LEADERSHIP. Wie sollen sie aussehen? Wie können sie gelingen? Diese Fragen haben wir online auf www.oegsw.at gestellt. Hier die Ergebnisse unserer Umfrage. Von Sabine Kosterski
Hat ein autoritärer Führungsstil ausgedient? Auch diese Frage haben wir online und auf Facebook gestellt. Das Ergebnis: Insgesamt halten 55% den autoritären Führungsstil für ausgedient. Seht ihr das auch so? Bitte schreibt mir eine E-Mail an sekretariat@oegsw.at mit eurer Meinung dazu. Auch in unserem „Servicenetzwerk“ haben wir uns damit auseinandergesetzt, wie Führungsstile der Zukunft für unseren Berufsstand aussehen könnten. Die digitale Transformation erfordert eine neue Triebfeder für einen neuen Führungsstil. Und auch die „Next Generation“ hat ganz konkrete Vorstellungen von ihrem Arbeitsumfeld.
Was wünschen sich Mitarbeiter der „Next Generation“?
Bereits jetzt stellen Mitarbeiter, insbesondere jene, die neu in unseren Berufsstand eintreten, Forderungen nach mehr Entscheidungsfreiräumen und mehr Verantwortung. Sie wünschen sich mehr Flexibilität bei gleichzeitiger Sicherheit, mehr Identität mit dem Unternehmen und mehr individuelle Weiterbildungsmöglichkeiten. Ich habe einen jungen Studenten gefragt, wie er in einer Kanzlei gerne arbeiten würde. Seine Antwort darauf möchte ich euch nicht vorenthalten: „Geld ist mir nicht das Wichtigste. Ich wünsche mir einen Führungsstil, in dem auch Mitbestimmung und Mitgestaltung in meiner Verantwortung liegen. Mein Chef sollte mich auf Augenhöhe führen. Einen Teil meiner Arbeit will ich von zu Hause aus erledigen. Gute Weiterbildungsmöglichkeiten und Aufstiegschancen sind auch wünschenswert. Strategisch wichtige Entscheidungen sollen jedoch meinem Chef obliegen. Der Chef sollte schon die Verantwortung tragen.“
Wie könnten die Führungsstile der Zukunft aussehen?
Die aktuelle Führungskultur, die auf Machtpositionen und starre Führungshierarchien setzt, wird abgelöst werden müssen. Denn nur durch ein Umdenken wird es in Zukunft gelingen, gute Mitarbeiter und engagierte Kollegen zu gewinnen und zu halten. Aber wie gelingt uns dieses Umdenken, um in der modernen Kanzleiwelt erfolgreich zu führen? Wie kann man sich selbst in seiner Rolle als Führungskraft weiterentwickeln? Und wofür ist man als Führungskraft – insbesondere in der nächsten Zukunft – primär da? Wer führt hier wen? Fest steht, die aktuelle Führungskultur, die auf Macht und starre Führungshierarchien setzt, wird abgelöst werden müssen.
Die Führungskraft muss sich mit Selbstreflexion beschäftigen
In unserer zunehmend digitalen und globalen Arbeitswelt ist der Veränderungsdruck auf Führungskräfte massiv spürbar. Viele Fragen drängen sich zwangsläufig auf: Welches Vorbild will ich für meine Mitarbeiter sein? Was brauchen meine Mitarbeiter, um die notwendigen Veränderungsprozesse zu bestehen? Warum tun wir, was wir tun? Die Führungskraft muss an sich selbst arbeiten, ihr Rollenvorbild neu definieren und es vorleben. Nur wer selbst von Veränderungen überzeugt ist, kann sie auch seinen Mitarbeitern erfolgreich vermitteln. Ein Vorbild kann man aber auch sein, in dem man als Führungskraft zu seinen Schwächen steht und vorlebt, diese zu stabilisieren. Um wirklich etwas zu bewegen, muss man als Führungskraft achtsam mit sich und den Mitarbeitern sein. Ein sogenanntes Achtsamkeitstraining kann hier neue Denkansätze eröffnen und unterstützend wirken.
Wie bewegt man Mitarbeiter zu einem Veränderungsprozess?
