FINANZSTRAFGESETZ. Strafaufhebung nach § 30a FinStrG („Verkürzungszuschlag“). Von Klaus Hübner
Bei Überprüfungsfällen wie Betriebsprüfung, Nachschau, Bescheidkontrolle etc. mit relativ geringen Mehrergebnissen sieht das FinStrG eine sinnvolle Verfahrensbeschleunigung („Schnellverfahren“) vor, mit der eine finanzstrafrechtliche Verfolgung ebenfalls abgewendet werden kann. So ist die Abgabenbehörde (nicht Finanzstrafbehörde) berechtigt, eine Abgabenerhöhung von 10% der festgestellten Nachforderungen festzusetzen, insoweit diesbezüglich der Verdacht – auch zur subjektiven Tatseite – eines Finanzvergehens besteht. Diese Abgabenerhöhung gilt nicht als Strafe, weshalb auch keine Aufnahme in das Finanzstrafregister erfolgt. Im Gegensatz zu einer Geldstrafe kann sie auch nur maximal einmal vorgeschrieben bzw. diese Möglichkeit nur einmal in Anspruch genommen werden. Voraussetzung für die Anwendung nach § 30a ist, dass der Verdachtsbetrag für ein Jahr insgesamt EUR 10.000,–, in Summe jedoch EUR 33.000,– nicht übersteigt, wobei für diese Betragsgrenzen die Summe aller Verkürzungsbeträge gleichzeitiger Überprüfungsmaßnahmen oder solcher in unmittelbarer Folge herangezogen wird. Zu beachten ist, dass die Verfolgungsmöglichkeit weiterer hinsichtlich derselben Abgabenart und desselben Zeitraumes bewirkter Verkürzungen aufrecht bleibt. Auch bei einem Mehrergebnis von mehr als EUR 33.000,– ist grundsätzlich eine Maßnahme nach § 30a möglich. Die Berechnung der Mehrergebnisse abzüglich jener Nachforderungsbeträge, für die keine Verdachtslage besteht, z. B. vertretbare Rechtsansichten oder klassische Sicherheitszuschläge, kann für die Außenprüfer eine Herausforderung sein, weshalb diese dann auch Unterstützung durch die Finanzstrafbehörde erhalten. Auch wir Vertreter können (und sollten) mit Vorweg-Berechnungen über die Höhe des Verdachtsbetrages unterstützend agieren. Zu beachten ist dabei, dass für die maßgebenden Beträge (EUR 10.000,–/EUR 33.000,–) jener Betrag ausschlaggebend ist, der unmittelbar nach Abschluss der abgabenrechtlichen Überprüfung erstmöglich als Nachforderung festgesetzt worden ist. Anschließende Reduktionen nach einem Beschwerdeverfahren führen laut VwGH nicht mehr zur (nachträglichen) Anwendungsmöglichkeit des § 30a. Der Verkürzungszuschlag kann von Amts wegen oder auf Antrag des geprüften Abgabepflichtigen festgesetzt werden. Bei einer amtswegigen Vorschreibung muss sich der Abgabenpflichtige spätestens 14 Tage nach Festsetzung der Abgabennachforderung mit dem Verkürzungszuschlag einverstanden erklären. Diese 14 Tage-Frist ist nicht verlängerbar. Vor allem muss aber die Entrichtung des „Verdachtsbetrages“ und der Abgabenerhöhung jeweils innerhalb eines Monats ab Festsetzung – hier ohne die Möglichkeit eines Zahlungsaufschubes (!) – erfolgen. An diesem Kriterium scheitern oft § 30a-Verfahren. Deshalb sollte in der Praxis geprüft werden, ob eine vollständige Zahlung innerhalb der Monatsfrist für den Mandanten möglich ist. Der „Charme“ des § 30a liegt auch darin, dass die Entrichtung der Abgabenerhöhung für alle Tatbeteiligten strafaufhebend wirkt. Ein Rechtsmittel gegen die Abgabenerhöhung ist ausdrücklich nicht möglich. Diese Abgabenerhöhung kann nicht gegen den Willen des Abgabepflichtigen festgesetzt werden, ist nicht vollstreckbar und kann auch nicht sichergestellt werden.
Ermessensspielraum
Rechtsanspruch auf eine Vorgangsweise nach § 30a hat der Abgabepflichtige allerdings keinen. Vielmehr kommt der Abgabenbehörde ein großer Ermessensspielraum zu. Ausgeschlossen ist dieses „Schnellverfahren“ nämlich, wenn bereits ein Strafverfahren anhängig ist, wobei Anhängigkeit mit der ersten Verfolgungshandlung gegeben ist. Damit ist es der Finanzstrafbehörde immer möglich, ein § 30a-Verfahren nicht zur Anwendung zu bringen, indem sie eben ein Strafverfahren einleitet. Ausschließungsgründe für ein § 30a-Verfahren sind auch das Vorliegen einer Selbstanzeige sowie erlassmäßig geregelte Sachverhalte mit spezialpräventivem Charakter (qualifizierter Vorsatz, planmäßiges Vorgehen, hohe kriminelle Energie, einschlägige nicht getilgte Vorstrafe, Beschäftigung von Schwarzarbeitern, innerhalb der letzten fünf Jahre wurde bereits ein Verkürzungszuschlag festgesetzt). Die Anwendung dieses Schnellverfahrens ist derzeit regional höchst unterschiedlich. Ein einheitlicheres Vorgehen im Zuge des neu geschaffenen ABB wäre jedenfalls wünschenswert. Jedenfalls sollten wir aber in der Beratung unseren Mandanten (meist nach einer Außenprüfung) auf die Option dieses „Schnellverfahrens“ hinweisen. Dies gilt umso mehr, wenn die Einleitung eines Strafverfahrens vermutet wird und eine Bestrafung eine Wahrscheinlichkeit hat. Immerhin erspart sich Ihr Mandant mit diesem „Aufpreis von 10%“ (maximal EUR 3.300,–) ein womöglich aufwendigeres und kostenintensiveres Verfahren mit Einvernahmen, Zeugenbefragung, mündlicher Verhandlung etc.
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