PORTRÄT. Im Dezember wurde Hartmut Löger als neuer Finanzminister vereidigt – er kommt mit viel Erfahrung aus der Versicherungsbranche ins Regierungsamt. Von Karin Pollack
Wenn Politik eine Bühne ist, auf der Minister die Hauptdarsteller sind, dann hat Ende 2017 so etwas wie eine Neubesetzung stattgefunden. „Generationenwechsel“ nennen es viele. Von einem Tag auf den anderen kamen Menschen vor den Vorhang, die bisher wenig im Rampenlicht standen. Hartmut Löger zum Beispiel. Ihn kannte man nur in Versicherungskreisen als Österreich-Chef der Uniqa Insurance Group, verantwortlich für rund 5000 Mitarbeiter und 3,5 Millionen Kunden. „Als Finanzminister trage ich jetzt Verantwortung für alle Österreicher und Österreicherinnen. Ich muss mehr Parameter bedenken als im Kosmos eines Unternehmens“, sagt er unmittelbar nach seiner Ernennung. Löger ist seit Andreas Staribacher 1995 der erste Finanzminister ohne politische Erfahrung. Als „insgesamt unaufgeregt“ charakterisiert er sich selbst. Mit diesem Grundprinzip hat es der aus einfachen Verhältnissen stammende Steirer weit gebracht. Geboren 1965 im Selzthal wuchs er als Sohn eines Eisenbahners in dritter Generation auf. Ein Babyfoto zeigt ihn auf einer Dampflok. Sein familiäres Umfeld bezeichnet er selbst als stark sozialpolitisch geprägt. Er besuchte das Stiftsgymnasium in Admont und begann nach der Matura eine Pilotenausbildung beim Bundesheer.
„Mein Vater sah nur einen Ausweg: Ich sollte Eisenbahner in vierter Generation werden“, erzählt Löger. Davor flüchtete er nach Wien.
Bei einer Nachtübung verletzte er sich das linke Knie so stark, dass er diesen Lebenstraum aufgeben musste. „Mein Vater sah nur den einen Ausweg: Ich sollte Eisenbahner in vierter Generation werden“, erzählte er dem „Kurier“. Davor flüchtete er nach Wien, wo er eher zufällig einen Universitätslehrgang für Versicherungswirtschaft an der WU absolvierte und diese Ausbildung später in St. Gallen vertiefte. Löger gründete früh eine Familie, musste Geld für seine Frau und die beiden Kinder verdienen. Retrospektiv arbeitete sich der Steirer von ganz unten nach oben. Zuerst als Kundenbetreuer bei einem Versicherungsmakler, dann als Verkaufsleiter bei der Allianz-Versicherung. Bis 1997 war er Assistent der Geschäftsleitung bei der Grazer Wechselseitigen und bis 2002 Vertriebsleiter bei der Donau-Versicherung. Seit damals ist er bei der Uniqa, seit 2016 Vorstandvorsitzender. Hartmut Löger lernte Sebastian Kurz kennen, als dieser als Junge ÖVP-Obmann Kontakt mit der Wirtschaft suchte und den Uniqa-Chef als Experten für Pensionsfragen konsultierte. Kurz machte sogar ein Praktikum in der Uniqa und blieb danach mit Löger in loser Verbindung. Die beiden trafen sich immer wieder, auch deshalb, weil Löger ehrenamtlich als Präsident der Sportunion aktiv wurde. Wochen vor seiner Ernennung fragte Kurz, ob Löger für das Amt des Finanzministers bereitstünde. Als dann aber der konkrete Anruf mit dem Angebot bekam, war Löger trotzdem überrascht. Er habe erst einmal seine Frau angerufen, die gerade mit dem Terrier Emil im Prater unterwegs war, und dann ihr Okay abgewartet. „Ohne ihre Zustimmung hätte ich das Amt nicht angetreten“, sagte er Armin Wolf in der ZIB2. Seit Dezember steht der 52-Jährige als mächtiger Hüter über die Finanzen im Rampenlicht. Zuerst als er die Pläne der neuen Regierung publik machte, also die Senkung der Abgabenquote auf 40 Prozent, die Verringerung der Staatsschuldenquote auf 70 Prozent, eine Einführung der Finanzmarkttransaktionssteuer, die Bekämpfung der Steuerflucht, dann als er im Zuge der ersten Maßnahme der neuen Regierung den Familienbonus und die Senkung Arbeitslosenversicherung rechtfertigen musste.
Seit Dezember steht der 52-jährige Steirer Hartmut Löger als mächtiger Hüter über Österreichs Finanzen im Rampenlicht.
Im März will er ein Doppelbudget für 2018/19 präsentieren und Geld soll durch die Einsparungen beim Personalaufwand des Bundes oder durch die Streichung von Bundesförderungen in die Kassa gespült werden. „200 Millionen seien drinnen“, sagt Löger, der mit Hubert Fuchs einen FPÖ-Staatssekretär mit Expertise als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer an seiner Seite weiß. „Wir sind gemeinsam unterwegs, auch persönlich funktioniert es gut,“ stellte er unlängst in einem Interview mit der Tageszeitung „Die Presse“ klar. Er wird in vielen seiner Agenden aber Nerven zeigen müssen. In der Vergangenheit hat er sich oft mit Weisheiten des griechischen Philosophen Seneca über schwierige Situationen gerettet: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“, oder „Ein Zwerg wird nicht größer, auch wenn er auf einem Berg steht“ sind oft zitierte Sätze, die ihm sogar den Spitzname „Seneca“ eingebracht haben. Wenn er denn eines Tages einmal Zeit haben wird, will er ein Buch über den griechischen Stoiker, den er seit Schulzeiten verehrt, schreiben. Einstweilen ist aber froh, wenn ihm etwas Zeit für seine Familie bleibt. Löger ist seit ein paar Monaten stolzer Großvater. Vielleicht wird er den Enkeln seine Modelleisenbahn, eine exakte Nachbildung des Bahnhofs im Selzthal, eines Tages vorführen.
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