PORTRÄT. Ilse-Maria Vrabl-Sanda ist die neue Leiterin der Staatsanwaltschaft gegen Korruption und Wirtschaftsverbrechen. Bei Amtsantritt wurde ihr von allen Seiten Furchtlosigkeit attestiert. Von Karin Pollack
PORTRÄT. Ilse-Maria Vrabl-Sanda ist die neue Leiterin der Staatsanwaltschaft gegen Korruption und Wirtschaftsverbrechen. Bei Amtsantritt wurde ihr von allen Seiten Furchtlosigkeit attestiert. Von Karin Pollack
Innenpolitisch gibt es aktuell kaum ein heißeres Thema als Korruption. Nahezu täglich werden Politiker und Wirtschaftsbosse zu Gericht beordert, nehmen vor laufenden Kameras auf der Anklagebank Platz, um dann – meist hinter verschlossenen Türen – Rede und Antwort zu vergangenen Geschäftsgebaren zu stellen. Die Causa Telekom, Buwog, Eurofighter: Die Liste anhängiger Verfahren lässt sich beliebig fortsetzen. Die Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftskriminalität und Korruption (WKStA) hat jedenfalls mehr als
genug zu tun. Als Ilse-Maria Vrabl-Sanda Anfang Dezember 2012 an die Spitze der Korruptionsstaatsanwaltschaft berufen wurde, stockte die Justizministerin auch gleich die Investigationsmannschaft mit auf. Künftig werden nicht wie bisher 19 sondern 40 Korruptionsstaatsanwälte gegen Bestechung, Bestechlichkeit, Vorteilsnahme, Vorteilsgewährung und Missbrauch von Vertrauensstellungen ermittelnd im Einsatz sein. Sie könnten dem Staat viel Geld bringen. Laut einer Studie
des Wirtschaftswissenschafters Friedrich Schneider von der Johannes Kepler Universität belief sich der Korruptionsschaden 2012 nämlich auf 17 Milliarden Euro.
Diese Summe soll reduziert werden. „Ich freue mich auf die neue, herausfordernde Aufgabe und werde die große Verantwortung nach bestem Wissen und Gewissen übernehmen“, erklärte Ilse-Maria Vrabl-Sanda unmittelbar nach ihrer Ernennung. Als Nachfolgerin von Walter Geyer, der mit 65 Jahren in Pension geht, ist sie in Österreich die erste Frau in dieser Position und hat sich gegen ihre Kollegen Eberhard Pieber (WKStA-Vizeleiter), Johannes Fuchs (WKStA) und Gerhard Jarosch, Präsident der Vereinigung österreichischer Staatsanwälte, durchgesetzt. Die Meilensteine Ihrer Karriere: Die 49-Jährige Wienerin trat 1992 die Richterlaufbahn an. Ihre ersten Erfahrungen machte sie am Bezirksgericht Donaustadt. 1997 wurde sie an das Wiener Landesgericht für Strafsachen berufen, wo sie sich unter anderem auf Menschenrechtsfälle
spezialisierte. 2005 wechselte sie an die Wiener Oberstaatsanwaltschaft (OStA), wo sie lange Jahre Mediensprecherin war. Der Umgang mit Journalisten ist ihr deshalb bestens vertraut. Ende 2009 schließlich wurde die Mutter dreier Kinder im Alter von 19, 17 und 11 Jahren stellvertretende Leiterin der OStA.
Resolute Persönlichkeit
In ihren Jahren bei Gericht hat sich Vrabl-Sanda als resolute Persönlichkeit mit ausgeprägtem Gerechtigkeitssinn und Furchtlosigkeit gegenüber der Politik etabliert. Diesen Ruf schuldet sie allen voran einem Verfahren gegen den ehemaligen Landeshauptmann Jörg Haider. Als dieser 1999 am Wiener Landesgericht für Strafsachen eine Klage gegen das ZDF-Magazin „Frontal“ einbrachte, weil er dort als
„gefährlicher, politischer Gauner“ bezeichnet worden war, wies sie dies rundweg ab. Ihre Begründung: Politiker
müssten sich mehr gefallen lassen als normale Bürger. Eine weitere Episode ihrer Karriere zementierte
im März vergangenen Jahres diesen Ruf. Als die ÖVP gegen die Staatsanwaltschaft wetterte, weil diese in
der Telekom-Affäre gegen Werner Amon ermittelte, bezeichnete Vrabl-Sanda, die übrigens ohne Parteibuch
ist, dies schlicht als „Untergriff, der wohl zur Stimmungsmache dient.“ Ihre Behörde könne diesem Druck
aber durchaus standhalten, setzte sie nach, es sei sogar ein Aufnahmekriterium für den Dienst als Staatsanwalt, meinte sie.
Durch und durch Profi
Dass Vrabl-Sanda ihre neue Aufgabe mit großem Elan erfüllen wird, steht für alle, die sie kennen, vollkommen außer Zweifel. Sie gilt als Workaholic, in ihrem Büro im zwölften Stock in der Hinteren Zollamtsstraße im dritten Wiener Gemeindebezirk brannte auch bisher oft bis spätabends das Licht. In unmittelbarer Nähe zum Rechnungshof arbeitete sie Akt um Akt ab. Bei ihrer Antrittspressekonferenz betonte sie, dass sie ihre Amtsführung „besonnen und verantwortungsvoll“ angehen will. Indirekt antwortete sie damit all jenen, die ständig monieren, die Korruptionsfälle würden zu langsam bearbeitet. „Es gibt den kurzen Prozess und die Ratzfatz-Justiz, aber bitte nur in Staaten, mit denen wir uns nicht vergleichen wollen“, sagte sie. Vrabl-Sanda ist durch und durch Profi auf ihrem Gebiet. Was sie sich für die Zukunft erhofft? Eine Öffnung krimineller
Bankkonten, weil Geldinstitute derzeit die Arbeit der WKStA verzögern können. Das sei ein wichtiger Schritt, sagt Vrabl-Sanda. Korruptionsbekämpfung braucht vereinte Kräfte.
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