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Ausgabe 03/2023

Payroll goes digital!

AUTOMATISIERUNG. „Siri, erstell’ die Abrechnung August 2023 für unsere Kanzlei!“ Über neue Aufgaben, neue Herausforderungen. Von Tanja Trummer und Dagmar Kiesenhofer

Wie realistisch ist es, dass wir mittels Sprachbefehl die Personalverrechnung erstellen werden können? Vielleicht realistischer, als wir jetzt denken. Der nachfolgende Artikel gibt einen Überblick über Digitalisierungs- und Automatisierungspotenzial in der Branche. Personalverrechner:innen, die mit Rechenmaschine und ausgedruckten Verdienstnachweisen manuell abrechnen oder gar Lohnstreifen verwenden, haben längst ausgedient. Seit Jahren nimmt der Digitalisierungs- und Automatisierungsgrad (auch) in der Personalverrechnung stetig zu. Verschränkt damit werden auch arbeitsrechtliche Begleitmaßnahmen, wie etwa die automatisierte Erstellung von Dienstverträgen, in Softwaresystemen umgesetzt. In modernen Personalverrechnungssystemen können Berechnungen und Einstellungen implementiert werden, die kollektivvertraglich zustehende Ansprüche automatisiert berechnen und in die Abrechnung übernehmen. Voraussetzung dafür ist eine lupenreine Stammdatenpflege, die keinen Platz für Ungenauigkeiten lässt. Ein weiteres Arbeitsfeld ergibt sich in der Personalverrechnung zunehmend in CRM- und Zeiterfassungssystemen, die für die Personalverrechnung verarbeitbare Daten liefern. Damit können mittels Schnittstelle z.B. Mehr- und Überstundenleistungen bereits direkt bei Mandant:innen bewertet und anschließend in die Personalverrechnung übergeleitet werden.

Hat die Profession „Personalverrechner:in“ ausgedient?
Wenn digitale Systeme übernehmen, dann besteht zusehends die Angst, dass bekannte Prozesse wegfallen und die menschliche Arbeitskraft an sich keinen Wert mehr haben könnte. Diese Angst bringt manche dazu, sich gegen Neues und Ungewohntes zu stellen und Digitalisierungs- und Automatisierungsprozesse abzulehnen.

„Nichts ist so beständig wie der Wandel“ (Heraklit)
Des Rätsels Lösung für das Problem der Ablehnung von Veränderungsprozessen ist insbesondere in Kanzleien aufzuzeigen, wo große Potenziale für Veränderung liegen. Mit Digitalisierungs- und Automatisierungsprozessen geht eine enorme Zeitersparnis einher, die für die umfassende Beratung von Mandant:innen verwendet werden kann. Durch diese Veränderungsprozesse ergibt sich kein Wegfall der Profession, sondern „nur“ eine Änderung des Aufgabenbereichs: Werden automatisiert ermittelte Daten (z.B. Ansprüche von Mehr- und Überstunden) importiert oder aus Zeiterfassungssystemen in die Personalverrechnung übergeleitet, so ist es Aufgabe von Personalverrechner:innen, die gelieferten Daten zu verstehen und zu interpretieren sowie einem Plausibilitätscheck zu unterziehen. Darüber hinaus sind neue oder veränderte Sachverhalte einem juristischen Subsumtionsschluss zu unterziehen, rechtlich entsprechend auszugestalten und letztlich softwareseitig zu implementieren.

Welche Prozesse können im Moment digital bzw. automatisiert erfolgen?
Digitalisierung in Bezug auf die zu verarbeitenden Daten: 

  • Elektronischer Personalakt – im Optimalfall mit BAO-konformem Archiv, welches direkt in die Abrechnungssoftware integriert ist.
  • Kein Ausdruck von Unterlagen, außer gesetzliche Verpflichtungen stehen dem entgegen. 
  • Workflow-Systeme, mit denen Aufgaben kanzleiintern delegiert werden können.

Automatisierung in Bezug auf die Lohnsoftware: 

  • Digitalisierung von Vertragsmustern und automatisierte Erstellung von Arbeitsvertragsvorlagen für Mandant:innen, 
  • Export/Import von variablen Bezügen, Zeiterfassungs- und Stammdaten, 
  • automatische Verbuchung mittels Buchungsfiles oder Direktverbuchung, wenn Buchhaltung und Personalverrechnung im selben System angelegt sind, 
  • Datenaustausch zwischen Zeiterfassung und Personalverrechnung (tabellenbasierte Schnittstelle bei unterschiedlicher Software oder Direktübertragung bei gleicher Software),
  • Hinterlegung von automatisierten Berechnungen für arbeitsrechtliche Ansprüche (z.B. Sonderzahlungen, Abfertigungen, Urlaubsersatzleistungen),
  • Elektronischer Verdienstnachweis Versand per E-Mail direkt an Mitarbeiter:innen oder Webportale mit Möglichkeit zum Abruf,
  • Reisekosten-Tools, mithilfe derer Mitarbeiter:innen selbst Dienstreisen erfassen können 
  • Dienstreisen-Software, welche die arbeitsrechtlichen Ansprüche, unter Berücksichtigung der abgabenrechtlichen Bestimmungen, automatisiert errechnet.

Um die genannten Digitalisierungsund Automatisierungsprozesse entsprechend umsetzen zu können, bedarf es umfassender Softwarekenntnisse und entsprechendem Wissen zu arbeitsrechtlichen Vorschriften. Wie jeder Beruf befindet sich auch die Personalverrechnung im Wandel und Arbeitsabläufe und Prozesse verändern sich. Das Tätigkeitsfeld an sich bleibt aber bestehen. Die zuvor genannten Veränderungsprozesse führen dazu, dass Mandant:innen besser in den Abrechnungsprozess eingebunden werden können. So können HR-Verantwortliche und Mitarbeiter:innen etwa über Apps ihre Arbeitszeit erfassen und ihre Gehaltsnachweise abrufen. Digitalisierung und Automatisierung führt daher nicht zum Arbeitsverlust, sondern zu einer Verbesserung der Servicequalität, indem Mandant:innen partizipieren können und so auch etwaige (Beratungs-)Risiken frühzeitig erkannt werden können.

KI ahead!Was wir in der Personalverrechnung mit künstlicher Intelligenz anfangen (werden):
Das Arbeitsrecht und die Personalverrechnung sind Bereiche, in denen nicht nur die „Abrechnung“ an sich eine Rolle spielt, sondern auch das Grundgerüst dahinter. Was in der Buchhaltung der Beleg ist, ist im Arbeitsrecht der Dienstvertrag. Die Verwendung von künstlicher Intelligenz steckt hier zwar noch in den Kinderschuhen, aber Systeme wie „iurio“ (umfassendes Dashboard für Steuerberater:innen und Anwält:innen) oder „konzierge“ (KI Tools zur Erstellung von Vertragsmustern) stehen bereits in den Startlöchern. Auch allgemeine KI Tools wie Chat GPT sind bereits in der Lage, einfache Arbeitsvertragsmuster (die natürlich einer Prüfung bedürfen!) zu erstellen. Die Beratungspraxis insgesamt wird sich daher in den nächsten Jahren stark verändern. Es wird nicht mehr darum gehen, Abrechnungen manuell aufzusetzen und Verträge „old school“ zu erstellen, sondern bereitgestellte Daten und Muster entsprechend zu prüfen und Mandant:innen umfassend zu beraten.

Erscheinungsdatum:

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