FINANZSTRAFGESETZ. Als Verteidiger stoßen wir immer wieder auf Fälle, wo die Aktenlage „erdrückend“ ist. In diesen Fällen muss sich der gewissenhafte Verteidiger mit den Milderungsgründen befassen. Von Klaus Hübner
Im FinStrG gelten gemäß § 23 die im § 34 StGB beispielhaft angeführten Milderungsgründe. Hiervon kommen für das Finanzstrafverfahren insbesondere in Frage:
- Schadensgutmachung
Die Praxis bestätigt, dass dieser Milderungsgrund der wichtigste ist. Kann man anlässlich einer mündlichen Verhandlung vorbringen, dass ein Großteil der z. B. bei einer Außenprüfung sich ergebenden Nachzahlung bereits entrichtet ist, so wirkt dies strafmildernd. - Geständnis
Verantwortet sich ein Beschuldigter leugnend, wird aber im Verfahren überführt, so darf sich das grundsätzlich auf die Strafbemessung nicht nachteilig auswirken. Der Beschuldigte verliert aber diesen Milderungsgrund. Darauf müssen wir unseren Mandanten bei „eindeutiger“ Beweislage hinweisen, gerade auch wenn er sich leugnend verantworten will. - Unbescholtenheit
Dem Finanzstrafregister ist zu entnehmen, ob es bereits einschlägige Vorstrafen gibt, oder Unbescholtenheit vorliegt. - Wirtschaftliche Notlage, die nicht aus Arbeitsscheu herrührt
- Versuchsstadium
Wenn es beim Versuch geblieben ist (beispielsweise Erklärungen vorsätzlich falsch eingereicht, aber noch nicht veranlagt wurden, also der „Erfolg noch nicht eingetreten ist“), so ist auch dies mildernd zu berücksichtigen. - Überlange Verfahrensdauer
Eine lange – mehr als 5 Jahre – Verfahrensdauer, welche nicht vom Beschuldigten zu vertreten ist, verletzt Art. 6 Abs. 1 EMRK und ist laut OGH durch eine messbare Strafreduktion auszugleichen. - Langes Zurückliegen der Tathandlungen und Wohlverhalten seit der Tatbegehung
- Doppelstellung als Verband und Eigentümer Haben die Taten bereits gewichtige rechtliche Nachteile für den Eigentümer des Verbands (juristische Person oder Personengesellschaft) nach sich gezogen, weil der Entscheidungsträger wegen der dem belangten Verband zur Last gelegten Taten ebenfalls bestraft wurde, so ist bei der Verbandsgeldbuße der Milderungsgrund des § 5 Abs. 3 Z 6 VbVG zu berücksichtigen.
Weitere Milderungsgründe ergeben sich aufgrund der Rechtsprechung:
- Wird eine Selbstanzeige erstattet, welche den Großteil der verkürzten Beträge ausweist, aber mangels Entrichtung der Abgaben keine Strafaufhebung bewirkt, so liegt laut OGH ein Milderungsgrund vor, der über ein Geständnis hinausgeht.
- Schwere Krankheit, erhöhte Lebenshaltungskosten durch umfangreiche Therapien, stark verminderte Belastungsgrenze durch psychische und nervliche Beeinträchtigung, Wegfall der spezialpräventiven Gründe (Abgabenpflichtiger ist nunmehr Pensionist)
Strazumessungsgründe
Diese Strafzumessungsgründe (dazu gehören auch Erschwerungsgründe wie insbesonders „einschlägige Vorstrafen“ und die wiederholte Tatbegehung) sind im Erkenntnis zu benennen und zu gewichten, sodass im Fall einer Beschwerde eine Auseinandersetzung mit falsch gewichteten Strafzumessungsgründen möglich ist.
Bei der Strafbemessung ist dann nach § 23 Abs. 2, FinStrG auch noch darauf Bedacht zu nehmen, ob die Verkürzung endgültig oder nur vorübergehend hätte eintreten sollen. So gibt es – vor allem bei der USt – immer wieder Konstellationen, wo nur temporär eine (strafbare) Steuerstundung angestrebt wird.
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