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Ausgabe 03/2019

ÖGSWomaNet. Frauen in der Steuerberatung

NETZWERK. Immer mehr Frauen verzeichnen die Berufsträger der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. Deshalb wollen wir wissen, ob es in unserer Branche Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt. Kollegin Christa Karigl-Ornezeder gab uns Auskunft.

Gibt es einen Unterschied, ob ein Mann oder eine Frau den Beruf des Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers ausübt? Gibt es „typisch Frau“ in unserem Beruf? Gibt es andere Herausforderungen, wenn „Frau“ die Steuerberatungs-, die Wirtschaftsprüfungskanzlei führt? Stimmt es, dass Frauen leichter nachgeben, wenn Honorare nicht bezahlt werden, wenn man ihnen eine Geschichte „auftischt“ und mit der Mitleidsmasche arbeitet? Haben Frauen niedrigere Honorare? Führen Frauen anders? Haben sie mehr Verständnis für das Leben außerhalb der Kanzlei? Können Mitarbeiter Frauen leichter um den Finger wickeln, wenn sie mit Emotionen argumentieren? Fragen wie diese wollen wir uns gemeinsam im Rahmen unseres neuen ÖGSWomaNets stellen. Überdies wollen wir in unserem neuen ÖGSWomaNet Kolleginnen stärken, sie trainieren, im bestehenden System leichter zurechtzukommen. Dabei werden wir hinterfragen, welche Eigenschaften für eine gute Führung wichtig und notwendig sind. Müssen es tatsächlich immer Durchsetzungsfähigkeit, Risikofreudigkeit und Entscheidungsfreude sein oder sind es andere Fähigkeiten auch? Weiters werden wir Kolleginnen sensibilisieren und motivieren, verstärkt Netzwerke einzugehen – auch mit Männern – und Seilschaften zu bilden.

Wir haben unsere Kollegin Christa Karigl-Ornezeder gefragt, wie es ihr bei ihrem Weg zur und ihrem Dasein als Steuerberaterin ergangen ist.

Liebe Christa, wie kam es zu Deinem Weg in die Steuerberatung?
Nach der AHS-Matura habe ich das Kolleg an der Handelsakademie besucht und war schon in der ersten Rechnungsweseneinheit begeistert von diesem Fach, weil es für mich so logisch war. Auch die anderen betriebswirtschaftlichen Fächer haben mich gleich sehr fasziniert. Deswegen lag es dann nahe, dass ich nach dem BWL-Studium, der Steuerberaterprüfung und drei Jahren sehr lehrreicher und interessanter Tätigkeit als Managerin bei LeitnerLeitner in Linz die Steuerberatungskanzlei meiner Eltern in Frankenmarkt übernommen habe. Zu diesem Zeitpunkt erwartete ich gerade mein erstes Kind, Georg.

Frauen und Steuerberatung: Wie weiblich ist der Beruf? Was sind die größten Herausforderungen in der Branche? Kann die ÖGSW hier unterstützen?
Der Beruf ist weder weiblich noch männlich – es kommt darauf an, was man/frau daraus macht. Ich habe bisher fast keinen Unterschied gespürt, was die Akzeptanz von Frauen bei den Kunden betrifft. Manchmal passiert es schon, dass männliche Kunden glauben, ein Mann wäre fachlich kompetenter als eine Frau – aber das ist die absolute Ausnahme.

Die größte Herausforderung in unserer Branche ist aus meiner Sicht, genügend IT-Experten als MitarbeiterInnen zu gewinnen, um den unausweichlichen Anforderungen der Automatisierung gerecht zu werden. Denn Rechnungswesen und Steuerwissen alleine reicht mit Sicherheit nicht mehr aus, um in der Branche weiterhin erfolgreich und konkurrenzfähig zu bleiben.

Welche Unterschiede gibt es zwischen Steuerberatern und Steuerberaterinnen? Gibt es „typisch Frau“ in unserem Beruf? Unterschiede gibt es aus meiner Sicht vor allem in der Einstellung zur Kundenberatung.

Frauen haben, glaube ich, mehr Einfühlungsvermögen und Kommunikationsfähigkeit – KundInnen vertrauen uns dadurch und erzählen auch sehr viel.

Und wir haben Verständnis für sie – dafür schätzen sie uns. Das größte Kompliment für mich ist, wenn KlientInnen sagen: „Was würden wir nur ohne Sie machen?“

Der Nachteil an diesen Eigenschaften ist aber auch, dass wir bei uns im Unternehmen – wir sind ja ein Damenführungstrio – oft viel zu gutmütig sind, was z.B. offene Honorare betrifft. Daran arbeiten wir gerade.

Frau sein, Steuerberaterin sein, Mutter werden: Wie bringt man das alles unter einen Hut? Bleibt auch Zeit für sich selbst bzw. nimmst Du Dir diese?
Ich bin seit fast 28 Jahren mit meinem tollen Mann Georg zusammen und wir haben gemeinsam vier wunderbare Kinder (Georg jun. – 24, Ursula – 22, Nikolaus – 20 und Felix – 14). Ich habe neben den Kindern immer gearbeitet. Das war für mich deswegen machbar, weil sie zuhause von sehr netten Damen und Au-Pair-Mädchen betreut werden konnten und gleichzeitig auch der Haushalt erledigt wurde. Die Doppelbelastung mit Haushalt hätte ich zusätzlich zum Beruf sicher nicht geschafft – da habe ich für mich Prioritäten gesetzt. Mir war immer wichtig, dass ich da bin, wenn meine Kinder mich brauchen. Das war möglich, weil die Kanzlei nur eine Minute Fahrzeit von unserem Wohnhaus entfernt ist und ich keine längeren Geschäftsreisen machen musste. Und meine Mutter, auch Wirtschaftsprüferin, die mir dieses Modell von Vereinbarkeit von Familie und Beruf selber so vorgelebt hat, hat mich noch zusätzlich unterstützt – sie hat z.B. sehr oft mit den Kindern Hausaufgaben gemacht oder gelernt.

Als die Kinder klein waren, hatte ich für mich selbst sehr wenig Zeit – aber das war mir damals auch gar nicht wichtig – die Kinder waren meine Erfüllung. Allerdings haben mein Mann und ich uns eine Woche pro Jahr Urlaub ohne Kinder gegönnt. Jetzt kann ich mir diese Zeit für mich wieder nehmen – ich gehe zweimal die Woche tanzen und treffe mich gerne mit meinen vielen FreundInnen.

Dein persönliches Erfolgsrezept?
Ich stehe zu dem, was ich kann und was ich nicht kann, und kommuniziere das auch so. Ich mag alle Menschen und das spüren sie auch. Ich bin glücklich darüber, dass ich meine perfekten Kanzleipartnerinnen gefunden habe, dass wir so ein tolles Team führen und so viele erfolgreiche Unternehmen betreuen dürfen. Nachdem ich die Zahlen ganz gut im Griff habe, kann ich mir erlauben, meine Entscheidungen sehr stark aus dem Bauch heraus zu treffen, und bin damit immer ganz gut gelegen. Und vor allem bin ich sehr flexibel und habe immer viel Freude daran, Neues zu lernen.

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