Neue Fähigkeiten, neue Verhaltensweisen, neue neuronale Netzwerke und somit höhere geistige Leistungen können sich nur entfalten, wenn sich Mitarbeiter mit ihrer Führungskraft und mit der Kanzlei verbunden fühlen. Diese Verbundenheit entsteht durch einen modernen, offenen Führungsstil. Wird diese Verbundenheit von Mitarbeitern nicht verspürt, macht sich Angst und Starre breit, alte und gelernte Muster erscheinen als die einzig richtigen und alles Neue wird abgelehnt. Was passiert dann? Nichts, rein gar nichts kommt in Bewegung, und leider bedeutet Stillstand auch Rückschritt!
Mit Freude bewegen und verbunden sein
Die Bestrebungen einer Führungskraft sollten daher in die Richtung gehen, dass sich Mitarbeiter verbunden fühlen und die Kanzlei erfolgreich in die neue „digitale Welt“ bringen. Die Verbundenheit der Führungskraft mit ihren Mitarbeitern bedeutet, verbunden mit Menschen zu sein, sie mitgestalten zu lassen, einen Sinn zu finden – dann ist das Gemeinsame bedeutsam. Das Verbundensein nimmt Einfluss auf das Leben aller in der Kanzlei und ermöglicht es Menschen, ständig aus sich herauszuwachsen und mit Veränderungen leicht fertig zu werden. Oft beginnt Verbundenheit damit, sich als Führungskraft auf die Kompetenzen seiner Mitarbeiter zu verlassen und ihnen einen „Vertrauensvorschuss“ zu gewähren – unter dem Motto: „Ich traue es dir zu, dass du das schaffst. Mache und setze es um. Wie du das machst, überlasse ich dir. Bei Problemen und Hürden unterstütze ich dich.“ Die Möglichkeit der Mitgestaltung ist ein wichtiges Asset. Eine gute Feedbackkultur kann hier ebenso hilfreich sein. Loben und konstruktiv Kritik üben, das bringt die Menschen weiter und spornt sie an. In dem Moment, wo Verbundenheit beginnt, beginnt der Veränderungsprozess.
Vertrauensvorschuss erzeugt Verbundenheit und Wir-Gefühl
Selbstreflexion bringt eine neue Haltung, eine Achtsamkeit in die Kanzlei, und Führung ist mitunter auch ein Stück „Kindererziehung“. Der Glaube der Führungskraft an sich selbst und an seine Mitarbeiter hat einen großen Einfluss darauf, was Mitarbeiter leisten können und wollen. Die Führungskraft gibt das Ziel vor, der Mitarbeiter geht den Weg – die Führungskraft begleitet den Mitarbeiter, damit dieser das Ziel erfolgreich erreicht. Strategische Entscheidungen werden weiterhin von der Führungskraft getroffen.
Wie gelingt es, dass alle an einem Strang ziehen?
Diese Führung auf Augenhöhe wird sich auch bei Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern etablieren. Dazu bedarf es jedoch eines Führungsstils, der mediative Grundelemente, empathische Fähigkeiten und Kommunikationstechniken wie das aktive Zuhören beherrscht. Die erfolgreiche Vermittlung eines Wir-Gefühls und eines rücksichtsvollen, respektvollen Umgangs miteinander wird Mitarbeiter stärker an die Kanzlei binden. Die oft ganz unterschiedlichen Menschen in einem Unternehmen müssen so gebündelt werden, damit sie alle an einem Strang ziehen, um das Unternehmensziel zu erreichen. Die Führungskraft wird sich dieser Aufgaben annehmen und versuchen müssen, alle Talente zu entdecken und – abgestimmt auf Befindlichkeiten und Begehrlichkeiten – einzusetzen. Durch diesen Führungsstil werden Disharmonien im Team vermieden. Auch ein präventives Konfliktmanagement könnte hier unterstützend wirken.
Durch die Digitalisierung ist Arbeit mobil und teilbar
Ob der Mitarbeiter den Klienten vom Homeoffice oder vom Büro aus anruft, wird keine Rolle spielen, genauso wenig wie die Arbeit in Teilzeit. Hauptsache, die Kommunikation mit dem Klienten ist gesichert. Hier wird es unsere Herausforderung sein, die Datensicherheit und die richtige Kommunikation zu gewährleisten.
Was bedeutet dieser Change für Führungskräfte?
Für die meisten heißt es, ein ganz neues Selbstverständnis an den Tag und in die Führung der Mitarbeiter zu legen.
Aber Achtung: Die Führungskraft ist kein „Feel-Good-Manager“. Am Ende des Tages bleibt nämlich die Gesamtverantwortung dort, wo sie immer war: Beim Steuerberater und beim Wirtschaftsprüfer als Führungskraft.
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