PORTRÄT. Elfriede Teichert leitet den neu organisierten Bereich für Finanzstrafsachen im Amt für Betrugsbekämpfung – sie wird Strukturen effizienter machen. Von Karin Pollack
Steuerbetrug im großen Stil, kriminelle Netzwerke, grenzüberschreitender Betrug: Es sind überaus komplexe, weit verzweigte und meist schwer zu durchschauende Verbrechen, mit denen es Elfriede Teichert zu tun hat. „Das ist wirklich spannend“, sagt sie. Als ehemals langjährige Leiterin einer Strafsachenstelle weiß sie, wovon sie spricht, denn sie arbeitet seit 20 Jahren in diesem Spezialbereich und ist mit allen Facetten bestens vertraut. Mit rund 200 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, unterteilt in 19 Teams über ganz Österreich, will sie die Schlagkraft der Behörde verbessern. Der operative Fachbereich setzt sich aus hochklassigen Finanzstrafrechtsexpertinnen zusammen, die Erfahrungen mit komplexen Gerichtsfällen haben. Für die Einbringung von verhängten Geldstrafen gibt es einen eigenen Bereich. Neu daran ist, dass Kräfte gebündelt und im Zuge einer groß angelegten Umstrukturierung gerade besser aufgesetzt werden. Was früher in vielen unterschiedlichen Finanzämtern erfolgte, soll nun zentralisiert geschehen. Teichert versteht ihre Aufgabe darin, Abläufe zu verbessern und ihren Leuten optimale Arbeitsbedingungen zu schaffen. Es ist eine Herausforderung, die durch die Corona-Pandemie nicht gerade einfacher wird. „Seit einem Jahr finden nahezu alle Besprechungen nur per Skype statt, das erschwert die Kommunikation“, sagt Teichert. Die Finanzstrafrechtsexpertin hat sehr genaue Vorstellungen darüber, wie der Kampf gegen Abgabenbetrug optimiert werden kann. Schließlich hat die 1959 in Weiz geborene Steirerin ihr gesamtes Berufsleben in der Finanzverwaltung verbracht. Gleich nach Abschluss der Schulzeit stieg sie ins Finanzamt Graz/Umgebung ein und begann ihre Laufbahn in der Lohnsteuerprüfung. „Ich habe das Handwerk sozusagen von der Pieke auf gelernt“, sagt sie und erinnert sich an ein Gerichtsverfahren, das sie in ihrer Schulzeit im Rahmen eines Sommerjobs erlebt hatte. Der Prozess hat sie nachhaltig beeindruckt. „Dieses Erlebnis war auch ein Grund, mich für ein berufsbegleitendes Studium der Rechtswissenschaften zu entscheiden“, erzählt sie. Vielarbeiterin sei sie schon immer gewesen. Als Mutter eines Sohns lernte sie vor allem nachts, 1999 war sie fertige Juristin. Schwerpunkt auf vorsätzliche VergehenIm Finanzamt Bruck/Leoben/Mürzzuschlag war sie mit einer Vielfalt von Finanzstrafsachen betraut. „Die Verbrechen haben sich in den Jahren verändert“, stellt sie fest. Finanzvergehen sind zu einem Teil auch auf Unkenntnis oder Fahrlässigkeit zurückzuführen. Auf diesen Verfahren liegt keinesfalls der Schwerpunkt, sondern auf vorsätzlichen kriminellen Vergehen, die im großen Stil geplant und ausgeführt werden. „Wir bekommen die Ermittlungsergebnisse von der Steuerfahndung und bauen darauf unsere Berichte für die Staatsanwaltschaft auf“, erklärt sie. Das sei vor allem dann eine große Sache, wenn es sich um mafiöse Netzwerke mit weitreichenden, oft auch grenzüberschreitenden Verflechtungen handelt.
Teichert versteht ihre Aufgabe darin, Abläufe zu verbessern und ihren Leuten optimale Arbeitsbedingungen zu schaffen. Es ist eine Herausforderung ...
Weil sich die Finanzverbrechen verändert haben, muss sich auch die Finanzstrafverfolgung weiterentwickeln, ist sie überzeugt. Ende 2018 wurde beschlossen, die bis dahin bei den einzelnen Finanzämtern angesiedelten Abteilungen für Finanzstrafsachen zusammenzulegen und zentral zu führen. „Das ermöglicht uns, Fachwissen besser zu bündeln, Ressourcen gezielt einzusetzen und damit Verfahren zu verkürzen“, erklärt Teichert. Durchschnittlich dauern Finanzstraffälle bei Gericht bis zu zwei Jahre, diese Zeitspanne soll deutlich reduziert werden. Talent für prozessorientiertes Denken Warum Elfriede Teichert mit dieser Aufgabe betraut wurde, ist ebenfalls eine längere Geschichte. Als die Strukturänderung im Ministerium beschlossen wurde, leitete Teichert als Vorständin das Finanzamt Bruck/Leoben/Mürzzuschlag. „Nach vielen Jahren im Finanzstrafrecht hatte ich Lust, mich beruflich weiterzuentwickeln“, erinnert sie sich. Bereits im Jahr 2007 hatte sie an einem Managemententwicklungsprogramm teilgenommen, ihr Talent für prozessorientiertes Denken und ihre Freude an Führungsaufgaben entdeckt. Doch gerade dieses Amt ging durch die Zusammenlegung in der Dienststelle Steiermark Mitte auf. Als die Leitungsfunktion für die neu geschaffene, überregional organisierte Abteilung für Finanzstrafsachen ausgeschrieben wurde, war Teichert prädestiniert für den Job. „Die Entwicklung neuer Strukturen aktiv mitgestalten zu können, ist ein großer Glücksfall und genau das, was ich machen wollte“, sagt Elfriede Teichert und arbeitet seitdem auf Hochtouren daran. „Einzig das Corona-Virus steht mir im Weg, denn ich schätze den persönlichen Kontakt mit meinen Leuten und das Gespräch im Team. Deshalb kann es nicht erwarten, bis die Pandemie endlich vorbei ist“, sagt sie. Wie sie ihren Führungsstil beschreiben würde? „Empathisch und wertschätzend“, sagt sie, und diese Grundsätze auf Skype zu vermitteln, sei besonders schwer. Steil bergauf, rauf auf den SchöcklEs gibt wenige, dafür regelmäßig wiederkehrende Momente im Leben von Elfriede Teichert, an denen sie überhaupt nicht an ihre beruflichen Aufgaben denkt. Jeden Sonntag geht sie auf ihren Hausberg bei Graz, den Schöckl, und das auch bei Wind und Wetter. „Wenn es ganz steil bergauf geht, schalte ich komplett ab und tanke Kraft für die nächste Woche“, lacht sie. Mehr als diese Stunde bergauf braucht sie dafür nicht, weil ihre Aufgabe nicht nur spannend ist, sondern ihr vor allem großen Spaß macht.
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