KINDERBETREUUNG. Warum sie in der WT-Kanzlei gerade jetzt präsent sein soll. Von Christin Neum
In vielen Gemeinden mangelt es an Kleinkindbetreuungsangeboten, wodurch die Rückkehr aus der Karenz in den Beruf erschwert wird. In Zeiten von Fach- und Arbeitskräftemangel bietet sich hier für die Steuerberatungsbranche eine Chance, Mitarbeiter:innen früher wieder die Rückkehr an den Arbeitsplatz zu ermöglichen. Wir haben eine solche überbetriebliche Betreuungseinrichtung in Vorarlberg errichtet und berichten von unseren Erfahrungen.
Zu wenige Einrichtungen
In der Regel werden Betreuungsplätze nur an Einwohner:innen der Heimatgemeinde vergeben. Für pendelnde Dienstnehmer:innen sind aber arbeitsplatznahe Betreuungsmöglichkeiten gefragt. Schwierigkeiten ergeben sich, wenn Eltern noch keine Beschäftigung haben. Meist werden Betreuungsplätze erst mit Berufstätigkeit gewährt. Die Inflexibilität zeigt sich auch darin, dass Betreuungszeiten von Gemeinden zu starr vorgegeben und nicht mit den Arbeitszeiten von Eltern vereinbar sind. Die fehlenden Möglichkeiten sind nicht nur eine Hürde für Eltern, sondern auch ein Problem für Unternehmen, die mit Arbeitskräftemangel kämpfen. Eine Studie des Landes Vorarlberg hat ergeben, dass sich Familien ihren Wohnort nach Kinderbetreuungsangeboten auswählen und Länder mit guten Kinderbetreuungsangeboten höhere Geburtenraten und mehr Frauen in Führungspositionen aufweisen können. Die Vorteile für Dienstgeber:innen liegen auf der Hand. Zum einen haben ausgebildete Fachkräfte früher die Möglichkeit, in den Beruf zurückzukehren und an ihr berufliches Knowhow anzuschließen. Kostenintensive Nachschulungen bleiben erspart. Auch wenn frischgebackene Eltern vermutlich nicht gleich ihre Vollzeitbeschäftigung wieder aufnehmen, so ist doch wahrscheinlich, dass mit einer geeigneten Betreuung des Nachwuchses die Arbeitszeit schneller erhöht wird. Aus Erfahrungsberichten ist bekannt, dass Flexibilität, regelmäßige Kommunikation mit den Pädagog:innen und die unmittelbare Nähe zur Arbeitsstätte die „Ablösungsphase“ vom Kind erleichtern. „Eltern arbeiten produktiver, stressfreier und motivierter, wenn sie ihr Kind gut betreut wissen“, sagt eine AK-Studie. Zum anderen steigt auch die Reputation für Unternehmen, die sich der Herausforderungen ihrer Mitarbeiter:innen annehmen. Es ist davon auszugehen, dass Interessierte und Bewerber:innen den Betrieb als attraktiver wahrnehmen, wenn das Persönliche den reinen Leistungsgedanken aufwiegt. Stolz und Loyalität gegenüber dem Unternehmen und eine geringere Fluktuation, sprich eine Ersparnis von kostenaufwändigem Recruiting, könnten die Folge sein. In Kooperation mit einer lokalen Wirtschaftsgemeinschaft haben wir eine eigene überbetriebliche Kleinkindbetreuungseinrichtung eröffnet. Notwendig dafür: Budgetplanung, Zeitplan, der Austausch mit anderen Einrichtungen und eine Projektleitung. Erst aus den Inputs und Empfehlungen konkretisiert sich das Konzept der Kinderbetreuung, die zum eigenen Leitbild passen sollte. Nicht zu unterschätzen sind der Zeitbedarf der Projektleitung und eine ausreichende Vorlaufzeit von ein bis zwei Jahren. Unser Beispiel zeigt, dass auch kleine und mittelständische Unternehmen in Kooperation mit anderen Betrieben oder der Gemeinde eine eigene Betreuungseinrichtung finanzieren können. Nähere Einblicke finden sich auf www.forscherhuesle.at. Aus der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklung geht klar hervor, dass Eltern längst nicht mehr zwischen Karriere und Familie wählen wollen. Vielmehr geht es um die Vereinbarkeit. Hier braucht es jetzt die Initiative der Wirtschaft, eigene Projekte zu entwickeln, solange es an öffentlichen Kinderbetreuungsangeboten mangelt. Auch ist es z.B. möglich, mit umliegenden Kinderbetreuungseinrichtungen jährlich ein bestimmtes Platzkontingent zu vereinbaren, welches das Unternehmen für seine Mitarbeiter:innen steuerfrei mit bis zu EUR 1.000,– bezuschussen kann.
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