BAO. Wie man gegen Bescheide bescheidener Qualität mit einer hochwertigen Bescheidbeschwerde vorgeht. Von Herbert Houf
Wer hat sich noch nicht über Bescheide geärgert, mit denen auf Basis unklarer Sachverhalte unter zweifelhafter Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen Abgaben festgesetzt werden und das Ganze noch mangelhaft begründet wird? Schnell schreibt man sich seinen Frust von der Seele. Leider ist die Qualität der Beschwerde manchmal nur wenig besser als jene des angefochtenen Bescheides.
Die Beschwerde hat die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird, zu enthalten. Diese scheinbar einfache Forderung ist in der Praxis gar nicht so leicht zu erfüllen.
Die Frage nach dem Beschwerdepunkt
Die Beschwerde hat die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird, zu enthalten (§ 250 Abs. 1 lit b) BAO). Diese scheinbar einfache Forderung ist in der Praxis gar nicht so leicht zu erfüllen. Hilfreich ist es, die Lösung dieser Frage in drei Phasen zu zerlegen: Sachverhaltsfeststellung Subsumtion des Sachverhaltes unter einen gesetzlich normierten Tatbestand Rechtsfolgensetzung In jeder Phase können Fehler passieren, die durch die Beschwerde konkret adressiert werden sollten. Zur korrekten Sachverhaltsfeststellung gehört einerseits die vollständige Aufnahme aller relevanten Beweise. Ist schon die Beweisaufnahme mangelhaft, kann der zu Grunde zu legende Sachverhalt gar nicht rechtskonform ermittelt werden. Es liegt idR ein Verfahrensmangel vor, der meistens aus einer Verletzung der amtswegigen Wahrheitsermittlungspflicht oder des Parteiengehörs resultiert. Aber trotz ausreichender Beweise kann der Sachverhalt rechtswidrig festgestellt sein, wenn seine Herleitung nicht den logischen Denkgesetzen folgt oder er aktenwidrig angenommen wird. Wird dem Bescheid ein anderer Sachverhalt zu Grunde gelegt, als sich aus den vorhandenen Beweismitteln logischerweise ergeben würde, liegt eine Rechtswidrigkeit bei der Beweiswürdigung vor. In der Phase der Subsumtion wird ein Soll-Ist-Vergleich angestellt. Entspricht der festgestellte Sachverhalt einem gesetzlich normierten Tatbestand in allen seinen Tatbestandsmerkmalen? Bei der Lösung dieser Frage ist die Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe meistens das zentrale Thema, wenn der Gesetzgeber einen Tatbestand mit vagem, mehrdeutigem oder nicht abschließend aufgezähltem Inhalt definiert. Typisches Beispiel ist die „erhebliche Härte“ als Voraussetzung für eine Zahlungserleichterung in § 212 BAO oder die „Unbilligkeit“ in § 236 BAO als Voraussetzung für eine Nachsicht. Wann liegt eine solche vor und entspricht mein Sachverhalt diesen Vorstellungen? Die erforderliche Rechtsauslegung wird durch die Judikatur entwickelt, die – wie wir wissen – manchmal nur unzureichend in Richtlinien und Erlässe Eingang findet, die von der Abgabenbehörde als Auslegungsbehelfe heranzuziehen sind. Manchmal hilft eine Verordnung, den Tatbestand näher zu definieren, wie beispielsweise zu § 236 BAO. Wurde der Sachverhalt unter den richtigen gesetzlichen Tatbestand subsumiert, stellt sich die Frage nach der Rechtsfolge. Diese kann z.B. in der Anwendung eines bestimmten Steuertarifs liegen oder in der Gewährung einer Prämie oder einer sonstigen Begünstigung. Im Zweifel ist die Rechtsfolge zwingend, lässt also der Behörde keinen Anwendungsspielraum. Formuliert das Gesetz im Einzelfall einen solchen, dann sprechen wir von einer Ermessensentscheidung. Solche sind keine Willkürentscheidungen, sondern müssen nach Abwägung von Zweckmäßigkeit und Billigkeit getroffen werden (z.B. Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 303 BAO). Erfolgt die Abwägung nicht sachgerecht, kann Rechtswidrigkeit vorliegen, selbst wenn die Entscheidung der Behörde innerhalb des Ermessensspielraums liegt. Schließlich müssen Bescheide, sofern sie nicht antragsgemäß ergehen, begründet sein. Die Begründung muss die einzelnen Phasen der Rechtsanwendung für den Adressaten nachvollziehbar erläutern. Begründungsmängel führen als Verletzung einer Verfahrensvorschrift ebenfalls zur Rechtswidrigkeit eines Bescheides.
Zusammenfassung
Bei Verfassung einer Beschwerde sollte man also die behauptete(n) Rechtswidrigkeit(en) im Sinne dieser Struktur klar herausarbeiten und entsprechend begründen (siehe § 250 Abs. 1 lit d BAO). Das erleichtert dem BFG die Arbeit und erhöht damit die Erfolgsaussichten.
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