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Ausgabe 04/2022

Die goldene Mitte finden

FINANZSTRAFRECHT. Über „Kooperationskurs“ versus „Konfrontationskurs“ in der Verteidigung Von Klaus Hübner

Mandant:innen, deren Verteidigung Sie übernehmen, verdienen volles Vertrauen und Engagement. Dies bedeutet aber nicht, mit allen „Waffen“ ins „Gefecht“ zu laufen. Oftmals haben wir daher auch die Verantwortung, unseren Mandanten darauf hinzuweisen, dass sich ein von ihm gewünschter unreflektierter und ausschließlicher „Konfrontationskurs“ mit zahlreichen aussichtslosen Anträgen – wegen Befangenheit, Vertagungen etc. – für ihn auch nachteilig auswirken könnte.

Kooperationsgeneigtes Vorgehen
Die gesetzlichen Maßnahmen, welche der Behörde zur Verfügung stehen, dürfen nicht unterschätzt werden. So kann die Finanzbehörde beispielsweise umfangreiche und deshalb imageschädigende Kundenbefragungen durchführen, bei Vorliegen der erforderlichen Voraussetzungen auch existenzgefährdende Sicherstellungsaufträge erlassen sowie Kontenöffnungen oder Hausdurchsuchungen durchführen. Der abgabenrechtliche Sicherstellungsauftrag gemäß § 232 BAO stellt ein besonderes Bedrohungsszenario dar, der etwa zur Sperre von Konten, Hypotheken oder zu Forderungszessionen führen kann. Dieses Risiko ist stets mitzudenken, zumal schnell die (finanzielle) Existenz eines Unternehmens gefährdet sein kann. Aus diesen Gründen kann es oftmals (allerdings nicht immer) ratsam sein, kooperationsgeneigt vorzugehen. Allerdings darf auch nicht alles resignierend geduldet werden, schon gar nicht, wenn die Behörde gravierende Verfehlungen begangen hat. Diese gilt es jedoch sachgemäß vorzubringen bzw. zu bekämpfen. Das Zitat „Nur ein harter Verteidiger ist ein guter Verteidiger“ findet nicht in jeder Situation seinen Niederschlag. Das Einbringen von Aufsichtsbeschwerden, beispielsweise gegen einen Betriebsprüfer, der in einer strafrechtlichen Prüfung womöglich rechtswidrig vorgeht, wird nur selten sinnvoll sein und kann das Klima schädigen, ohne dass dies Ihrem Mandanten nützt. Vielmehr sollte das rechtswidrige Vorgehen des Prüfers im Verfahren beanstandet werden. Unpassend ist es allerdings auch, wenn ein zu hohes Harmoniebedürfnis angestrebt wird und bei jeder kontroversen Situation sofort der Rückzug angetreten sowie jegliche sachlich erforderliche Konfrontation vermieden wird. Wie immer gilt es daher, die goldene Mitte zu finden.

Gegenseitiger Respekt und das Verständnis des Strafreferenten
Mandant:innen sollten jedenfalls in alle Ihre taktischen Überlegungen eingebunden sein, sodass sie Ihre Vorgangsweise nachvollziehen können. Keinesfalls dürfen Sie Mandant:innen „verraten“, nur um die Beziehung mit den jeweiligen Strafreferent:innen zu pflegen. Ein erfahrener Strafreferent hat dafür auch Verständnis und weiß, dass es unsere Berufspflicht als Verteidiger ist, für Mandant:innen engagiert aufzutreten. Strafrechtliche Verteidigung erfordert jedenfalls Ihr Engagement, sollte aber ansonsten von gegenseitigem Respekt gegenüber den am Verfahren beteiligten Personen getragen sein. Nicht sachgerechte Konflikte sowie für Mandant:innen nachteilige Folgen können so meist verhindert werden.

Erscheinungsdatum:

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