GESETZ. Die Verrechnungspreisdokumentation ist nun auch in Österreich auf gesetzlicher Basis. Von Doris Bramo-Hackel
Am 6. Juli 2016 hat der Nationalrat das Verrechnungspreisdokumentationsgesetz („VPDG“) beschlossen. Damit gibt es erstmals – zumindest für größere Konzerne – klare Vorschriften zur Dokumentation von Konzernverrechnungspreisen in Österreich. Der Gesetzgeber hat sich stark an den Vorgaben der OECDVerrechnungspreisleitlinien (Kapitel V) orientiert und auf Interpretationen oder Ergänzungen dieser Bestimmungen verzichtet. Die Verrechnungspreisdokumentationspflicht gilt für Wirtschaftsjahre ab 1. Jänner 2016 und folgt einem dreistufigen Ansatz – bestehend aus Master File, Local File und länderbezogener Berichterstattung. Die Verpflichtung zur Vorlage aller Bestandteile orientiert sich an der Größe des Unternehmens:
Verpflichtung zur Erstellung eines Master Files und eines Local Files:
- Österreichische Geschäftseinheit multinationaler Unternehmensgruppen, die in den beiden vorangegangenen Jahren Umsatzerlöse über 50 Mio. Euro erzielt hat.
Verpflichtung zur Erstellung einer länderbezogenen Berichterstattung (Country-by-Country-Report):
- Konzerne, die im vorangegangenen Wirtschaftsjahr mindestens 750 Mio. Euro konsolidierten Umsatz erzielt haben.
Seit dem 6. Juli 2016 gibt es erstmals klare Vorschriften zur Dokumentation von Konzernverrechnungspreisen in Österreich.
Die drei Teile sollen sich mit folgenden Inhalten beschäftigen:
- Master File hat zur Aufgabe, einen Überblick über den Konzern zu geben. Das Master File soll insbesondere Auskunft zu folgenden Teilbereichen geben:
- Organisationsaufbau der Unternehmensgruppe
- Beschreibung der Geschäftstätigkeit der Gruppe
- Dokumentation der materiellen Werte
- Dokumentation der Finanztätigkeiten innerhalb der Gruppe
- Dokumentation der Finanzlage und Steuerpositionen
Üblicherweise wird das Master File von der Konzernmutter erstellt und den Töchtern zur Verfügung gestellt. Nach dem VPDG ist ausdrücklich die österreichische Geschäftseinheit zur Erstellung dieses Dokuments verpflichtet. Das bedeutet, dass sich diese nicht darauf ausreden kann, kein Master File von der Konzernmutter erhalten zu haben – im Notfall muss sie es selbst auf Basis der ihr zur Verfügung stehenden Infos erstellen. Sofern die österreichische Gesellschaft die 50 Mio. Euro- Umsatzgrenze nicht erreicht, aber Teil eines Konzerns ist, der aufgrund von Bestimmungen anderer Staaten ein Master File zu erstellen hat, muss sie dieses auf Ersuchen des Finanzamts zur Verfügung stellen.
- Local File soll das Master File um Detailinformationen zu unternehmensgruppeninternen Geschäftsvorfällen der österreichischen Geschäftseinheit ergänzen. Dazu gehören folgende Bereiche:
- Beschreibung der inländischen Geschäftseinheit
- Dokumentation der wesentlichen unternehmensgruppeninternen Geschäftsvorfälle
- Finanzinformationen
Die Detailinhalte zu Master File und Local File werden in einer eigenen Durchführungsverordnung, die sich weitestgehend an den OECD-Empfehlungen orientiert, geregelt.
