CORONA. Die Covid-19-Krise – worauf gilt es im internationalen Steuerrecht zu achten? Von Matthias Mitterlehner
Bei der intensiven Befassung mit all den Covid-19-Erleichterungen, -Förderungen, -Prämien etc. darf nicht übersehen werden, dass die Covid-19-Pandemie bei vielen grenzüberschreitenden Sachverhalten zu einer Änderung geführt hat. Sowohl das OECD Secretariat als auch das österreichische BMF haben sich bereits in mehreren Papieren zu dieser Thematik geäußert. Der folgende Beitrag soll ein paar ausgewählte Punkte aufzeigen, die es zu beachten gilt.
Vermehrter Einsatz von Videokonferenzen
Bei der nun vermehrten Nutzung von Videoconferencingtools, müssen in Österreich ansässige Geschäftsführer von ausländischen Gesellschaften darauf achten, nicht die tatsächliche Geschäftsführung und dadurch folglich die abkommensrechtliche Ansässigkeit der Gesellschaft gem. Art. 4 Abs. 3 OECD-MA 2014 in ihren Ansässigkeitsstaat zu verlagern. Nach Ansicht des OECD Secretariat ist bei kurzfristiger Inlandstätigkeit der Geschäftsführer noch nicht von einer Verlagerung der Ansässigkeit oder einer Geschäftsführungsbetriebsstätte auszugehen. Da sich aber schon abzeichnet, dass uns diese Pandemie noch länger betreffen wird und viele Unternehmen manche Gewohnheiten längerfristig verändern, gilt es die nachhaltige Änderung des Tätigkeitsortes von Geschäftsführern zu beobachten. Dies gilt ganz besonders für ohnehin substanzschwache Zwischenholdings, Finanzierungs-, Lizenz- und ähnliche Gesellschaften.
Begründung von Betriebsstätten
Bei der Begründung von Betriebsstätten gelten im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie die gleichen Grundsätze wie sonst auch. So sind etwa Covid-19-bedingte Baustellenunterbrechungen bei der Fristberechnung für den Bestand einer Bau- oder Montagebetriebsstätte i.S.d. Art. 5 Abs. 3 OECD-MA genauso zu berücksichtigen wie sonst etwa witterungsbedingte Unterbrechungen. Hingegen wird eine Covid-19-bedingte kurzfristige Homeoffice-Tätigkeit von Dienstnehmern in deren Ansässigkeitsstaat und außerhalb des Arbeitgeberstaates in der Regel nicht zur Begründung einer Betriebsstätte im Ansässigkeitsstaat des Dienstnehmers führen. Verbleibt der Dienstnehmer aber nachhaltig im Homeoffice, so ist eine Prüfung notwendig, ob er nicht doch eine feste Geschäftseinrichtung oder Vertreterbetriebsstätte des Arbeitgebers begründet.
Dienstnehmertätigkeit außerhalb des Arbeitgeberstaates
Unabhängig von der Begründung einer Betriebsstätte kommt es bei Dienstnehmern, die nun aufgrund von Covid-19 ausnahmsweise im Ansässigkeitsstaat arbeiten oder gearbeitet haben, trotzdem zu steuerlichen Konsequenzen. Auf Basis von Art. 15 Abs. 1 OECD-Musterabkommen verlagert sich nämlich das Besteuerungsrecht für die anteiligen Dienstnehmereinkünfte nicht mehr in den Tätigkeits- und Arbeitgeberstaat, sondern verbleibt im Ansässigkeitsstaat. Österreich hat diesbezüglich bis dato lediglich mit Deutschland eine davon abweichende Konsultationsvereinbarung abgeschlossen. Nach dieser können Arbeitstage, für die Arbeitslohn bezogen wird und an denen Arbeitnehmer nur aufgrund der Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie ihre Tätigkeit im Homeoffice ausüben, als in dem Vertragsstaat verbrachte Arbeitstage gelten, in dem die Arbeitnehmer ihre Tätigkeit ohne die Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid- 19-Pandemie ausgeübt hätten. Innerstaatlich führt die ausnahmsweise Homeoffice-Tätigkeit in Österreich für ausländische Arbeitgeber zu einer Lohnsteuerabzugsverpflichtung, auch ohne Lohnsteuerbetriebsstätte. Insofern Österreich das (anteilige) Besteuerungsrecht an den Dienstnehmereinkünften hat, reicht es seit 1.1.2020 nämlich aus, dass ein ausländischer Arbeitgeber unbeschränkt Steuerpflichtige beschäftigt, die im Inland tätig werden. Anders stellt sich die Lage bei sogenannten Grenzgängern dar. Für diese gibt es in den österreichischen DBA mit Deutschland, Italien und Liechtenstein sogenannte Grenzgängerregelungen. Demnach können Personen, die im Grenzgebiet wohnen und arbeiten, auch bei Tätigkeit im anderen Staat unter bestimmten Voraussetzungen im Ansässigkeitsstaat steuerpflichtig bleiben. Grenzgängerregelungen verlangen dafür üblicherweise, dass der Grenzgänger zwischen Arbeitsort und Wohnort pendelt. Im Verhältnis zu allen drei genannten Staaten soll es aber aufgrund einer Homeoffice-Tätigkeit, die im Rahmen der Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie erfolgt, nicht zu einer Aberkennung des Grenzgängerstatus kommen. Aktuell ungeklärt ist allerdings, wie lange eine solche Homeoffice- Tätigkeit dauern darf, bevor es dann doch zum Verlust des Grenzgängerstatus kommt. Schließlich ist mittlerweile absehbar, dass die Pandemie uns doch noch eine Weile betreffen wird.
Zahlungen an Dienstnehmer aus Konjunkturpakten
Zahlungen, die etwa im Zusammenhang mit der Corona-Kurzarbeit in Österreich erfolgen, können auch im Ausland ansässige Dienstnehmer österreichischer Arbeitgeber betreffen. Nach Ansicht des OECD Secretariat und des BMF sollen derartige Zahlungen im Rahmen von Art. 15 OECD-MA dort besteuert werden, wo der Dienstnehmer gearbeitet hätte, wenn er arbeiten könnte (Kausalitätsprinzip). Die Besteuerung erfolgt also unabhängig davon, wo sich der Dienstnehmer während der Kurzarbeit aufhält. Ist im jeweiligen DBA hingegen eine Sonderregelung für Bezüge aus einer gesetzlichen Sozialversicherung oder ähnliche Einkünfte enthalten – wie z.B. im DBA mit Deutschland –, so ist das Besteuerungsrecht für Entgeltentschädigungen nach dieser Sonderbestimmung zu beurteilen, wobei im Regelfall eine Besteuerung im Kassenstaat vorgesehen ist.
Zahlungen, die im Zusammenhang mit der Corona-Kurzarbeit in Österreich erfolgen, können auch im Ausland ansässige Dienstnehmer österreichischer Arbeitnehmer betreffen ...
Fazit
Entscheidend bei der Beurteilung von aufgrund der Covid- 19-Pandemie geänderten Sachverhalten im internationalen Steuerrecht ist die Heranziehung der sonst auch üblichen Grundsätze. Vereinzelt gibt es jedoch Erleichterungen, meist in Form von bilateralen Konsultationsvereinbarungen, die davon abweichen. Der Umstand, dass uns diese Pandemie noch länger betreffen wird und sich Gewohnheiten teilweise nachhaltig oder zumindest für die Zeit dieser Pandemie ändern, wurde von der OECD und den Finanzverwaltungen zum Teil noch nicht ausreichend berücksichtigt. Dies wird noch zahlreiche aktuell unbeantwortete Fragen aufwerfen.
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