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Ausgabe 04/2017

Zu Recht ausgerechnet

PORTRÄT. Nadine Wiedermann-Ondrej leitet im Finanzministerium die Abteilung III/6 und ist zuständig für Versicherungsrecht, Abschlussprüferaufsichtsrecht, wirtschaftliche Eigentümer und Bundeshaftungen – ein Traumjob, sagt sie. Von Karin Pollack

Wer schon einmal im neu adaptierten Bundesministerium für Finanzen war, weiß, dass rein architektonisch betrachtet dort sehr viel gelungen ist. Wer das altehrwürdige Gebäude aus der finsteren Wiener Johannesgasse betritt, staunt erst einmal über so viel Tageslicht. Heller Marmor und viel Glas vermitteln Luftigkeit. Zwar sind die Büros eher klein, dafür aber gemütlich. Zumindest das von Nadine Wiedermann-Ondrej. Seit fünf Jahren leitete sie die Abteilung III/6 und wirkt auch an einem Freitagnachmittag noch ganz frisch. Und das, obwohl über ihren Schreibtisch gerade viele große Projekte laufen. Die Umsetzung des wirtschaftlichen Eigentümerregisters zum Beispiel, oder die PEPP (Pan-European Personal Pension Product), eine EUweit vereinheitlichte Pensionsversorge als vierte Säule im Rentensystem. Auch die IDD (Insurance Distribution Directive) fordert ihre Aufmerksamkeit, sie soll den Vertrieb von Versicherungsprodukten in Europa revolutionieren.

Ihre Rolle in Gesetzwerdungsprozessen liegt ihr, statt Studierender habe sie ihre Mannschaft, denen sie Vertrauensperson und Sparingpartner gleichzeitig sein will.

Im Aufsichtsrat der Abschlussprüferaufsichtsbehörde

„Viele unserer Projekte hier haben einen starken EU-Bezug“, erklärt sie und meint damit auch die Reformen rund um die Abschlussprüfungen. Wiedermann-Ondrej sitzt seit letztem Jahr im Aufsichtsrat der Abschlussprüferaufsichtsbehörde, und ja, die Zusammenarbeit mit den Wirtschaftsprüfern habe sie als sehr konstruktiv erlebt. „Es ist ein gemeinsames Anliegen, die Qualität der Abschlussprüfungen zu steigern“, betont sie. Was ihre unterschiedlichen Projekte miteinander verbindet, ist die Verantwortung für Österreich in all diesen Fragen wahrzunehmen. „Das taugt mir“, bringt sie es salopp auf den Punkt. Sie und ihre 14-köpfige Abteilung bilden einen Brückenschlag nach Brüssel. „Es ist mein Traumjob“, sagt sie, und ihrer Karriere zugrunde läge die „Liebe zu Zahlen“, die sie in ihrer Gymnasiumszeit entdeckte. Nadine Wiedermann-Ondrej, geboren 1977, wuchs mit zwei Schwestern im 18. Bezirk in Wien auf. Sie, die Mittlere, mochte die Schule mehr als die anderen, besonders Mathematik. In der fünften Klasse wechselte sie an die HAK. 

Ihr Schwerpunkt: Besteuerung von Finanzierungen

Nach der Matura entschied sie sich für ein Studium der Handelswissenschaften an der Wiener WU, spezialisierte sich auf Unternehmensrechnung und -revision, „weil ich Rechnungslegung am besten konnte“, sagt sie. Nach einem tollen Auslandssemester in Paris und einem noch tolleren in Hongkong war sie 2002 mit ihrem Studium fertig und begann als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre bei Eva Eberhartinger. Ihr inhaltlicher Schwerpunkt: Besteuerung von Finanzierungen. In ihrer Dissertation beschäftigte sie sich mit hybriden Finanzierungsinstrumenten in der US-amerikanischen Besteuerung, wofür sie ein Forschungssemester in Boston verbrachte. „Wer einen Durchblick im US-Steuerrecht hat, für den ist alles andere ein Spaziergang, sogar das europäische Aufsichtsrecht“, lacht sie. Im Jahr 2008 allerdings las Nadine Wiedermann-Ondrej eine Ausschreibung vom Finanzministerium, die sie reizte. Sie bewarb sich und begann im selben Jahr in der Abteilung für Exportförderung. Im Zuge dessen wurde sie aber auch in eine Reihe von rechnungsrelevanten Projekten involviert und wechselte schließlich in die Abteilung III/6. 2013 wurde ihr die Leitung derselben übertragen. Die Universität hinter sich gelassen zu haben, bereut sie keinen Augenblick. Ihre Rolle in Gesetzwerdungsprozessen liegt ihr, statt Studierender habe sie ihre Mannschaft, denen sie Vertrauensperson und Sparring- Partnerin gleichzeitig sein will. „Und Troubleshooting gehört natürlich auch zu meinen Aufgaben“, ergänzt sie. 

In ihrer Dissertation beschäftigte sie sich mit hybriden Finanzierungsinstrumenten in der US-amerikanischen Besteuerung, wofür sie ein Semester in Boston verbrachte. 

„Bei 155 Puls hört mein kopf zu denken auf“

Wo sie einen Ausgleich zu ihrem Berufsleben findet? „Bei 155 Puls hört mein Kopf zu denken auf, das brauche ich“, sagt sie und weiß genau, wie sie diesen Zustand erreichen kann. Abends kann man sie häufig beim Joggen im Lainzer Tiergarten treffen. Am 12. November ist sie zum ersten Mal einen Marathon gelaufen. „Den originalen Marathon, also den nach Athen“, präzisiert sie strahlend. Nicht nur sie selbst ist stolz, sondern auch ihr Mann und ihre Tochter Theresa, die die zweite Klasse Gymnasium besucht. Gemeinsame Reisen gehören für die drei zu den Höhepunkten im Jahr. Vor allem Südafrika ist ein beliebtes Ziel. „Es ist das schönste Land der Welt“, ist sich Wiedermann-Ondrej sicher. Nicht nur in Österreich, sondern auch in Südafrika ist sie viel zu Fuß unterwegs. „Je steiler und anstrengender, umso lieber ist es mir“, sagt sie, und vielleicht erklärt das ein Stück weit auch ihre Leichtigkeit.  

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