PRAXIS. Die Liquiditätsprüfung ist ein zusätzliches Instrument im Einbringungsverfahren. Nach der Ausschöpfung aller geeigneten Einbringungsmaßnahmen dient es im Anlassfall dazu, eine fundierte Einschätzung der Zahlungsfähigkeit des Unternehmens zu erhalten. Von Wolfgang Exl
Obwohl wir seit jeher im Unterschied zu Deutschland über eine gesetzliche Bestimmung (§ 147 Abs. 2 BAO) verfügen, ist es uns ein Anliegen, die Prüfung in einer kooperativen Zusammenarbeit mit dem Unternehmen durchzuführen.
Die Prüfung spiegelt im Unterschied zu den sonstigen Prüfungsmaßnahmen nicht die Vergangenheit, sondern den momentanen Einkommens- und Vermögensstatus wider und gewährt auch Blicke in die Zukunft, wodurch eine objektivere Prognose möglich ist, ob es sich bloß um eine Zahlungsstockung oder doch um eine Zahlungsunfähigkeit handelt.
Die Ausarbeitung des Projekts Liquiditätsprüfung startete im Sommer 2010 unter der Leitung der Organisationsabteilung des Bundesministeriums für Finanzen mit den Finanzregionen Wien und West. Ab Jänner 2011 wurde dieses Instrument in den beiden Regionen und ab Jänner 2012 bundesweit pilotiert. Durch die nunmehrige fixe Installierung der Liquiditätsprüfung im Team Betriebliche Veranlagung (BV-Team) wurde die schon immer rechtlich mögliche Prüfungsmaßnahme endgültig aus dem Dornröschenschlaf geweckt. Bei den LiquiditätsprüferInnen handelt es sich um sehr erfahrene und engagierte BetriebsprüferInnen, die eine Zusatzausbildung hierfür absolviert haben. Da diese PrüferInnen im gegenständlichen Einbringungsfall bisher nicht involviert waren, können sie neue Impulse zur Begleichung der Steuerrückstände setzen.
Relevante Unterlagen fristgerecht vorlegen
In Fällen, in denen sich die Steuerschulden über längere Zeit nicht markant verringern oder es zu einem spontanen Anstieg größerer Steuerschulden kommt, meldet das Team Abgabensicherung oder ein anderes Team den Fall zur Überprüfung der Zahlungsfähigkeit an. Nach der Einarbeitungsphase durch den/die PrüferIn wird das Unternehmen (telefonisch und schriftlich) verständigt und ersucht alle relevanten Unterlagen fristgerecht vorzulegen. Nach Abschluss der Bilanzanalyse wird der Prüfungsbericht an das Abgabensicherungsteam vorgelegt, welches dann die weiteren Schritte zur Einbringung der offenen Rückstände setzt. Der/die PrüferIn selbst kann keine Vereinbarungen mit dem Unternehmen treffen. Dieses Instrument wird von den Unternehmen in aller Regel positiv wahrgenommen. Dies manifestiert sich in der konstruktiven guten Zusammenarbeit mit dem/der PrüferIn und dem Umstand, dass in den meisten Fällen die gewünschten Unterlagen vollständig und fristgerecht vorgelegt werden, die Prüfung zeitnah abgeschlossen werden kann und mancher sogar die Prüfung beantragen oder dafür bezahlen wollte.
Merklicher Rückstandsabbau
Auch auf der Finanzseite ist man mit den Ergebnissen sehr zufrieden, da in Fällen, in denen über mehrere Jahre hinweg keine nennenswerten Bewegungen feststellbar waren, plötzlich Zahlungen möglich waren, es zu einem merklichen Rückstandsabbau in den geprüften Fällen gekommen ist und die Zahlungsmoral auch Monate nach der Prüfung anhielt. In den wenigsten Fällen muss nach der Prüfung ein Insolvenzantrag gestellt werden. Aber auch im nicht erhofften Fall der Insolvenz kann durch das Aufdecken der Zahlungsunfähigkeit ein weiterer Anstieg der Verbindlichkeiten bei sämtlichen Gläubigern (sowohl bei den Geschäftspartnern als auch beim Staat) verhindert werden.
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