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enn Politik eine Bühne ist, auf der Minister die
Hauptdarsteller sind, dann hat Ende 2017 so et-
was wie eine Neubesetzung stattgefunden. „Ge-
nerationenwechsel“ nennen es viele. Von einem Tag auf den
anderen kamen Menschen vor den Vorhang, die bisher we-
nig im Rampenlicht standen. Hartmut Löger zum Beispiel.
Ihn kannte man nur in Versicherungskreisen als Österreich-
Chef der Uniqa Insurance Group, verantwortlich für rund
5.000 Mitarbeiter und 3,5 Millionen Kunden. „Als Finanz-
minister trage ich jetzt Verantwortung für alle Österreicher
und Österreicherinnen. Ich muss mehr Parameter bedenken
als imKosmos eines Unternehmens“, sagt er unmittelbar nach
seiner Ernennung. Löger ist seit Andreas Staribacher 1995 der
erste Finanzminister ohne politische Erfahrung. Als „insge-
samt unaufgeregt“ charakterisiert er sich selbst. Mit diesem
Grundprinzip hat es der aus einfachen Verhältnissen stam-
mende Steirer weit gebracht. Geboren 1965 in Selzthal wuchs
er als Sohn eines Eisenbahners in dritter Generation auf. Ein
Babyfoto zeigt ihn auf einer Dampflok. Sein familiäres Um-
feld bezeichnet er selbst als stark sozialpolitisch geprägt. Er
besuchte das Stiftsgymnasium in Admont und begann nach
der Matura eine Pilotenausbildung beim Bundesheer. Bei
einer Nachtübung verletzte er sich das linke Knie so stark,
dass er diesen Lebenstraum aufgeben musste. „Mein Vater sah
nur den einen Ausweg: Ich sollte Eisenbahner in vierter Ge-
neration werden“, erzählte er dem „Kurier“. Davor flüchtete
er nach Wien, wo er eher zufällig einen Universitätslehrgang
für Versicherungswirtschaft an der WU absolvierte und die-
se Ausbildung später in St. Gallen vertiefte. Löger gründete
früh eine Familie, musste Geld für seine Frau und die beiden
Kinder verdienen. Retrospektiv arbeitete sich der Steirer von
ganz unten nach oben. Zuerst als Kundenbetreuer bei einem
Versicherungsmakler, dann als Verkaufsleiter bei der Allianz-
Ein unbeschriebenes Blatt
PORTRÄT.
Im Dezember wurde Hartmut Löger als neuer Finanzminister vereidigt –
er kommt mit viel Erfahrung aus der Versicherungsbranche ins Regierungsamt.
Von Karin Pollack
© BMF
Eher zufällig absolvierte
Löger einen Universitäts-
lehrgang für Versiche-
rungswirtschaft an der
WU in Wien.
„Mein Vater sah nur einen Ausweg:
Ich sollte Eisenbahner in vierter Generation
werden“, erzählt Löger. Davor flüchtete
er nach Wien.
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