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Ausgabe 04/2015

Der Diener zweier Herren

RÄG 2014. Über das Rechnungslegungs-Änderungsgesetz 2014 und seine doppelten Zielsetzungen. Von Gunther Bauer

Das RÄG 2014 ist angetreten, um der Diener zweier Herren zu sein. Da gilt es zum einen die Richtlinie 2013/34/EU vom 26. Juni 2013 (Bilanz-Richtlinie) umzusetzen. Diese Richtlinie übernimmt die Bestimmungen über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und die damit verbundenen Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen der Vierten Richtlinie des Rates vom 25. Juli 1987 sowie der Siebenten Richtlinie des Rates vom 13. Juni 1983 ändert und ergänzt diese aber in wesentlichen Bereichen, wobei unter dem Schlagwort „Vorfahrt für KMU“ Vereinheitlichungen und Erleichterungen für Kleinund Kleinstunternehmen umgesetzt werden. Auch verfolgt die Bilanz-Richtlinie das Ziel, die Wahlrechte der Mitgliedstaaten zu reduzieren und damit Effizienz, Relevanz und Verständlichkeit der Finanzberichterstattung zu verbessern. Zudem wird die Umsetzung der Richtlinie zum Anlass genommen, das österreichische Bilanzrecht insgesamt zu modernisieren, etwa durch Beseitigung international nicht üblicher Posten und Bilanzierungsmethoden.

Daneben tritt das RÄG 2014 aber auch an, ein weiterer Schritt in Richtung Einheitsbilanz zu sein und somit Unterschiede in der Unternehmensbilanz und der Steuerbilanz auszugleichen. Ob diese zweifache Ausrichtung für den Bilanzersteller eine Erleichterung – wie es ja die Richtlinie insbesondere für die KMU erwirken will – ist, bleibt abzuwarten. Der erste unter das Regime der RÄG fallende Regelbilanzstichtag ist der 31.12.2016. Im Folgenden wird anhand von einzelnen ausgewählten Änderungen, die sich im Zuge des RÄG 2014 ergeben, untersucht, inwieweit sich diese Ziele gemeinsam erfüllen lassen oder doch konträr zueinander stehen.

Doppelte Zielsetzung

Unter dieser doppelten Zielsetzung überrascht zunächst die Neufassung des § 198 UGB zu den Personengesellschaften. Die nun wegfallende Einschränkung auf unternehmerisch tä- tige Personengesellschafte bewirkt, dass künftig auch die rein vermögensverwaltenden GmbH & CO KG unter die Rechnungslegungs- und Offenlegungspflicht fällt, wobei ein nicht unbedeutender Anteil dieser Gesellschaften wohl der neu geschaffenen Kategorie der Kleinstgesellschaften zuzuordnen sein wird. Nichtsdestotrotz stellen die neuen Verpflichtungen einen erheblichen und nicht nur einmaligen Mehraufwand für diese Gesellschaften dar. Auch der Hinweis in den Erläuterungen zum RÄG 2014, dass eine Beschränkung auf „unternehmerisch tätige“ Personengesellschaften der Richtlinie fremd ist, täuscht nicht über die Tatsache hinweg, dass hier dem eigentlichen Ziel der Richtlinie zur Vereinfachung nicht nur nicht entsprochen, sondern diesem sogar entgegengewirkt wird. Auch ein Schritt hin zur Einheitsbilanz ist hier nicht gegeben.

Eine Erleichterung für den Rechtsanwender und im internationalen Gebrauch (wie z.B. in den IFRS) bereits bekannt ist die Einführung von Definitionen im Gesetzestext des § 189a UGB. So wurde der beizulegende Wert inhaltsgleich mit dem steuerlichen Teilwert definiert. Dies entspricht eindeutig dem Ziel der Einheitsbilanz, in der Praxis erleichtert dies aber nicht die tatsächliche Ermittlung dieser beiden nun gleichen Werte. Dagegen steht die neue und erweiterte Definition der Umsatzerlöse nicht unbedingt im Fokus der Einheitsbilanz. Im Konzernbereich, in dem regelmäßig weiterverrechnete Kosten oder Kostenersatzzahlungen als Erträge in den Tochtergesellschaften, die ausgelagerte Funktionen für den Konzern übernehmen, anfallen, wird es zu Umgliederungen von den sonstige Erträgen hin zu den Umsatzerlösen und folglich zu einem Wechsel von der Größenklasse einer kleinen hin zu der einer mittleren Kapitalgesellschaft kommen. Die damit einhergehende Pflicht zur (neugeregelten) Bilanzierung aktiver latenter Steuern, zur Aufstellung eines Lageberichtes sowie zur Prüfung des Jahresabschlusses bedeutet alles andere als eine Vereinfachung für das betreffende Unternehmen.

