PRÜFUNGEN. Nach erfolgreich abgelegtem schriftlichem Prüfungsteil folgt auf dem Weg zum Steuerberater die mündliche Fachprüfung. Dazu muss sich der Kandidat einer Kommission stellen. Von Paul Machat
Es handelt sich dabei um Berufsangehörige (d.h. Wirtschaftstreuhänder), Bedienstete des Höheren Finanzdienstes, Mitglieder des Bundesfinanzgerichts, Hochschullehrer und andere hervorragende Fachleute. Dem Vorsitzenden – bei diesem handelt es sich nicht um einen Berufsangehörigen – gilt es bei der Prüfung ein besonderes Augenmerk zu schenken. In knappen Fällen kann dieser das Zünglein an der Waage sein, da seine Stimme bei Stimmengleichstand der anderen Kommissionsmitglieder darüber entscheidet, ob der Kandidat bestanden hat oder nicht. Das Ergebnis ist unanfechtbar.
Gefragt: Praktisches Anwender-Wissen
Die für die mündliche Prüfung relevanten Fachgebiete finden sich in § 30 Wirtschaftstreuhandberufsgesetz (WTBG), dem wichtigsten Gesetz, wenn es um das Berufsrecht der Steuerberater geht. Sich mit dem Berufsrecht in allen Details auseinanderzusetzen ist auch für einen guten Start in die mündliche Prüfung unerlässlich. Wie so oft, zählt auch hier der erste Eindruck – und das Thema Berufsrecht stellt das erste abgefragte Prüfungsfach dar. Die weiteren Prüfungsfächer sind Rechtslehre, das Abgabenrecht, Betriebswirtschaftslehre und das Thema Rechnungslegung. Gefragt ist praktisches Anwender-Wissen zur Untermauerung des theoretischen Know-hows. Unbedingt sollte sich der Prüfungswerber über aktuelle, auch in den Medien diskutierte Änderungen in den Fachgebieten informieren, da diese gerne in das Prüfungsgespräch aufgenommen werden. Natürlich haben viele Prüfer auch „Lieblingsfachgebiete“, da die Mitglieder aber variieren und vor der Prüfung nicht bekannt sind, ist es am besten, sich viele Prüfungen anzusehen und in Lernzirkeln mit Kollegen Fragen auszutauschen. Die so entstehenden Fragenkataloge helfen, sich mit der Art der Fragestellung in den einzelnen Fachgebieten vertraut zu machen.
Prüfungen werden auf Video aufgezeichnet
Da den Prüfern die schriftlichen Prüfungen und die dazugehörigen Ausführungen des Prüfungswerbers vorliegen, werden darin erkennbare Schwachstellen oft im Zuge der mündlichen Prüfung näher hinterfragt. Es ist daher ratsam, sich mit den relevanten Fragestellungen nochmals speziell auseinanderzusetzen. Auch wenn ein sehr gutes Ergebnis des schriftlichen Prüfungsteils vorliegt, ist es unangebracht überheblich oder arrogant aufzutreten. Ebenso ist es nicht sinnvoll, nicht-fachliche Diskussionen mit Mitgliedern der Kommission zu führen. Vor Verständnisfragen an die Kommission braucht sich der Kandidat aber nicht zu scheuen. Diese werden in der Regel gerne beantwortet, bzw. die gestellten Fragen neu formuliert oder erläutert.
Für viele Kandidaten ist es hilfreich, die Prüfungssituation vorab im Kopf durchzuspielen und die erfolgreiche Absolvierung zu visualisieren. Die Prüfungen sind öffentlich, daher muss auch mit Zusehern bei der eigenen Prüfung gerechnet werden. Zusätzlich werden die Prüfungen auf Video aufgezeichnet.
Nach der Prüfung wird man nicht lange auf die Folter gespannt. Das Ergebnis der mündlichen Fachprüfung wird sofort im Anschluss – nach einer 15-minütigen Beratungspause – verkündet. Die Beurteilung lautet entweder „bestanden“ oder „nicht bestanden“. Zumindest in Wien kann schon anhand der Farbe des Papiers, welches überreicht wird, erkannt werden, ob man Erfolg hatte oder nicht.
Mag. Erich Wolf, Mitglied der Prüfungskommission, hat eigene Tipps für alle Prüfungswerber parat: „Die Rechnungslegung wird oft unterschätzt. Wichtig ist auch, dass man sich nicht im Detail verliert. Lernen Sie Definitionen und versuchen Sie die Beispiele in Teile zu zerlegen. Im Zweifelsfall verlangen Sie den Kodex und schlagen nach. Raten ist keine gute Strategie. Grundsätzlich rate ich Ruhe zu bewahren, Luft zu holen und von den Grundsätzen der Rechtsmaterie in das Detail überzuleiten.“
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