr weitgehende, direkte Eingriffsrechte der FMA, sodass bestenfalls von einem „1,5-stufigen“ Verfahren gesprochen werden kann.
Die Regelungen im Einzelnen
Erfasst sind (geschätzt 180 bis 200) Unternehmen, deren Aktien oder Schuldtitel (Anleihen) an einem geregelten Markt der Wiener Börse notieren. Überwacht werden soll die „Richtigkeit der Finanzberichterstattung“ (§ 1 RL-KG), also im Wesentlichen der Konzernabschluss samt Lagebericht, Zwischenberichte und „ad-hoc“-Mitteilungen, soweit rechnungslegungsrelevant. Zuständig ist die FMA, allerdings kann ein vom BMF anerkannter weisungsfreier Verein diese Aufgabe nach Maßgabe bestimmter Regelungen wahrnehmen. Die FMA kann Richtlinien für dessen Prüfungstätigkeit vorgegeben und bei Zweifeln an der ordnungsgemäßen Arbeit der Prüfstelle oder bei öffentlichem Interesse jederzeit in den Prozess eingreifen und eine Prüfung an sich ziehen. Vor-Ort Erhebungen, ebenso wie die Einbeziehung von anderen geeigneten Einrichtungen und Personen, sind ebenfalls vorgesehen. Die Finanzierung ist durch die betroffenen Unternehmen selbst bzw. im Fall des Vereins als Prüfstelle durch dessen Vereinsmitglieder aufzubringen.
Fehlerfeststellungen sind öffentlich zu machen und können nach dem Willen des Gesetzgebers gegebenenfalls auch Anzeigepflichten an den AeQ oder eine Mitteilung an die KWT wegen Verletzungen von Berufspflichten auslösen. Auch wenn § 2 RL-KG (Prüfungsgegenstand) die Arbeit des Abschlussprüfers ausdrücklich nicht erfasst, muss also bei Fehlerfeststellungen auch mit Rückwirkungen für den Abschlussprüfer gerechnet werden.
Im letzten Moment wurde eine „Kriminalisierung“ insoweit vermieden, als durch die adäquate Mitwirkung des geprüften Unternehmens im Verfahren und die angemessene Fehlerveröffentlichung ausdrücklich eine schadensbereinigende Maßnahme im Sinne der StPO definiert wurde.
Die nächsten Schritte
Um die Möglichkeit einer privatrechtlichen Prüfstelle zu wahren, gilt es den entsprechenden Verein zu gründen, wobei acht bis zehn Gründungsmitglieder erwartet werden. KWT und iwp haben bereits durch entsprechende Beschlüsse die Bereitschaft zur Mitwirkung erklärt. Die Suche nach geeigneten Personen, die dieser Prüfstelle vorstehen bzw. die Prüfungstätigkeit durchführen könnten, ist die nächste Aufgabe. Vertreter der deutschen Prüfstelle haben bereits mehrfach die Bereitschaft zur Unterstützung bekundet – ein Angebot, das man annehmen sollte!
Weiters müssen Statuten für den Verein und Prüfungsrichtlinien entwickelt werden. Dabei wird eine angemessene, das Interesse des Kapitalmarktes berücksichtigende Vorgehensweise zu finden sein. Nicht jede geringfügige Feststellung, vor allem bei einem komplexen Regelwerk wie den IFRS, sollte aufzugreifen und verfahrensrelevant sein! Die hohe Feststellungsquote in Deutschland (15% bis 20%) wird dabei immer wieder zu Recht kritisiert.
Die kommenden Monate werden zeigen, ob es gelingt eine glaubwürdige und angemessene Regelung zu finden. Der prüfende Berufsstand wird jedenfalls seine Erfahrungen und Empfehlungen mit einbringen können.
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