PORTRÄT. Bundesministerin Susanne Raab hat sich in einer Männerwelt durchgesetzt – ihre vielen Agenden in der Integrations-, Frauen- und Familienpolitik geht sie seit Jahren pragmatisch an. Von Karin Pollac
Wahlkampf ist keine Arena für differenzierte Betrachtung: Es ist die Zeit für einfache Formeln und simple Lösungen. Auch im Wahlkampfjahr 2024 wird Migration im Brennpunkt vieler Debatten stehen und der Beitrag von Susanne Raab schlug gleich zum Auftakt auch entsprechende Wellen. Mit Unterstützung einer Kommission will sie eine „österreichische Identität und Leitkultur“ samt Werten und Grundsätzen festlegen, an denen sich Migrant:innen orientieren sollen. Als ÖVP-Frontfrau erfüllt sie damit jene Aufgabe, die von ihr erwartet wird. Wie sie selbst sagt, vertritt sie eine „bürgerliche Bewegung“ und predigt mit diesem Selbstverständnis seit vielen Jahren „Integration durch Leistung“ und „Fordern statt Fördern“. Auch deshalb, weil sie davon zu hundert Prozent überzeugt ist. Und das seit dem Jahr 2011.Dass sie in die Politik einsteigen würde, zeichnete sich bereits in ihrer Schulzeit ab. Geboren wurde Susanne Raab 1984 in Vöcklabruck als Tochter einer Krankenschwester und eines Bankangestellten und wuchs zusammen mit einer Schwester im idyllischen Ampfelwang im Hausruckviertel auf. Katholisches Umfeld, die Eltern wollten ihren Kindern ein Studiumermöglichen: Susanne Raab, mit Mädchennamen Knasmüller, war eine gute Schülerin, engagierte sich als Schulsprecherin, als Obfrau in der
ÖVP-nahen Schülervertretung. Nach der Matura entschied sie sich für ein Doppelstudium und inskribierte Jus und Psychologie an der Universität in Innsbruck. Im europäischen Jusstudentennetzwerk Elsa lernte sie ihre spätere Ministerinnen-Kollegin Alma Zadić kennen und auch Christine Kowalek, später Aschbacher, kennt sie aus dieser Zeit der Schülerunion. Raab absolvierte Auslandsaufenthalte in Bulgarien und Rumänien, war auch in Brasilien, wo sie ein Frauenhaus-Projekt kennenlernte, das sie seit damals unterstützt. Dass Gewalt gegen Frauen eines Tages ein zentrales berufliches Anliegen werden würde, wusste sie damals noch nicht. Noch während sie an ihrer Doktoratsarbeit über Schadenersatz im Europäischen Kartellrecht schrieb, begann sie als Universitätsassistentin am Institut für Zivilrecht zu arbeiten, wechselte jedoch schon bald ans Bundesministerium für Inneres, wo sie als Referentin für die Bereiche Asyl und Fremdenrecht begann. Ab 2011 leitete sie die Abteilung für Integrationskoordination und lernte im
Zuge diverser ministerieller Umstrukturierungen auch Sebastian Kurz kennen, der Integrationsstaatssekretär war. „Ich hatte zu ihm immer ein sehr gutes professionelles Verhältnis“, sagte sie der Tageszeitung „Der Standard“ einige Jahre später. Er machte sie 2017 zur Leiterin der Sektion Integration und damit zur jüngsten Sektionschefin der Republik. Im selben Jahr heiratete sie.
Thematische Hardlinerin
Die nach außen stets freundliche und äußerst verbindliche Raab ist und war in Migrationsfragen selbst stets eine thematische Hardlinerin – Islamgesetz, Burkaverbot, verpflichtende Deutsch-Kurse und immer schärfere Sanktionen im Asylrecht haben Raabs Politik zu einem Bollwerk vor allem gegenüber der FPÖ gemacht. Als Kurz schließlich Kanzler wurde, machte er Susanne Raab zur Bundesministerin für Frauen und dass sie in die Politik einsteigen würde, zeichnete sich bereits in ihrer Schulzeit ab. Geboren wurde Susanne Raab 1984 als Tochter einer Krankenschwester und eines Bankangestellten. Familie bekam für Susanne Raab eine neue Bedeutung: Im Juli 2021 wurde sie Mutter eines kleinen Sohnes, um den sich von Beginn an ihr Ehemann kümmerte. Integration, 2020 wurde sie als jüngste in diesem Amt angelobt. Und sie bekam als Ministerin die Frauenagenden dazu. Anfänglich war das Neuland für die Jüngste Oberösterreicherin. Ihrer Weigerung, sich trotz ihres wichtigen Amtes als Feministin zu bezeichnen, bleibt sie
treu. Als bürgerliche Konservative passt die links orientierte Frauenbewegung nicht in ihr Weltbild, deshalb bezeichnet sie sich mittlerweile als „Kämpferin für die Frauen“, setzt sich für Gewalt-Prävention, Frauenhäuser und Ambulanzen ein und das schätzte auch Karl Nehammer, der Susanne Raab nach Kurz’ Abgang in sein Regierungsteam übernahm und ihr schließlich auch die Familienagenden übertrug. Familie bekam für Susanne Raab dann auch gleich unmittelbar neue Bedeutung. Zum einen übernahm sie 2021 die Familienagenden von Christine Aschbacher, als diese wegen der
Plagiatsvorwürfe zurücktreten musste, auch Susanne Raab war im Visier des Plagiatsjägers Stefan Weber, konnte diese Angriffe jedoch erfolgreich abwehren. Im Juli 2021 wurde sie Mutter eines kleinen Sohnes namens Benedikt, um den sich jedoch von Beginn an ihr Ehemann kümmerte. Ihm und den Großeltern hat sie es zu verdanken, dass sie zwei Monate später wieder zurück im Amt sein konnte.
Disziplin, Kontrolle, Loyalität
Heute ist sie stolz auf die von ihr mit-verhandelten 4,5 Milliarden für Kinderbetreuung, auf die Schaffung von Schutz- und Übergangswohnungen und die Verdreifachung des Frauenbudgets. Wer Susanne Raab kennt, weiß um ihre Diszipliniertheit, ihre Kontrolle und ihre Loyalität. Mit dem ÖVP Wertekatalog und der Leitkultur setzt sie ein klares Zeichen. Sie will Selbstbestimmung für Frauen und setzt sie in den Kontext von Zwangsverhei-ratungen und patriarchal unterdrückenden Strukturen eines unaufgeklärten Islam, denn zufällig sind das genau ihre Agenden, mit denen sie seit sieben
Jahren erfolgreich Politik gemacht hat. Disziplin, die ihr jeder attestiert, ist ihre Geheimwaffe.
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