ÖGWThema - page 29

wirtschafts
prüfer
AusderSicht desPrüfers
Wirtschaftsprüfer.
ImRahmendes am13. 8. 2015 imBundesgesetzblatt
veröffentlichtenStrafrechtsänderungsgesetzes 2015wurdedasBilanzstrafrecht
neugefasst. VonRobert Reiter
D
iebisher inverschiedenstenGesetzen enthaltenenBestim-
mungenwurden– soweit sinnvoll – in§163a StGB für
die Entscheidungsträger (Organe) von Verbänden und deren
Beauftragten, in § 163b StGB für Prüfer vereinheitlicht, wo-
bei in § 163c StGB die Verbände taxativ aufgezählt sind und
§163dStGBBestimmungenzur tätigenReueenthält.Dieneu-
enBestimmungen tretenmit 1. 1. 2016 inKraft.
Die Deliktsbezeichnung des § 163b StGB lautet nunmehr
UnvertretbareBerichtevonPrüfernbestimmterVerbände.Nach
denErläuterungen indenGesetzesmaterialien soll eine spürbare
BegrenzungderStrafbarkeit imSinnederUltimaratio-Funktion
erreicht werden. Nur noch tatsächlich strafwürdige Einzelfälle
sollen sanktioniertwerden.Dies soll durch einebessereAbstim-
mung mit den Begriffen des Gesellschafts- und Rechnungsle-
gungsrechts im Sinne einer Präzisierung des dem Strafrecht in-
newohnendenBestimmtheitsgebots erreichtwerden.
Zwei jahreFreiheitsstrafe
ImZugederReformwurdedasStrafausmaßauf zwei JahreFrei-
heitsstrafe vereinheitlicht, beiDelikten imZusammenhangmit
börsenotiertenVerbändenbeträgt das Strafausmaßdrei Jahre.
Das Strafdelikt ist unverändert als abstraktes Gefährdungs-
delikt normiert. Zur Verwirklichung des Tatbestandes wird
nunmehr insbesondere bei Prüfberichten der Grundsatz der
Wesentlichkeit im Sinne des UGB und die Unvertretbarkeit
sowieder abstrakt als geeignet anzusehende erheblicheSchaden
für den Verband, dessen Gesellschafter, Mitglieder, Gläubiger
oderAnleger vorausgesetzt.
Unverändert setzt das Strafdelikt Vorsatz voraus. Das neu
eingeführte Tatbestandselement Unvertretbarkeit bringt eine
vomBerufsstand in seiner Stellungnahme zumBegutachtungs-
entwurf geforderte, Wissentlichkeit im Sinne von § 5 Abs. 3
StGBnahekommendeVorsatzkomponentemit sich.
Die Erläuterungen stellen klar, dass mit dem vorgeschla-
genen Straftatbestand keineswegs ein neuer Maßstab für Prü-
fungen eingeführt werden soll, sondern es wird vielmehr der
Maßstabder jeweiligenMateriengesetze zuGrunde gelegt.Das
BilanzstrafrechtverweistbeidenDelikten fürdenPrüferaufden
GrundsatzderWesentlichkeit imSinnedes §189aZ10UGB.
Der Prüfer wird dieWesentlichkeit nach der ISA bei der Pla-
nung der durchzuführendenPrüfungshandlungen zu beachten
haben.
Ausdrücklich wird auf die Komplexität von Rechnungsle-
gungsbestimmungen indenErläuterungenhingewiesen.Durch
das Bestehen von zulässigenBewertungs- oder anderenErmes-
sensspielräumen führt deren Einhaltung nicht automatisch zu
einem einzigen richtigenErgebnis. Strafbar im Sinne einer un-
vertretbaren Bilanz kann nur sein, was außerhalb dieser zuläs-
sigenSpielräume liegt.
Unterlassungder Redepflicht
Sanktioniert sind falscheoderunvollständigeDarstellungenwe-
sentlicher Informationen imPrüfungsbericht eines Jahres- oder
Konzernabschlusses sowie der Lageberichte. Das Gesetz zählt
die betroffenen Pflichtprüfungen auf und ergänzt diese durch
eine Generalklausel. Nach den Erläuterungen fallen zukünftig
auch freiwilligePrüfungenunterdasBilanzstrafrecht.
Die Erteilung eines unrichtigen Bestätigungsvermerks ist
strafbar, sofern dies in unvertretbarerWeise erfolgt und einen
erheblichen Schaden für den
Verband, dessen Gesellschafter,
Mitglieder, Gläubiger oder An-
legerherbeiführenkann.
Die Unterlassung der
Redepflicht bei Bestandsge-
fährdung im Sinne des § 273
Abs. 2 erster Fall UGB wurde
als eigener Straftatbestand neu
aufgenommen. Die anderen
Fälle derRedepflicht des §273
UGB sindvonderStrafbestim-
mung nicht erfasst. Wichtig
ist jedoch anzumerken, dass
für diesen Straftatbestand der
unterlassenen Redepflicht we-
gen Bestandsgefährdung die
VoraussetzungenderUnvertretbarkeit unddes abstrakt zube-
urteilenden erheblichen Schadens nicht erfüllt werden brau-
chen, somit dolus eventualis ausreicht.
SignifikanteVerbesserung
Durch das neue Bilanzstrafrecht ist für den Prüfer eine gegen-
über der bisherigenRechtslage signifikanteVerbesserung inder
Rechtssicherheit eingetreten. Die erfolgte Trennung zwischen
denEntscheidungsträgern (Organen) einesVerbandesunddem
Prüfer sowie die zusätzlich eingeführtenTatbestandsvorausset-
zungen sollten bei einer gewissenhaften Berufsausübung des
Prüfers vorungerechtfertigtenAnklagen schützen.
n
ZumAutor
Mag. Dr. Robert
Reiter istWirt-
schaftsprüfer und
Steuerberater
office@contax.at
StrengePrüfer:
Aber unverändert
setzt dasStraf­
delikt Vorsatz
voraus
©melnichuk_ira/istock
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