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Ausgabe 02/2023

Noch mehr Transparenz

ESG UND ESRS. Über ESG und die europäischen Rahmenbedingungen für mehr Nachhaltigkeit aus der Perspektive der Personalverrechnung. Von Tanja Trummer und Dagmar Zacharias

Environmental. Social. Governance. Die Abkürzung „ESG“ rückt in den Fokus und auch die Steuerberatungsbranche muss sich mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzen, da die „European Sustainability Reporting Standards (ESRS)“ zukünftig verpflichtende Nachhaltigkeitsangaben im Lagebericht des Jahresabschlusses erfordern. Die ESRS führen zu einer indirekten Offenlegung der (HR-) Unternehmensstrategie und der Arbeitsbedingungen im Unternehmen.

Welche Unternehmen sind erfasst?
Die Unternehmen von öffentlichem Interesse, welche den Bestimmungen des NaDiVeG unterliegen, müssen für das Geschäftsjahr 2024 die erste Nachhaltigkeitsberichterstattung offenlegen. Bereits für das Geschäftsjahr 2025 (Berichtsperiode 2026) müssen große Unternehmen die geforderten Informationen nach den ESRS im Lagebericht veröffentlichen. Kapitalmarktorientierte KMU sind grundsätzlich ab 2026 verpflichtet, nach ESRS zu reporten, wobei hier eine Optout-Bestimmung bis zum Geschäftsjahr 2028 vorliegt. Weitere Verpflichtungen für Unternehmen, die aktuell noch nicht unter die Bestimmungen fallen, könnten nach und nach folgen. Der Nachhaltigkeitsbericht sieht Bestandteile vor, über die jedenfalls zu berichten ist, und Bestandteile, über die nur zu berichten ist, wenn sie für das Unternehmen wesentlich sind. Die Wesentlichkeit hat das Unternehmen danach zu beurteilen, inwieweit sie selbst die Gesellschaft und Umwelt durch ihre Tätigkeit beeinträchtigen und inwieweit äußere Einflüsse auf das Unternehmen einwirken („doppelte Wesentlichkeit“). Offenlegungspflichten, die sich aus der Personalverrechnung ableiten lassen, sind im Standard S1 Own Workforce enthalten. Nach dem derzeitigen Entwurf der ESRS sind verbale Ausführungen vorzunehmen betreffend Arbeitsbedingungen, Beschäftigungssicherheit, Arbeitszeit, Mitwirkungsrecht von Arbeitnehmer:innen, Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie Gleichbehandlung und Chancengleichheit. Daten aus der Personalverrechnung werden benötigt bei den Berichtspflichten des Standards S1-6, wonach Merkmale zu Mitarbeiter:innen von berichtspflichtigen Unternehmen zahlenmäßig aufzubereiten sind. So ist etwa die Geschlechterverteilung oder die Anzahl der Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten im Unternehmen anzugeben. In Österreich sind solche Kennzahlen bereits aus anderen gesetzlichen Verpflichtungen aufzubereiten. Die Berichtspflicht der ESRS weist einen höheren Detaillierungsgrad auf. Beispielsweise ist nach S1-6 neben der Gesamtanzahl der Beschäftigten auch die Anzahl an Mitarbeiter:innen mit befristeten Dienstverhältnissen sowie deren Geschlecht anzugeben. Nach S1-7 ist zudem über die Anzahl und Zusammensetzung von Arbeitskräften zu berichten, die nicht in einem (echten) Dienstverhältnis beschäftigt sind. Nach S1-9 („Diversity Indicators“) ist die Geschlechterverteilung des Top-Managements (zahlenmäßig und prozentuell) sowie die Altersstruktur aller Beschäftigten darzustellen. Sofern im Unternehmen Mitarbeiter:innen beschäftigt werden, deren Bezug unter der sogenannten „angemessenen Entlohnung“ liegt, ist der Anteil dieser Mitarbeiter:innen nach S1-10 offenzulegen. Die Benchmark für eine angemessene Entlohnung ist im Nachhaltigkeitsbericht zu definieren, soll sich aber an national und international üblichen Größen orientieren. Als internationale Richtwerte gelten beispielsweise 60% des (nationalen) Median-Einkommens oder 50% des Bruttodurchschnittlohns. Der Standard S1-16 sieht die Veröffentlichung von Kennzahlen zum Gender Pay Gap vor. Demnach ist der durchschnittliche Bruttostundensatz von männlichen und weiblichen Mitarbeiter:innen anzuführen und ins Verhältnis zu setzen. Zudem ist das Verhältnis der jährlichen Gesamtvergütung der höchstbezahlten Person zum Median der jährlichen Gesamtvergütung aller übrigen Beschäftigten anzugeben („CEO pay ratio“).

Auswirkungen und Fazit
Für bestehende und zukünftige Mitarbeiter:innen bietet sich eine nie dagewesene Transparenz an Informationen, die maßgeblich sein können für die Evaluierung der aktuellen Arbeitsbedingungen und die Wahl des nächsten Arbeitsplatzes. Wichtig ist zu betonen, dass der Nachhaltigkeitsbericht kein „Marketingbericht“ sein soll und darf. Die Tatsachen sind im Bericht wahrheitsgemäß und ungeschönt wiederzugeben. Ein Unternehmen kann sich nicht aussuchen, welche – allenfalls in der Außenwirkung „günstigen“ – Informationen veröffentlicht werden. In diesem Zusammenhang hat die Europäische Kommission am 22.3.2023 einen Antrag für eine „Green Claims“-Richtlinie gestellt. Viele Fragen sind in diesem Zusammenhang derzeit noch offen, insbesondere was den Detailgrad der zu veröffentlichenden Daten und die Konsequenzen bei Nichteinhaltung der Kriterien angeht.

Erscheinungsdatum:

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