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Ausgabe 02/2022

„Vergessene“ Auslandseinkünfte und ihre Konsequenzen

AUSLANDSEINKÜNFTE. Pensionen aus dem Ausland, Kapitaleinkünfte auf ausländischen Depots udgl. werden im Rahmen der österreichischen Veranlagung häufig „vergessen“. Dabei sind diese Einkünfte selbst dann für die österreichische Veranlagung relevant, wenn das Besteuerungsrecht beim ausländischen Staat liegt. Von Matthias Mitterlehner

Steuerpflichtige übersehen vielfach, dass der Fiskus durch den Informationsaustausch mit anderen Staaten mittlerweile deutlich mehr Informationen über Auslandseinkünfte erhält als noch vor kurzem. „Wird schon niemand bemerken“ funktioniert vielfach nicht mehr. Die Zeiten, als derartige „Kavaliersdelikte“ finanzstrafrechtlich nicht sanktioniert wurden, sind außerdem längst vorbei.

Relevanz ausländischer Einkünfte für die österreichische Veranlagung
Erzielen in Österreich ansässige Personen ausländische Einkünfte, die in Österreich grundsätzlich im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht steuerpflichtig sind, ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob ein anderer Staat diese Einkünfte ebenfalls besteuern möchte. Denn nur dann kann es überhaupt zur Doppelbesteuerung kommen. In der Folge ist auf Basis eines etwaigen DBA zu klären, welchem Staat das Besteuerungsrecht zukommt. Steht Österreich das alleinige Besteuerungsrecht zu, so sind die Einkünfte entsprechend im Rahmen der österreichischen Veranlagung zu erklären. Darf der ausländische Staat besteuern, kommt es in Österreich entweder zur Anrechnung der ausländischen Steuer bis zum Anrechnungshöchstbetrag oder zur Freistellung der Auslandseinkünfte (Befreiungsmethode). Im Anwendungsbereich des progressiven Tarifs gem. § 33 EStG sind die freigestellten Auslandseinkünfte allerdings für die Berechnung des Durchschnittsteuersatzes zu berücksichtigen (Progressionsvorbehalt). Welche der beiden Methoden anzuwenden ist, muss auf Basis des jeweiligen DBA geprüft werden. Im Nicht-DBA-Fall kann allenfalls über § 48 Abs. 5 BAO und die dazu ergangene Verordnung die Anwendung der Befreiungs- oder Anrechnungsmethode erreicht werden. Jedenfalls sind die Auslandseinkünfte in die österreichische Veranlagung aufzunehmen. Im Übrigen sind nach Ansicht des BFG (14.5.2020, RV/7100370/2020; 18.3.2021, RV/7100349/2021) selbst bei nicht-ansässigen unbeschränkt Steuerpflichtigen (z. B. Entsendung nach Österreich mit österreichischem Wohnsitz unter Beibehalt der ausländischen Ansässigkeit) die ausländischen Einkünfte im Inland progressionserhöhend anzusetzen. Zum BFG-Erkenntnis vom 18.3.2021 (nicht veröffentlicht) ist eine VwGH-Revision anhängig.

Erhöhte Entdeckungswahrscheinlichkeit durch Informationsaustausch
War die Wahrscheinlichkeit, dass die österreichische Finanzverwaltung ausländische Einkunftsquellen nicht entdeckt, in der Vergangenheit tatsächlich zum Teil sehr hoch, so hat sich dies in den letzten Jahren drastisch verändert. Der Kampf gegen Steuerhinterziehung und Gewinnverlagerung hat auch die globale Transparenz im Steuerrecht gravierend erhöht. Im Rahmen des automatischen Informationsaustausches erhält die Finanzverwaltung u. a. bereits Informationen zu Einkünften aus unbeweglichem Vermögen, nichtselbstständigen Einkünften, Pensionen, Lebensversicherungen, Aufsichtsratsvergütungen, Plattformeinkünften (z.B. Airbnb, Etsy), sowie zukünftig zu Lizenzzahlungen und Kryptowährungstransaktionen. Vielfach fließen diese Informationen nur aus Europa, der automatische Informationsaustausch über Finanzkonten findet hingegen aktuell bereits zwischen mehr als 100 Staaten statt. Hinzu kommen Instrumente wie spontaner Informationsaustausch, Austausch auf Ersuchen und Abfragen durch die Finanzverwaltung bei relevanten Institutionen, wie dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger.

