Berufsanwärter. Nach welchen Kriterien sucht man sich die richtige Steuerberatungskanzlei für die Berufsanwärterzeit aus? Von Corinna Kempinger
Bereits während des Studiums stellt sich die Frage, welche Steuerberatungskanzlei für einen Berufsanwärter die richtige ist. Bei dieser Wahl sollten nicht nur sachliche, sondern auch persönliche Kriterien abgewogen werden. Zuerst sollte der gewünschte Tätigkeitsbereich der angestrebten Kanzlei überlegt werden. Möchte ich künftig rein in der Steuerberatung tätig sein oder interessiere ich mich auch (oder mehr) für den Bereich Wirtschaftsprüfung? Je nachdem sollte eine Kanzlei gewählt werden, die für die gewünschten Bereiche einen Berufsanwärter sucht. Auch gibt es einige Kanzleien, die sich auf bestimmte Branchen als Klienten spezialisiert haben. Somit wird ein Berufsanwärter, der wenig mit z.B. Künstlern als Klienten anfangen kann, in einer Kanzlei, die sich auf diese Branche spezialisiert hat, wohl kaum glücklich werden.
Jedoch wird langfristig eine Kanzleiwahl, die nur auf monetären Kriterien basiert, nicht glücklich machen.
Breitgefächerte Praxiserfahrung
Ebenso sollte überlegt werden, welche Größe die gewünschte Kanzlei haben soll. Der Berufsanwärter sollte sich die Frage stellen: Will ich als Berufsanwärter lieber ein großer Fisch in einem kleinen Teich oder lieber ein kleiner Fisch in einem großen Teich sein? In ersterem Fall sollte die Wahl auf eine kleinere Kanzlei fallen. Hier hat ein Berufsanwärter den Vorteil, dass er aufgrund der geringeren Mitarbeiteranzahl im Bereich Beratung meist „mitten drin im Geschehen“ ist, d.h. zum Beispiel bei Umgründungen oder anderen Sonderthemen direkt mit dem Vorgesetzten dabei ist, wohingegen in größeren Kanzleien solche Aufgaben oft ausschließlich von erfahreneren Mitarbeitern übernommen werden. Auch bieten kleinere Kanzleien den Vorteil, dass man breitgefächerte Praxiserfahrungen sammeln kann, z.B. von alltäglichen Umsatzsteuerfragen bis hin zu spezifischen Sozialversicherungsthemen. Da bei der später angestrebten Steuerberaterprüfung auch dieses breite Wissensspektrum verlangt wird, fällt das Lernen hierfür Berufsanwärtern aus kleineren Kanzleien oft leichter. Als Berufsanwärter sollte man sich ebenfalls Gedanken über den gewünschten künftigen Kundenkontakt machen. Ist einem dieser sehr wichtig, sollte die Wahl auf eine kleinere Steuerberatungskanzlei fallen, da hier relativ rasch direkter Kundenkontakt möglich ist, wohingegen in großen Kanzleien Berufsanwärter oft mehr „im Hintergrund“ arbeiten. Wie bei jeder Jobsuche werden auch die örtliche Nähe einer Kanzlei zum eigenen Wohnort sowie voraussichtliche Auswärtstätigkeiten eine Rolle spielen. So ist es für Berufsanwärter in wirtschaftsprüfenden Kanzleien üblich, viel auswärts bei Klienten prüfend tätig zu sein. Wer hingegen lieber an seinem fixen Arbeitsplatz am Firmenstandort arbeitet, wird sich eher in einer „reinen“ Steuerberatungskanzlei wohlfühlen.
Vereinbarkeit von Beruf und Familie
Kriterien wie Gehalt (in Relation zur tatsächlichen Arbeitszeit) sowie Aufstiegschancen oder die Möglichkeit einer späteren Beteiligung als Steuerberater bzw. Wirtschaftsprüfer werden wesentlich sein, jedoch wird langfristig eine Kanzleiwahl, die nur auf monetären Kriterien basiert, persönlich nicht glücklich machen. Auch angebotene Einrichtungen wie z.B. eine kanzleiinterne Kinderbetreuung oder die (spätere) Möglichkeit, (ohne Karriereknick) in Kinderkarenz zu gehen sowie danach Teilzeit oder von zuhause aus zu arbeiten, werden in Hinblick auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie nicht nur bei Frauen künftig eine immer größere Rolle spielen. Trotz aller rational prüfbaren Kriterien wird schlussendlich das Bauchgefühl die letzte Entscheidung treffen: ist die geplante Kanzlei ein Arbeitsort, an dem ich mich in den nächsten Jahren als Berufsanwärter (und darüber hinaus) wohlfühlen werde? Verstehe ich mich mit meinen künftigen Kollegen? Fühle ich mich in der bestehenden Struktur sowie mit dem Führungsstil des Chefs wohl? Um dies zu prüfen, wird es zielführend sein, eine Probearbeitszeit zu vereinbaren oder bereits während der Studienzeit in der angestrebten Kanzlei ein Praktikum zu absolvieren. Erst so zeigt sich dann, ob „die Chemie passt“ und somit der Fisch den richtigen Teich gefunden hat.
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