FINANZSTRAFRECHT. Über Interessenkonflikte für verteidigenden Steuerberater:innen. Von Klaus Hübner
Beauftragen Sie bereits von Ihnen betreute Mandant:innen, für die Sie die Buchführung und Bilanzierung sowie die laufende steuerliche Beratung erledigen, zur Vertretung in einem Finanzstrafverfahren, ist Vorsicht geboten. Schneller als gedacht, kann das eigene berufliche Vorgehen (z.B. die Abgabe von UVA oder Steuererklärungen; die Verbuchung von Privatausgaben als Betriebsausgaben) ins Blickfeld der Finanzstrafbehörde geraten, sodass es zu einem Interessenkonflikt mit Mandant:innen kommen kann bzw. die eigene Unabhängigkeit nicht mehr garantiert ist. Bei Beschuldigten, die steuerlich vertreten sind, schauen die Strafreferent:innen besonders genau hin, um vor allem auch festzustellen, inwiefern Steuerberater:innen an der Tat beteiligt gewesen sind und somit als Mittäter:innen in Frage kommen. In derartigen Fällen ist es daher ratsam, die Verteidigung von Beschuldigten von anderen Berufskolleg:innen übernehmen zu lassen, um die Geschäftsbeziehung nicht zu zerrütten. Wurde im vorangegangenen Abgabenverfahren der von der Außenprüfung festgestellte Mehrbetrag mittels Rechtsmittelverzicht anerkannt und wird im Nachgang ein Finanzstrafverfahren eingeleitet, ist es naheliegend, dass die Verhandlungsleitung die Frage stellt, warum das Ergebnis der Betriebsprüfung nicht bestritten wurde. Diese Frage zu beantworten, fällt der (dauerhaft) beauftragten Steuerberatung deutlich schwerer als einer neu hinzugezogenen Verteidigung und birgt auch ein Konfliktpotential für das laufende Auftragsverhältnis in sich. Vorsicht sollte auch bei Rechtsmitteln im Finanzstrafverfahren geboten sein, zumal in einem Fall eine Beitragstäterschaft einer Steuerberatungskanzlei erst hervorkam, als gegen ein Spruchsenatserkenntnis Beschwerde erhoben wurde, sodass sich die Steuerberatungskanzlei dadurch selbst der Verfolgung aussetzte. Oft empfiehlt es sich – weil ja eine Verteidigung möglichst frühzeitig einsetzen sollte –, bereits bei einer Betriebsprüfung oder Umstellung dieser Norm nach § 99 Abs. 2, welche ja bereits eine Verfolgungshandlung im finanzstrafrechtlichen Sinne darstellt, Finanzstrafexpert:innen beizuziehen, die die erforderliche Distanz zu Mandant:innen haben und nicht eine engere Beziehung wie laufende Berater:innen.
Kooperation mit dem laufenden Steuerberater
An der konstruktiven Zusammenarbeit mit der steuerlichen Vertretung führt im Interesse einer erfolgreichen Verteidigung kein Weg vorbei. Verteidiger:innen sind auf das Detailwissen von Steuerberater:innen als wichtigste Informationsquelle angewiesen. Daher sind Konflikte mit bisherigen Berater:innen tunlichst zu vermeiden. Auch wenn Klient:innen diese anstiften, sollte die Verteidigung einen kühlen Kopf bewahren und schon gar nicht derartige Konfrontationen auslösen. Der dadurch entstehende Informationsverlust schadet nur Mandant:innen und hilft in der Folge der Finanzstrafbehörde. Eine gute Kooperation ist im Normalfall daher tunlichst geboten. Es empfiehlt sich für Steuerberater:innen, deren Mandant:innen unter dem Verdacht stehen, ein Finanzvergehen begangen zu haben, zu überlegen, ob jemand doch besser als Zeuge oder Zeugin unterstützen kann und die Verteidigung einer „neutralen“ Person überlässt.
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