Nicht erklärte Auslandseinkünfte – was tun?
Wird man als Berater mit bis dato nicht erklärten Auslandseinkünften eines Klienten konfrontiert, gilt es die Notwendigkeit einer Selbstanzeige abzuklären. In diesem Zusammenhang stellt sich dann die Frage, wie viele Jahre nachträglich erklärt werden müssen. Der fünfjährige Verjährungszeitraum verlängert sich schließlich bei vorsätzlicher Abgabenhinterziehung auf zehn Jahre. Dabei ist zu beachten, dass es für vorsätzliches Handeln bereits ausreicht, wenn eine Abgabenverkürzung „ernstlich für möglich gehalten“ und diese billigend in Kauf genommen wird. Die Wissenskomponente spielt bei der Frage, ob (bedingter) Vorsatz vorliegt, eine große Rolle. In entsprechenden Judikaten liest man immer wieder von der vermeintlichen Unkenntnis der Steuerpflichtigen im Hinblick auf grenzüberschreitendes Steuerrecht oder dass die Steuerpflichtige „keine Steuerexpertin“ sei. Tatsächlich hat der UFS (22.9.2003, FSRV/0012-L/03) die Abzugsteuer i.S.d. § 99 EStG als Spezialwissen eingestuft, welches auch einem Brancheninsider nicht mit ausreichender Deutlichkeit bekannt gewesen sein musste. Dass deutsche Einkünfte eines Kellners am Oktoberfest im Rahmen des Progressionsvorbehaltes zu berücksichtigen wären, fällt nach Ansicht des BFG (22.5.2018, RV/3100310/2018) nicht mehr unter „Allgemeinwissen“. Vielfach spricht die Rechtsprechung allerdings eine deutlich andere Sprache. Die Kenntnis über das prinzipielle Bestehen einer Einkommensteuerpflicht kann nach ständiger VwGH-Rechtsprechung bei intellektuell durchschnittlich begabten Personen grundsätzliche vorausgesetzt werden (z.B. VwGH 5.4.2001, 2000/15/0150). Zu den neben österreichischen Pensionseinkünften bezogenen, nicht erklärten Schweizer Pensionen meinte das BFG (27.5.2020, RV/1100111/2020), dass die Steuerpflicht von Auslandseinkünften zum Standardwissen gehöre. Wenn zwar die inländischen Pensionseinkünfte erklärt und die damit verbundenen Werbungskosten geltend gemacht würden, so sei nicht glaubhaft, dass bezüglich der Auslandseinkünfte von bereits durchgeführtem Lohnsteuerabzug ausgegangen worden ist. Ein hohes Alter der Beschwerdeführerin schließe zudem einen Vorsatz nicht aus. Nach Ansicht des BFG (19.5.2020, RV/6100414/2019) gehört es außerdem zum Standardwissen jeder erwachsenen Person, dass im Ausland erzielte Kapitalerträge wie ganz allgemein jede Art von ausländischen Einkünften in Österreich steuerpflichtig bzw der Abgabenbehörde anzuzeigen sind. Vor diesem Hintergrund wird eine finanzstrafrechtliche Aufarbeitung von nicht erklärten Auslandseinkünften vielfach die letzten zehn Jahre betreffen müssen. Dies gilt insbesondere in jenen Fällen, in denen der Steuerpflichtige in Österreich laufend Veranlagungen abgegeben hat, und ganz besonders dann, wenn er im Inland ähnliche Einkünfte bezogen hat und diese erklärt oder damit zusammenhängende Aufwendungen geltend gemacht wurden.

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