- Länderbezogene Berichterstattung (Country-by-Country-Report, „CbCR“)
Der länderbezogene Bericht besteht aus Informationen, die in ein elektronisches Formular einzufügen sind. Dazu gehören Detailinformationen zu Umsatz, Mitarbeitern, Ergebnissen und Steuerzahlungen, aufgelistet nach Ländern und Gesellschaften, in denen der Konzern tätig ist. Der Bericht ist von der obersten Muttergesellschaft zu erstellen und an deren Finanzbehörde zu übermitteln. Diese verteilt den Bericht im Anschluss an alle Finanzbehörden jener Länder, in denen Konzerngesellschaften vertreten sind. Die im CbCR bekannt gegebenen Informationen sollen den Finanzverwaltungen der einzelnen Länder dazu dienen, Risikobeurteilungen vorzunehmen und auf deren Basis eingehende Verrechnungspreisprüfungen durchzuführen. Daher wird der CbCR als eines der Kernelemente zur Hintanhaltung von Steuerverschiebungen zwischen einzelnen Ländern erachtet. Dementsprechend sind die OECD und deren Mitgliedstaaten auch darauf bedacht, dass das CbCR-System lückenlos funktioniert. Genau hier greift eine weitere Bestimmung des Verrechnungspreisdokumentationsgesetzes: Der Eintritt in die Pflicht zur Übermittlung des länderbezogenen Berichts: Eine österreichische Gesellschaft kann in die Verpflichtung ihrer ausländischen obersten Muttergesellschaft eintreten bzw. bescheidmäßig dazu gezwungen werden. Dies geschieht einerseits dann, wenn die oberste Muttergesellschaft in deren Ansässigkeitsstaat nicht zur Abgabe eines CbCR verpflichtet ist oder der Austausch eines solchen Berichts zwischen dem Ansässigkeitsstaat und der österreichischen Finanzverwaltung aus faktischen oder rechtlichen Gründen nicht erfolgt. Auf der anderen Seite besteht die Möglichkeit, dass andere Konzerngesellschaften (freiwillig) in die Berichtspflicht der obersten Muttergesellschaft eintreten. Ein solcher Eintritt ist dem zuständigen österreichischen Finanzamt mitzuteilen. Tritt eine österreichische Geschäftseinheit in die Verpflichtung der obersten Muttergesellschaft ein, hat sie von dieser alle erforderlichen Informationen einzuholen. Gelingt ihr das nicht, muss sie dies ihrem zuständigen Finanzamt mitteilen und den CbCR mit allen ihr zur Verfügung stehenden Informationen erstellen. Die Nichtübermittlung des länderbezogenen Berichts bzw. die vorsätzliche Übermittlung falscher Informationen unterliegt einer Geldstrafe von bis zu EU 50.000,–. Bei Nichtvorlage von Master File und Local File sind keine Geldstrafen vorgesehen. Erfahrungsgemäß verschlechtert sich die Position des Steuerpflichtigen, der keine Verrechnungspreisdokumentation vorhält, jedoch massiv im Außenprüfungsverfahren, da sich de facto die Beweislast umdreht. Auch im Beschwerdeverfahren wird seitens des BFG und VwGH die Vorlage von Verrechnungspreisdokumentation erwartet und entsprechend gewürdigt.
Zeitpunkt der Erstellung/Übermittlung
Master File und Local File sind der Finanzverwaltung auf deren Ersuchen innerhalb von 30 Tagen zu übermitteln. Die Dokumentation muss ab dem Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung des betreffenden Wirtschaftsjahres vorliegen. Der länderbezogene Bericht ist spätestens 12 Monate nach dem letzten Tag des Wirtschaftsjahres der obersten Muttergesellschaft oder eintretenden Geschäftseinheit über FinanzOnline zu übermitteln. Als Dokumentationssprachen sind Deutsch und Englisch zulässig. Offen bleibt die Frage, wie die VPD für Unternehmen, die die im Gesetz angeführten Umsatzgrenzen nicht erreichen, aussehen soll. Für sie gilt, was das Gesetz auch für die vom VPDG erfassten Unternehmen festhält: „Neben diesem Bundesgesetz bestehende Dokumentationspflichten bleiben unberührt (§ 3 Abs. 4 VPDG).“ Damit sind die bisherigen, sich aus der BAO und dem EStG ergebenden Verpflichtungen gemeint. Daher sollten auch kleinere Konzernunternehmen fremdübliche Verträge über ihre Transaktionen mit verbundenen Unternehmen erstellen und die jeweiligen Sachverhalte festhalten. Überdies sind die anlässlich der Preisfestsetzung angestellten Überlegungen einschließlich eines Nachweises der Fremdüblichkeit des Verrechnungspreises zu dokumentieren.
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