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Ausgabe 04/2014

Liebhaberei und redliches Scheitern

Brennpunkt Finanz. Vertreterhaftung: § 9 BAO sieht eine Haftung von gesetzlichen und gewillkürten Vertretern vor, wenn diese ihre Pflichten schuldhaft verletzen. Von Herbert Houf

Über das Vermögen einer GmbH wird ein Insolvenzverfahren eröffnet. Unter den unbeglichenen Verbindlichkeiten befinden sich Steuerrückstände, die aus einer kurz vor Eintritt der Insolvenz durchgeführten Außenprüfung resultieren. Diese hat festgestellt, dass eine vor Jahren getätigte Immobilieninvestition nach (nunmehriger) Ansicht der Abgabenbehörde keine Einkaufsquelle darstellt und daher Liebhaberei anzunehmen wäre. Daraus resultieren Umsatzsteuernachforderungen aus nicht anerkannten Vorsteuerguthaben. Der damalige Geschäftsführer, der mittlerweile längst aus dieser Funktion ausgeschieden ist, wird nun gem. § 9 BAO zur Haftung herangezogen.

Im Normalfall kann also ein gesetzlicher Vertreter für Abgaben, die erst nach seinem Ausscheiden festgesetzt und

damit fällig werden, nicht in Anspruch genommen werden.

Der Haftungstatbestand des § 9 BAO

Wer einen Abgabepflichtigen vertritt, haftet für dessen Abgabenschulden insoweit (Ausfallshaftung), als diese infolge schuldhafter Pflichtverletzung des Vertreters nicht eingebracht werden können. Zu den wesentlichen Pflichten eines Vertreters gehört es gem. § 80 BAO, aus den Mitteln, die er verwaltet, die Abgaben zu entrichten. Nicht schuldhaft ist es, wenn ein Unternehmen trotz Beachtung der gebotenen Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes (siehe § 25 GmbHG) zahlungsunfähig wird. „Redliches Scheitern“ ist weder unter Strafdrohung gestellt, noch löst es Haftungsverpflichtungen aus. Diese werden jedoch insbesondere dann schlagend werden, wenn nach § 161 StGB strafbare Handlungen vorliegen. Zusätzlich ist auch ein zeitliches Element zu beachten. Steuern, die während der Funktionsperiode des gesetzlichen Vertreters nicht zu bezahlen waren, weil die Fälligkeit erst zu einem späteren Zeitpunkt eingetreten ist, fallen naturgemäß nicht unter den Haftungstatbestand, da hier keine schuldhafte Nichtentrichtung vorliegen kann.

 Sonderfall: Selbstberechnungsabgaben 

Im Normalfall kann also ein gesetzlicher Vertreter für Abgaben, die erst nach seinem Ausscheiden festgesetzt und damit fällig werden, nicht in Anspruch genommen werden. Einen besonderen Sachverhalt stellen in diesem Zusammenhang Selbstberechnungsabgaben dar. Gem. § 21 Abs. 5 i.V.m. Abs. 1 UStG richtet sich die Fälligkeit einer mit Bescheid festgesetzten Umsatzsteuer nach jenen Terminen, die für die Entrichtung der Voranmeldungsbeträge maßgeblich waren. Im Ergebnis heißt das, dass eine mit Bescheid festgesetzte USt-Nachzahlung spätestens am 15.2. des folgenden Kalenderjahres fällig ist bzw. war. Kommt es also zu einer nachträglichen Steuerschuld durch Festsetzungvon Umsatzsteuer, kann die Fälligkeit in die Funktionsperiode eines bereits ausgeschiedenen gesetzlichen Vertreters fallen.

 

Bei vertretbarer Rechtsansicht oder rückwirkend zu berücksichtigenden Ereignissen kann keine schuldhafte Pflichtverletzung vorliegen

 Im vorliegenden Fall kann eine Haftung dennoch nicht schlagend werden. Der frühere Geschäftsführer hat die Steuererklärungen nach bestem Wissen und Gewissen erstellt und alle für die Beurteilung des relevanten Sachverhalts erforderlichen Informationen (insbesondere Prognoserechnungen) offengelegt. Das Finanzamt folgte damals seiner Rechtsauffassung und erließ entsprechende USt-Bescheide. Jahre später, nachdem der Geschäftsführer aus seiner Funktion ausgeschieden ist, kommt das Finanzamt nun zu einer anders lautenden Einschätzung. Ungeachtet der Frage, ob eine solche – rückwirkende – Neubeurteilung materiellrechtlich überhaupt zutreffend sein kann, kann dies dem

Im Ergebnis heißt das, dass eine mit Bescheid festgesetzte USt-Nachzahlung spätestens am 15.2. des folgenden Kalenderjahres fällig ist bzw. war.

ausgeschiedenen Geschäftsführer nicht angelastet werden. Seine Rechtsansicht war wohl vertretbar, weil auch vom Finanzamt geteilt. Sollte der Neubeurteilung aber gar ein rückwirkend zu berücksichtigendes Ereignis im Sinne § 295a BAO zugrundeliegen, kann auch das zu keiner Inanspruchnahme des ehemaligen Geschäftsführers führen, weil vor Eintritt dieses Ereignisses eine Steuerschuld nicht bestanden hat und daher auch nicht zu bezahlen war. Somit kann eine Haftung schon mangels Tatbestandsvoraussetzungen nicht eintreten. Darüber hinaus wären diese Umstände allenfalls auch bei der Ermessensübung zu Gunsten des ehemaligen Geschäftsführers zu würdigen.

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