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Ausgabe 02/2024

Fachprüfungen abgelegt – und was nun?

TIPPS. Der Weg zur Berufsbefugnis ist eine Herausforderung. Was nachher kommt, allerdings auch. Von Benedikt Kobzina

Der Weg hin zur Berufsbefugnis als Steuerberater:in oder Wirtschaftsprüfer:in ist schon eine Herausforderung für sich. Nach der Angelobung tun sich allerdings erst die wahrlich relevanten und entscheidenden Fragestellungen auf, die nicht im Stoffgebiet der Fachprüfungen enthalten sind und vor denen man plötzlich steht. Wie geht es mit der beruflichen Laufbahn weiter? Worauf ist abseits der fachlichen Kompetenz zu achten? Wie strukturiert man den künftigen Arbeitsalltag? Sucht man auf der Jobbörse der KSW nach offenen Stellen für SteuerberaterInnen und WirtschaftsprüferInnen, so werden knapp vor dem Jahreswechsel rund 180 Suchergebnisse gezeigt. Auf anderen einschlägigen Plattformen werden noch deutlich mehr Arbeitsplätze angeboten. Die Chancen auf dem Arbeitsmarkt stehen also bereits jetzt sehr gut und werden im Lichte der demografischen Entwicklung noch besser.

Fachliche Vielfalt
Anstellungen in facheinschlägigen Kanzleien sind wohl der Usus in der Branche. Wer allerdings lieber nur ein Unternehmen beraten möchte, anstatt sich mit den Anliegen einer Vielzahl an teils wechselnden MandantInnen zu beschäftigen, der sollte auch die Möglichkeit einer Anstellung in der Steuerfachabteilung eines Unternehmens in Betracht ziehen. Wer hingegen die fachliche Vielfalt sucht, ist wohl in einer mittelständischen Kanzlei gut aufgehoben. Hier wird zumeist kein tiefes Nischenwissen vorausgesetzt, jedoch sehr wohl Fachkenntnisse in allen Bereichen, die der Beruf zu bieten hat – fast wie bei der Fachprüfung. Wem das zu „oberflächlich“ ist, der hat noch immer die Möglichkeit, sich in einer Fachkanzlei oder dem Fachbereich einer Großkanzlei voll und ganz einem Spezialgebiet hinzugeben. Eine Alternative zum „unflexiblen“ Angestelltenverhältnis, die gleichzeitig nicht die Risiken einer Kanzleigründung oder eines Kanzleieinstiegs mit sich bringt, könnte in der Selbstständigkeit gesehen werden. In anderen Branchen würde man von einem „freien Dienstvertrag“ oder „Werkvertrag“ sprechen. Aufgrund zwingender Vorgaben des § 4 Abs. 4 ASVG sowie der Spezifika eines Werkvertrags, die bei laufenden Tätigkeiten für eine Kanzlei nur schwer zu erfüllen sind, liegt der Fokus hier auf der Selbstständigkeit. Als Vorteile können die freie Zeiteinteilung, ein potenziell höheres Einkommen und geringere Lohnnebenkosten genannt werden. Eine derartige Ausgestaltung kann sowohl für ehemalige Arbeitgeber:innen als auch für jene, die selbstständig sind, vorteilhaft sein. Es sind jedoch auch weitere Faktoren wie etwaige arbeitsrechtliche Verschlechterungen oder die strikte organisatorische Abgrenzung von Selbstständigen und Angestellten für beide Seiten zu bedenken.

Eine eigene Kanzlei?
Der wohl spannendste, wenngleich anspruchsvollste berufliche Werdegang ist wohl die Beteiligung, Übernahme oder Neugründung einer Kanzlei. Alle drei Varianten zeichnen sich durch eine höhere Kapitalintensität und durch ein ausgeprägtes wirtschaftliches Risiko aus. Auf der Gegenseite winken höhere Gewinne und eine langfristige berufliche, über die Grenzen der eigentlichen Berufstätigkeit hinausgehende Entfaltung. Vorteil in einem Einstiegsszenario wäre, dass man vergleichsweise behutsam in die Materie eingeführt wird und von der Expertise der weiteren Partner:innen profitieren kann. Zudem muss der Stock der Klient:innen nicht gänzlich neu aufgebaut werden. Ebenso kein neuer Klient:innenStock müsste im Fall eines Kanzleikaufes geschaffen werden. Auch die Kanzleiinfrastruktur sowie bestehende Mitarbeiter:innen können übernommen werden. Ein besonderes Augenmerk ist in diesem Szenario auf die Kaufpreisermittlung zu legen. Vor allem die Nachhaltigkeit der Umsätze und die Struktur des Unternehmens sind kritisch zu beleuchten. Die Neugründung einer Kanzlei ist wohl mit der größten Ungewissheit behaftet. Eine gut durchdachte Planung kann diese jedoch reduzieren. Zudem können Mischformen mit der zuvor beschriebenen Selbstständigkeit oder Kooperationen den Neustart erleichtern. Insgesamt stehen nach der Zeit als Berufsanwärter:in viele Türen offen. Durch gerade diese Vielfalt kann jede:r den Platz in der Branche finden, der den eigenen Bedürfnissen und Fähigkeiten entspricht.

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