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Ausgabe 02/2023

Was letztlich zählt

RECRUITING. Die Branche beklagt sich, keinen Nachwuchs zu finden. Woran liegt es? Denn Steuerberatung ist ein Berufsfeld mit Zukunft. Von Tanja Trummer

Die KSW beklagt ein Nachwuchsproblem. Österreichweit wurden 2022 nur zweihundert Steuerberater:innen angelobt, wovon mehr als die Hälfte in Großkanzleien oder in der freien Wirtschaft tätig wird – und bleibt. Zeitgleich treten rund 100 Steuerberater:innen in den Ruhestand, sodass sich knapp 100 neu zugelassene Berufsberechtigte auf ganz Österreich verteilen.

Die Krux mit der Selbständigkeit
Erfolgreiche Influencer:innen machen vor, wie das geht mit der Selbständigkeit. Luxusyachten, Smoothies und ein Jetsetleben – das ist, was wir zumindest auf Social Media präsentiert bekommen. Während die einen versuchen, einem Bürojob und der 9-to-5-Mentalität zu entkommen, unterziehen sich die anderen einem der Statistik zufolge mindestens zwei Jahre andauernden, teuren Prüfungsverfahren. Die Attraktivität des Berufsstandes der Steuerberater:innen hat nicht zuletzt durch die Covid19-Pandemie, die Ukraine-Krise und den damit verbundenen Workload in Kanzleien abgenommen. Dabei sind Steuerberater:innen gefragt wie noch nie. Zahlenjongleur:innen, die sich in Buchhaltung, Bilanzierung und Personalverrechnung auskennen, landen jedoch häufig im Dienstverhältnis – beim Steuerberater oder sonst wo. Viele junge Berufskolleg:innen entscheiden sich gegen die Selbständigkeit, weil die Tätigkeitsfelder so umfangreich geworden sind, dass eine One-(Wo-)man-Show kaum noch möglich ist. Einige haben ihre Berufsanwärter:innenzeit in Spezialabteilungen verbracht und wollen den Weg zum „Allrounder“ nicht wagen. Selbständigkeit ist immer ein Sprung ins kalte Wasser, aber auch eine Frage der Finanzierung. Außerdem entfällt das Sicherheitsnetz, das ein Dienstverhältnis bietet. Das sind Argumente, warum sich viele gegen eine eigene Kanzlei entscheiden. Netflixserien wie Partnertrack, Suits und Co. rücken den Berufsstand der selbständigen Rechtsanwält:innen nicht unbedingt ins Rampenlicht. Noch zweifelhafter wird „The Accountant“ als scharfsinniger Bilanzleser und Auftragskiller mit Brille und fadem Hemd „in Szene“ gesetzt. Generation Y/Z interessieren sich Studien zufolge weder für 60 bis 80 Wochenstunden, um eine Partnerschaft zu erreichen, noch für fades Zahlenmaterial, und diejenigen, die sich für doch für den Beruf entscheiden, sind offenbar jene, die dafür brennen. Get lost in what you love – Steuerberater:innen lieben das, was sie tun, und sie tun es gut. Es liegt an uns Jungsteuerberater:innen, die nachfolgenden Generationen davon zu überzeugen, dass „Taxfluencer:innen“ en vogue sein können. Die Steuerberatung hat Zukunft, sie ist kein Hype, der morgen vorüber ist, ob selbständig oder unselbständig. New Work-Konzepte, freie Gestaltungsspielräume und ein enormer Digitalisierungsschub sind Erfolgsfaktoren, um die nächste Generation zu begeistern und auch nach der Prüfung zu halten. Den nächsten großen (Um-)Schwung zwischen selbständiger und unselbständiger Tätigkeit werden wir wohl dann erleben, wenn (Groß-) Kanzleien nicht auf den „New Work Track“ aufspringen. Waren es bis jetzt eher kleine Kanzleien, die wenig Mitarbeiter:innenzuwachs verzeichneten, weil fixe Arbeitszeiten, wenig bis keine Fringe Benefits und mangelnde Flexibilität in allen Bereichen als Gründe angeführt wurden, sich gerade dort nicht zu bewerben, so wird dieses Schicksal auch Großkanzleien ereilen, die es nicht schaffen, Generation Y und Z mit ihrem Angebot zu begeistern. Kanzleien, die erkennen, dass sie ihren besten Köpfen auch Freiräume einräumen sollten, werden langfristig reüssieren. Letztlich bleibt es auch beim besten Kanzleiangebot eine individuelle Entscheidung. Die Unternehmergeister werden freiwillig ins Ungewisse springen und mit ihrer eigenen BoutiqueKanzlei durchstarten, während jene, die Wertschätzung erfahren und ein Sicherheitsnetz bevorzugen, den bestehenden Kanzleien erhalten bleiben werden – wenn auch in noch geringerem Ausmaß als bisher.

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