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Ausgabe 02/2022

Über heilige Kühe und ganz Neues

AbgÄG 2022. Nach längerer Zeit sind mit dem Abgabenänderungsgesetz 2022 auch wieder umfangreiche Änderungen der BAO geplant. Dabei werden grundlegende Themen angegangen. Von Herbert Houf

Noch vor der Sommerpause soll im Nationalrat das AbgÄG 2022 beschlossen werden. Einige bemerkenswerte Änderungen in der BAO sollen schon jetzt kurz dargestellt werden.

Multilaterale Risikobewertung
Der neue § 118b BAO schafft die Möglichkeit, auf Antrag eines Abgabepflichtigen ein multilaterales Verfahren zur Bewertung grenzüberschreitender ertragsteuerlicher Risiken einzuleiten. Wird der Antrag für mehrere Abgabepflichtige gestellt, ist er vom obersten inländischen Unternehmer der Beteiligungskette zu stellen. Das Finanzamt für Großbetriebe ist in diesem Fall die leitende Steuerverwaltung, die die im Antrag genannten ausländischen mitwirkenden Steuerverwaltungen zur Zusammenarbeit einlädt. Antragsvoraussetzung ist, dass sämtliche im Antrag angeführten Unternehmer in einen länderbezogenen Bericht gemäß VPDG einbezogen sind. Auf die Einleitung des Verfahrens besteht kein Rechtsanspruch; es kommt nur zustande, wenn sämtliche betroffene Steuerverwaltungen der Teilnahme zustimmen. Die teilnehmenden Unternehmen sind zur Offenlegung der für die Risikobewertung relevanten Unterlagen verpflichtet. Ergebnis des Verfahrens ist ein Risikobewertungsbericht, der vor allem die grenzüberschreitenden Besteuerungsrisiken und deren Bewertung enthält. Damit soll den Unternehmen eine gewisse Besteu- erungs- und Planungssicherheit, jedoch ohne rechtliche Verbindlichkeit, gegeben werden.

Erweiterter Anwendungsbereich für Wiederholungsprüfungen
§ 148 Abs. 3 BAO beschränkt die Zulässigkeit von Wiederholungsprüfungen auf wenige Anwendungsfälle. Diese werden nun dahingehend erweitert, dass eine solche auch stattfinden darf, um nach einer kassatorischen Entscheidung des BFG (Aufhebung und Zurückverweisung gem. § 278 Abs. 1 BAO) die noch erforderlichen Ermittlungen durchzuführen. Außerdem ist eine Wiederholungsprüfung künftig aufgrund eines Amts- oder Rechtshilfeersuchens oder einer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit nach dem Recht der EU zulässig.

Vorläufige Bescheide wegen anhängiger Beschwerdeverfahren
Neben den bisher einschlägigen Anwendungsfällen des § 200 BAO, nämlich der Ungewissheit im Tatsachenbereich, soll künftig eine vorläufige Abgabenfestsetzung auch dann zulässig sein, wenn die Abgabenpflicht oder deren Umfang auf Grund eines anhängigen Beschwerdeverfahrens, welches die gleiche Partei betrifft, noch ungewiss ist. Da auch die Gesetzesmaterialien keinen weiteren Hinweis geben, welche Art von „Kausalität“ des Beschwerdeverfahrens gegeben sein muss, wird diese Frage wohl erst die Judikatur beantworten, zumal die naheliegenden Sachverhalte ohnedies unter die Fälle des § 295 BAO zu subsumieren sein sollten und es daher keiner weiteren verfahrensrechtlichen Norm zur Abänderung von Bescheiden bedürfte.

Umsatzsteuerzinsen Wird ein USt-Guthaben in einer Voranmeldung oder einer Umsatzsteuererklärung geltend gemacht und erfolgt die Verbuchung oder Festsetzung (bescheidmäßig oder durch Erkenntnis) nicht binnen 90 Tagen, stehen gem. § 205c BAO künftig ab dem 91. Tag Umsatzsteuerzinsen zu. Im Gegenzug sind Zinsen für Nachforderungen zu bezahlen, wenn eine Voranmeldung mehr als 90 Tage verspätet abgegeben wird oder eine Abgabenfestsetzung mehr als 90 Tage nach Fälligkeit der Vorauszahlung erfolgt. Nachforderungen auf Grund einer Abgabenfestsetzung infolge der Umsatzsteuerjahreserklärung sind ab dem 1. Mai des Folgejahres bis zur Bekanntgabe des Bescheides bzw. Erkenntnisses zu verzinsen. Vergleichbares gilt, wenn sich Differenzen auf Grund von geänderten Bescheiden ergeben. Die Zinsen betragen 2% über dem Basiszinssatz (ident § 205 BAO).

Verfahrensförderungspflicht i.Z.m. Neuerungsverbot
Erst vor kurzem habe ich an dieser Stelle über den Ausschluss des Neuerungsverbotes auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren berichtet (§ 270 BAO). Die Bestimmung wird nun dahingehend aufgeweicht, dass im Falle einer mündlichen Verhandlung Neuerungen nur bis zu deren Schließung vorgebracht werden können und generell Vorbringen „so rechtzeitig und vollständig zu erstatten sind, dass das Verfahren möglichst rasch durchgeführt werden kann.“ Auch hier wird wohl der VwGH in vielen Fällen das letzte Wort haben.

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