Erweiterung der Verpflichtungen von Geschäftsführern und Abschlussprüfern bei Verletzung der URG-Kennzahlen.
Seit 1. Juli 2013 müssen Geschäftsführer gemäß § 36 Abs. 2 GmbHG i.d.F. GesRÄG 2013 nicht nur wie bisher bei Verlust des halben Stammkapitals, sondern auch bei Verletzung der URG-Kennzahlen (Eigenmittelquote weniger als 8% und fiktive Schuldentilgungsdauer mehr als 15 Jahre) unverzüglich eine Generalversammlung einberufen und die in diesem Zusammenhang von der Generalversammlung gefassten Beschlüsse dem Firmenbuchgericht mitteilen. Bemerkenswerterweise wurde in das AktG keine derartige Bestimmung aufgenommen. Im Gegensatz zu den Bestimmungen des § 22 Abs. 1 Z 1 URG, bei denen die Geschäftsführer (abgesehen von der Nichtaufstellung des Abschlusses bzw. Nichtbeauftragung eines Abschlussprüfers) erst bei Erhalt eines Berichtes des Abschlussprüfers über die Verletzung der URG-Kennzahlen reagieren müssen (und damit die Haftung an eine unterbliebene Reaktion auf den Bericht des Abschlussprüfers anknüpft), stellt die neue Bestimmung im GmbHG bereits auf die tatsächliche Verletzung dieser Kennzahlen ab.
Neben den Geschäftsführern sind aber auch die Abschlussprüfer von dieser Gesetzesänderung betroffen. Wie bisher muss der Abschlussprüfer unverzüglich seine Redepflicht gemäß § 273 Abs. 3 UGB ausüben, wenn er bei der Prüfung des Jahresabschlusses eine Verletzung der URG-Kennzahlen und damit das Vorliegen der Voraussetzungen für die Vermutung eines Reorganisationsbedarfs (§ 22 Abs. 1 Z 1 URG) feststellt. Konsequenterweise muss sich der Abschlussprüfer in weiterer Folge auch die Frage nach einer damit möglicherweise einhergehenden Bestandsgefährdung stellen und gegebenenfalls Redepflicht gemäß § 273 Abs. 2 UGB ausüben. Zusätzlich wird der Abschlussprüfer in einem derartigen Fall zukünftig aber auch überprüfen müssen, ob eine allenfalls nicht erfolgte unverzügliche Einberufung einer Generalversammlung bzw. die Nichtinformation des Firmenbuchgerichts über die dort gefassten Beschlüsse nicht auch einen schwerwiegenden Gesetzesverstoß der Geschäftsführer aufgrund einer Pflichtverletzung gegenüber der Gesellschaft darstellt, der (ebenfalls) die Ausübung der Redepflicht gemäß § 273 Abs. 2 UGB erforderlich macht. Diese Überlegung muss offenbar im Übrigen auch bei freiwilligen Prüfungen angestellt werden, da die neue Einberufungsverpflichtung nach den bisher dazu geäußerten Literaturmeinungen auch die Geschäftsführer von kleinen (nicht prüfungspflichtigen) GmbH trifft. Interessant für die sich daraus möglichweise mit den Geschäftsführern ergebenden Diskussionen sind die erläuternden Bemerkungen (EB) zur Regierungsvorlage für das GesRÄG 2013. Diesen zufolge war es schon nach der bisherigen Rechtslage nicht notwendig, dass den Geschäftsführern der Verlust des halben Stammkapitals aufgrund des Jahresabschlusses bekannt wurde, sondern ihnen dieser Umstand auf irgendeine Art zur Kenntnis gelangt ist. Gleiches muss auch für die Verletzung der URG-Kennzahlen gelten.
Bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Pflichten zur Führung eines den Anforderungen des Unternehmens entsprechenden Rechnungswesen und internen Kontrollsystems (§ 22 Abs. 1 GmbHG) kann es sich daher für die Geschäftsführer auch unterjährig (und nicht nur nach Vorliegen des Jahresabschlusses) ergeben, dass die Voraussetzungen zur Einberufung der Generalversammlung vorliegen. Beinahe tröstlich ist da der Hinweis, dass die Einberufung der Generalversammlung freilich nur einmalig geboten ist, auch wenn die URG-Kennzahlen längerfristig verletzt werden. Bei genauerer Betrachtung werfen die EB damit bei einer erstmalig erst durch den Abschlussprüfer festgestellten Verletzung der URG-Kennzahlen für den Abschlussprüfer aber auch noch die Frage auf, ob in diesem Fall gemäß § 273 Abs. 2 UGB nicht auch noch zusätzlich eine Redepflicht wegen wesentlicher Schwächen bei der internen Kontrolle des Rechnungslegungsprozesses auszuüben ist. Für Diskussionsstoff ist also mit dieser neuen Bestimmung sicherlich gesorgt!
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