Die Änderungen im Bereich der Bilanzierung latenter Steuern, die Verpflichtung zum Ausweis einer aktiven Steuerlatenz für mittelgroße und große Gesellschaften und der Übergang zum bilanzorientierten temporary concept sind aus Sicht der internationalen Vergleichbarkeit zu begrüßen. Ein Fokus auf die Einheitsbilanz kann hier naturgemäß, wie auch bei den geänderten Bestimmungen zur Aufstellungen des Konzernabschlusses, nicht gelegt werden.

Bessere internationale Vergleichbarkeit

Einen Beitrag zur besseren internationalen Vergleichbarkeit und zur Reduktion von Wahlrechten hätte auch die verpflichtende Bildung bestimmter Aufwandsrückstellungen bedeutet, die im Ministerialentwurf des RÄG 2014 ursprünglich vorgehsehen war. Da die steuerliche Abzugsfähigkeit dieser Posten wohl nicht in Aussicht gestellt wurde, hat sich der Gesetzgeber dann doch dem Ziel der Einheitsbilanz gefügt und in der endgültigen Fassung keine Änderungen zur bestehenden Gesetzeslage vorgesehen. Anders wurde bei der Schaffung des neuen § 201 Abs. 22 Z 7 UGB vorgegangen. Dieser sieht die Einführung des Grundsatzes der verlässlichen Schätzung vor. Die steuerliche Anerkennung solcher Pauschalrückstellungen und Pauschalwertberichtigungen ist aber – so führen es auch die Gesetzesmaterialien aus – einer weiteren Novelle des Einkommensteuergesetzes vorbehalten. Die Maßgabe der umsichtigen Beurteilung sowie des Vorliegens statistisch ermittelbarer Erfahrungswerte lassen diese Regelung in der Praxis wohl eher wie ein Bilanzierungswahlrecht erscheinen, sodass diese neugeschaffene Regelung weder dem Ziel der Einheitsbilanz noch der Reduktion von Wahlrechten dient.

Für langfristige Rückstellungen normiert nun § 211 Abs. 2 UGB eindeutig, dass diese – falls sie eine Restlaufzeit von mehr als einem Jahr aufweisen – mit einem marktüblichen Zinssatz abzuzinsen sind. Dies bedeutet prinzipiell eine Annäherung an die steuerlichen Vorschriften, die die Kürzung langfristiger Rückstellungen mit einem pauschalen Satz von 20% bereits länger bzw. mit einer Abzinsung um 3,5% p.a. gemäß § 9 Abs. 5 EStG neuerdings vorsehen. Der vollkommene Schulterschluss zwischen unternehmensrechtlicher und steuerrechtlicher Bilanz in diesem Zusammenhang wird allerdings nicht im Gesetzestext, sondern lediglich in den Erläuterungen hierzu vollzogen. Diese sehen vor, dass bei der Bestimmung der Marktüblichkeit des Zinssatzes der Durchschnittssatz des § 9 Abs. 5 EStG herangezogen werden kann. Nur in dem Fall, dass der Bilanzersteller und gegebenenfalls der Abschlussprüfer diesen Zinssatz als geeignet erachten, ergibt sich hier die partielle Erfüllung des Zieles der Einheitsbilanz. Die in den Erläuterungen ebenfalls als Orientierungsmöglichkeit angeführten „deutschen Kundmachungen der Rechtsverordnungen nach § 253 Abs. 2 vierter Satz dHGB“ weist für den Stichtag September 2015 bei einer Restlaufzeit von einem Jahr einen Abzinsungssatz in Höhe von 2,21% aus. Dieser Zinssatz steigt mit zunehmender Restlaufzeit, bei einer Restlaufzeit von neun Jahren beträgt er beispielsweise 3,55%.

Als letztes dieser Beispiele sei noch der von der BilanzRichtlinie geforderte und in § 203 (5) UGB implementierte höchstzulässige Zeitraum einer Firmenwertabschreibung zu nennen. Natürlich sind es nicht die steuerrechtlich vorgesehenen 15 Jahre geworden. Ich denke, dazu erübrigt sich jeder Kommentar, erinnern wir uns lieber, wie es dem Truffaldino, dem tatsächlichen Diener zweier Herren, ergangen ist. Er hat furchtbaren Wirbel erzeugt, seine Herrschaften verwechselt, diese beinahe ins Unglück getrieben. Zum Schluss ging alles gut aus und alle waren zufrieden. Das ist halt der Unterschied zwischen dem RÄG 2014 und der Commedia dell’Arte.

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