SPRACHE. Warum eine geschlechtergerechte Sprache unerlässlich ist. Von Laura Prilisauer und Kristina Weis
Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Ein Arzt und ein Manager treffen einander im Restaurant und erzählen vom gestrigen Arbeitstag. Sie haben dabei an zwei Männer, die sich gegenübersitzen und reden, gedacht, stimmt’s?
Mitgemeint ist nicht genug
Somit wird sofort klar: Es ist nicht gleichgültig, welche Worte man wählt. Ein „Die Frauen sind ja eh auch mit gemeint“ ist nicht genug. Durch Sprache und Worte entstehen bestimmte Bilder in unserem Kopf. Wenn wir Begriffe, wie „der Chef“ und „die Sekretärin“, verwenden – und dabei keine genderneutralen Bezeichnungen anwenden –, manifestieren sich diese Bilder mit der männlichen Führungskraft und der weiblichen Mitarbeiterin in niedrigeren Hierarchie-Ebenen als Stereotypen in unseren Köpfen. Und das setzt sich wiederum in den Köpfen unserer Kinder fest. Damit schaffen wir Rahmenbedingungen, welche die Vorstellungskraft unseres Nachwuchses bei der Berufswahl reduzieren, den Weg zu typischen Männer- und Frauenberufen festigen und damit weiter zur negativen Spirale des „Gender Pay Gap“ – also zu geschlechtsspezifischen Lohnunterschieden – beitragen. Denn: Männer verdienen in „typischen Männerberufen“ mehr als Frauen in „typischen Frauenberufen“ – die Kinderbetreuungspflichten werden üblicherweise von dem geringer verdienenden Elternteil übernommen mit der Konsequenz, dass sich Frauen somit verstärkt Teilzeitarbeitsverhältnissen zuwenden. Dabei entspricht es nicht der heutigen Zeit, dieses Denken beizubehalten.
Studien belegen es
Studien von Psychologinnen und Psychologen an der Freien Universität Berlin weisen diesen Einfluss der gendergerechten Sprache nach (Vervecken, 2015). Dabei wurden Kindern im Alter von 6 bis 12 Jahren Berufsbezeichnungen in geschlechtergerechter – also in männlicher und weiblicher Form – oder nur einzeln in der männlichen Sprachform vorgelesen und diese von ihnen bewertet. Das Ergebnis ist eindrücklich. „Wenn Berufe in einer geschlechtergerechten Sprache dargestellt werden (Nennung der männlichen und weiblichen Form, zum Beispiel „Ingenieurinnen und Ingenieure“ statt nur „Ingenieure“), schätzen Kinder typisch männliche Berufe als erreichbarer ein und trauen sich selbst eher zu, diese zu ergreifen.“ (Klostermann, 2015)
Stern und Doppelpunkt
Bei einer fairen und inklusiven Sprache geht es darum, die Menschen in ihrer Vielfalt sichtbar zu machen. Derzeit sind verschiedene Formen der geschlechtergerechten Sprache in Verwendung: Das Binnen-I, der Unterstrich, der „Gender- Stern“, der Doppelpunkt oder auch der Zusatz von männlich-weiblich-divers nach dem generischen Maskulin. Eine weitere Möglichkeit ist die „Neutralisierung“, wenn also statt „Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen“ Ausdrücke wie „die Mitarbeitenden“ verwendet werden. Wichtig ist, dass Bezeichnungen wie „Kolleg(in)“ oder „Kolleg/-in“ vermieden werden, da diese die weibliche Person in den Hintergrund stellen. Verschiedenste Institutionen – darunter auch der Bund und zahlreiche Universitäten – haben bereits Leitfäden zum Einsatz geschlechtergerechter Sprache herausgegeben. Die Leitfäden zeigen auf, dass es nicht nur eine einzige richtige Form gibt. Es ist nicht bedeutsam, welche Herangehensweise gewählt wird, solange diese Sichtbarkeit für alle Geschlechter schafft. In der KSW wurde im Rahmen des Strategieprojektes eine eigene Arbeitsgruppe für Geschlechtergerechtigkeit, Diversität und Inklusion eingerichtet. Neben der Gestaltung einer inklusiven Struktur und Organisation für die KSW arbeitet diese AG auch an der Gestaltung einer genderinklusiven Kommunikation der KSW.
Es ist ganz einfach!
Die Macht der Sprache wird oft unterschätzt – sie prägt unser Denken und Handeln. Auch wenn eine geschlechtergerechte Sprache und Schreibweise für uns noch sehr ungewohnt und manchmal auch sperrig anmutet, leisten wir damit einen Beitrag zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern – der Inklusion von allen Menschen. Es ist ganz einfach – machen wir es gemeinsam!
LITERATUR
Klostermann, D. A. (09. Juni 2015). idw-online.de. Von Deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGPs): https://idw-online.de/de/news632492 abgerufen Vervecken, D. & Hannover, B. (2015). Yes I can! Effects of gender fair job descriptions on children’s perceptions of job status, job difficulty, and vocational self-efficacy. Social Psychology, S. 76-92. Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung (2018). Geschlechtergerechte Sprache – Leitfaden im Wirkungsbereich des BMBWF, S. 7
Erscheinungsdatum: