FINANZSTRAFSENAT. Die Beschwerde an das BFG im Finanzstrafverfahren. Von Klaus Hübner
Rein statistisch stehen Ihre Chancen beim BFG ganz gut. Im Schnitt der vergangenen Jahre war fast jede zweite Beschwerde zumindest teilweise erfolgreich. So gibt es jährlich rund 50 bis 60 Entscheidungen des BFG, welche das vorgelagerte Erkenntnis aufheben bzw. das Verfahren einstellen oder zumindest im Strafausspruch die Geldstrafe herabsetzen. Bemerkenswert ist jedoch, dass nur in ca. zwei Prozent der Fälle gegen Erkenntnisse des Einzelbeamten oder des Spruchsenates Beschwerde erhoben wird, darin sind auch schon die Fälle von Beschwerden nur des Amtsbeauftragten beinhaltet. Die Erfahrungen mit den beim BFG eingerichteten Finanzstrafsenaten und deren Richtern sind durchwegs positiv. Anders als im Abgabenverfahren wird über (die zahlenmäßig im Vergleich zu Abgabenverfahren deutlich geringeren) Beschwerden meist innerhalb von sechs Monaten entschieden. Die Richter verfügten stets über ausgezeichnete Aktenkenntnisse. Diese Verfahren werden i.d.R. für immerhin 45 Minuten (bei Zeugeneinvernahmen mit einer Stunde) angesetzt. So gesehen zahlt es sich aus, jedes Spruchsenatserkenntnis schon auch hinsichtlich der Chance auf (Teil)Erfolg im zweiten Rechtsgang zu analysieren. Manchmal wird man bei zuvor nicht zugestandenen Milderungsgründen „fündig“.
Beschwerdefrist von einem Monat
Das Verfahren beim BFG ist geprägt durch den bisherigen Verfahrensablauf. Als einziges ordentliches Rechtsmittel ist gegen alle Erkenntnisse sowie die im Verfahren ergehenden Bescheide die Beschwerde möglich. Die Beschwerdefrist beträgt einen Monat ab Zustellung des angefochtenen Erkenntnisses, setzt aber unabdingbar die vorher einzubringende Beschwerdeanmeldung voraus. Es ist also zwischen Anmeldung und Ausführung der Beschwerde zu unterscheiden. Diese Monatsfrist (Achtung!) ist im Gegensatz zur BAO für das Abgabenverfahren nicht verlängerbar, somit eine Fallfrist! Die Berechnung der Frist richtet sich gem. § 56 Abs. 2 nach der BAO (vgl. diesbezüglich § 108 BAO).
Die Beschwerde kann sowohl beim ABB als Finanzstrafbehörde als auch beim BFG schriftlich eingebracht werden. Allerdings – Achtung Stolperstein! – sieht die BAO keine Möglichkeit der Einbringung via E-Mail (bzw. einer Beschwerde, welcher ein E-Mail im PDF-Format angefügt ist) vor! Dies kann auch nicht durch eine Mängelbehebung saniert werden. Die Beschwerde legt sodann der Spruchsenat dem BFG gemeinsam mit dem Vorlagebericht vor, welcher eine Stellungnahme des Amtsbeauftragten bzw. des Beschuldigten zu den im Beschwerdeverfahren strittigen Tat- und Rechtsfragen sowie allfällige Anträge zu enthalten hat. Mögliche Beschwerdegründe sind die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften. Dazu gehören überwiegend die Verletzung des materiellen Rechts durch unrichtige Rechtsanwendung, die aktenwidrige Feststellung des Sachverhalts, unrichtige Beweiswürdigung, Begründungsfehler, aber auch die Ablehnung eines Beweisantrages und eine nicht sachgerechte Strafbemessung sowie die Verletzung des Parteiengehörs. Richtet sich eine Beschwerde nur gegen den Strafausspruch, so tritt laut VwGH-Judikatur (vgl. VwGH 29.6.1999, 98/14/0177) Teilrechtskraft des Schuldspruchs ein, sodass das BFG von den festgestellten Verkürzungsbeträgen auszugehen hat und nur noch über die Strafbemessung entscheiden kann. Insofern gilt die Unterscheidung von Schuld- und Strafbeschwerde. Im Beschwerdeverfahren vor dem BFG gibt es kein Neuerungsverbot. Dementsprechend können neue Tatsachen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vorgebracht werden. Einer rechtzeitig eingebrachten Beschwerde kommt aufschiebende Wirkung zu. Die verhängte Geldstrafe und der Kostenersatz dürfen nicht vollstreckt werden. Eines Antrags auf aufschiebende Wirkung bedarf es daher nicht. Eine Beschwerde gegen sonstige Bescheide im Finanzstrafverfahren (beispielsweise Anordnung einer Festnahme, Untersuchungshaft, Beschlagnahmeanordnung, Auskunftsersuchen an Kreditinstitute etc.) hat hingegen keine aufschiebende Wirkung. Dies bedürfte einer Beantragung beim Spruchsenatsvorsitzenden oder Einzelbeamten.
Folgende Bestandteile hat eine Beschwerde zu enthalten:
Bezeichnung des bekämpften Bescheides. Die Bezeichnung muss unverwechselbar sein. Es empfiehlt sich, die Behörde, das Datum und die Strafnummer oder die Wiedergabe des Spruches des Bescheides anzuführen. Dieses Präzisierungserfordernis gilt umso mehr, wenn es sich um einen Bescheid nach gemeinsamer Verfahrensführung gegen einen belangten Verband und eine physische Person handelt.
Anfechtungserklärung. Die geltend gemachte Rechtswidrigkeit ist auszuführen. Als Rechtswidrigkeit des Inhaltes werden die im Spruch getroffenen Feststellungen (meist Schuld und Strafe) geltend gemacht, etwa die Verletzung des materiellen Rechts durch unrichtige Rechtsanwendung (Subsumption der Tat unter einen unrichtigen Tatbestand, unrichtige Anwendung der Strafbestimmung, Widerspruch zwischen Spruch und Begründung). Die Erklärung der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wird beispielsweise die Ablehnung von Beweisanträgen, eine unrichtige Beweiswürdigung oder die Verletzung des Parteiengehörs rügen.
Beschwerdeantrag. Durch den Beschwerdeantrag soll das BFG klar erkennen können, was die Partei anstrebt. In der Praxis wird dies ein Antrag auf Aufhebung und (gänzliche oder teilweise) Abänderung des bekämpften Erkenntnisses sein oder eine Aufhebung mittels Einstellungsantrags.
Begründung. Nur zu behaupten, der Bescheid sei falsch, die Strafe zu hoch oder der Zeuge habe falsch ausgesagt, ist nicht begründungstauglich. Vielmehr sind Mitteilungen erforderlich, worin die Unrichtigkeit (Gesetzeswidrigkeit) besteht.
Neue Tatsachen und neue Beweismittel. Diese sind ebenfalls entsprechend zu bezeichnen und das Beweisthema ist zu konkretisieren. Damit wird dem BFG die Beurteilung der Erheblichkeit der Umstände und die Beschaffung der Beweismittel rechtzeitig ermöglicht.
Das Fehlen eines dieser Erfordernisse führt zu einem Mängelbehebungsauftrag. Das BFG entscheidet – ohne an die Beschwerdepunkte gebunden zu sein – eigenständig, entweder durch Einzelrichter oder Senate. Grundsätzlich hat über Beschwerden beim BFG eine öffentliche mündliche Verhandlung stattzufinden.
Erkenntnis des BFG (§ 161 Abs. 1 FinStrG)
Das BFG hat, sofern die Beschwerde nicht gem. § 156 mit Beschluss zurückzuweisen ist, grundsätzlich in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung des Erkenntnisses seine Anschauung an die Stelle jener der Finanzstrafbehörde zu setzen und das angefochtene Erkenntnis (den Bescheid) abzuändern oder aufzuheben, den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären oder die Beschwerde als unbegründet abzuweisen (§ 161 Abs. 1). Das BFG kann auch die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses (Bescheides) unter Zurückverweisung der Sache an die Finanzstrafbehörde mit Beschluss verfügen, wenn es umfangreiche Ergänzungen des Untersuchungsverfahrens für erforderlich hält; die Finanzstrafbehörde ist im weiteren Verfahren an die in dem zurückverweisenden Beschluss niedergelegte Rechtsanschauung gebunden (§ 161 Abs. 4). Das BFG kann bei einem Schuldspruch der Finanzstrafbehörde nach § 33 Abs. 2 lit. a ein Erkenntnis nach § 49 Abs. 1 lit. a fällen. Das stellt nach der Judikatur des VwGH keine – ansonsten unzulässige – Auswechslung der Tat dar. Hingegen sind § 33 Abs. 1 und § 33 Abs. 2 unterschiedliche Tatbestände und es steht dem BFG ein Austausch der Tat (des Beschwerdegegenstandes) hier nicht zu.
Verschlechterungsverbot (§ 161 Abs. 3 FinStrG)
Ergreift nur der Beschuldigte Beschwerde gegen ein Erkenntnis, dann trifft ihn kein Risiko, dass er dadurch seine Lage verschlechtert, also eine höhere Strafe „ausfasst“. Jedoch ist eine Änderung zum Nachteil möglich, wenn (auch) der Amtsbeauftragte ein Rechtsmittel ergriffen hat. Auch das Unterstellen der Tat unter einen schwerwiegenderen Tatbestand wäre eine Änderung zum Nachteil des Beschuldigten, ebenso, wenn der Beschuldigte im ersten Rechtsgang wegen zweier Finanzvergehen schuldig gesprochen wurde, vom BFG dann nur mehr ein Vergehen zur Last gelegt wird und dennoch die Strafhöhe unverändert bliebe, statt zu einer angemessenen Reduktion zu führen. Auch eine im zweiten Rechtgang erkannte teilweise Verjährung veranlasst die Strafe zu reduzieren. Auch wenn nur der Amtsbeauftragte Beschwerde erhoben hat, besteht für den BFG-Senat die Möglichkeit, das Erkenntnis zu Gunsten des Beschuldigten zu ändern.
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