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Das ursprüng-
lich erteilte
Prüfungsurteil
bleibt bei einer
Nachprüfung
grundsätzlich
wirksam.
W
ird ein Jahresabschluss oder La-
gebericht nach Vorlage des Prü-
fungsberichts geändert, so ist gemäß
§ 269 Abs. 4 UGB die Änderung dem
Abschlussprüfer bekanntzugeben, der sie
mit ihren Auswirkungen zu prüfen hat.
Diese sogenannte Nachtragsprüfung hat
bei jeder Art von Änderungen des Jah-
resabschlusses oder Lageberichts zu er-
folgen, ausgenommen davon sind reine
Zeichen- oder Rechtschreibfehler. Vom
Nachtragsprüfer ist zu prüfen, ob die
durchgeführten Änderungen als solche
zulässig waren und ob diese ggf. durch
die erforderlich gewordenen Folgeände-
rungen im Jahresabschluss (insbesondere
im Anhang) oder Lagebericht vorge-
nommen wurden.
Das ursprünglich erteilte Prüfungs-
urteil bleibt bei einer Nachtragsprüfung
grundsätzlich wirksam, es muss jedoch
entsprechend ergänzt, erforderlichenfalls
modifiziert werden. Führt die Nach-
tragsprüfung zum Ergebnis, dass das
ursprünglich erteilte uneingeschränkte
Prüfungsurteil unverändert aufrechter-
halten werden kann, ist daher dennoch
eine Ergänzung des Prüfungsurteils er-
forderlich, um klarzustellen, dass sich das
Prüfungsurteil auf einen geänderten Jah-
resabschluss bezieht. Nach dem gesam-
ten Bestätigungsvermerk (mit seinem
ursprünglichen Datum) ist ein Prüfungs-
urteil zur Nachtragsprüfung mit dem
Datum des Abschlusses der Nachtrags-
prüfung anzufügen.
Gemäß Fachgutachten KFS/PG 3
Rz 114 hat die Nachtragsprüfung nur
die nachträglichen Änderungen des Jah-
resabschlusses und/oder des Lageberichts
und die Auswirkungen dieser Änderun-
gen zu umfassen. Dazu bestehen jedoch
die drei im Folgenden behandelten Aus-
nahmen.
Die Fehler prüfen
JAHRESABSCHLÜSSE.
Die Nachtragsprüfung und ihre Besonderheiten.
Von Martin Schereda
wirtschafts
prüfer
ZUM AUTOR
Dr. Martin
Schereda ist
Wirtschaftsprüfer
und Steuerberater
martin.schereda@
bdo.at
1. Bekanntwerden von Fehlern
Werden dem Prüfer erst im Rahmen der
Nachtragsprüfung wesentliche Fehler
im Jahresabschluss oder Lagebericht be-
kannt bzw. bewusst, die bereits bei der ur-
sprünglichen Prüfung zu einem anderen
Prüfungsurteil geführt hätten, so hat er
diese Umstände beim Prüfungsurteil der
Nachtragsprüfung zu berücksichtigen.
Dies bedeutet, dass wesentliche Fehler,
auch wenn sie nicht mit den Änderun-
gen im Jahresabschluss oder Lagebericht
in Zusammenhang stehen, entweder
korrigiert werden müssen oder zu einer
Anpassung (Einschränkung oder Versa-
gung) des Bestätigungsvermerks führen.
2. Subsequent events
Die Ereignisse nach dem Bilanzstichtag
(subsequent events) sind jedenfalls im
Rahmen einer Nachtragsprüfung zu prü-
fen bzw. die Subsequent-events-Prüfung
ist auf den Zeitraum bis zum Abschluss
der Nachtragsprüfung zu erweitern. Im
Rahmen der Nachtragsprüfung kann
es daher auch dann zu einem weiteren
Anpassungsbedarf kommen, wenn der
Jahresabschluss, der Lagebericht und das
Prüfungsurteil ex ante zum Zeitpunkt
der ursprünglichen Prüfung richtig wa-
ren, jedoch
werterhellende
Ereignisse zum
Zeitpunkt des Abschlusses der Nach-
tragsprüfung zu einer wesentlich anderen
Beurteilung führen. Wertbegründende
Ereignisse sind dabei grundsätzlich nicht
zu berücksichtigen.
Der adaptierte Jahresabschluss (ins-
besondere Anhang) und Lagebericht
sind mit einem neuen Datum zu ver-
sehen. Textliche Anpassungen sind ggf.
notwendig, indem z.B. nicht mehr von
der voraussichtlichen Entwicklung ge-
sprochen werden kann, wenn die ange-
führten Erwartungen bereits zwischen
dem Abschluss der ursprünglichen Ab-
schlussprüfung und der Änderung des
Jahresabschlusses eingetreten (oder nicht
eingetreten) sind.
3. Fortführungsprämisse
Ebenfalls ist die Fortführungsprämisse
(Going-concern-Prämisse) zum Zeit-
punkt der Nachtragsprüfung erneut
zu beurteilen. Ist die Going-concern-
Prämisse zum Zeitpunkt der Nachtrags-
prüfung nicht mehr gerechtfertigt, so
hat der Nachtragsprüfer diese Tatsache
beim Prüfungsurteil der Nachtragsprü-
fung zu berücksichtigen. War die bei der
ursprünglichen Abschlussprüfung ange-
nommene Going-concern-Prämisse ex
ante zum Zeitpunkt des ursprünglichen
Testats gerechtfertigt, kann sie daher im
Rahmen der Nachtragsprüfung nicht
beibehalten werden, wenn sie zum Zeit-
punkt der Nachtragsprüfung nicht mehr
gerechtfertigt ist. ImGegensatz zu sonsti-
gen Ereignissen nach dem Bilanzstichtag
sind Tatsachen, die zu einem Abgehen
von der Fortführungsprämisse führen,
nicht nur zu berücksichtigen, wenn sie
werterhellend
sind, sondern auch dann,
wenn sie
wertbegründend
sind.
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