ZurAutorin
Dr. Verena
Trenkwalder ist
Wirtschaftsprüferin
undVorsitzende
desFachsenats
für Steuerrecht
vtrenkwalder@kpmg.at
IstSteuernsparen
unmoralisch?
Steuergestaltung.
Über dieForderungnachnochmehr Transparenz.
VonVerenaTrenkwalder
im
fokus
I
n Deutschland wurde dieser Tage das Steuerumgehungs-
bekämpfungsgesetz verabschiedet. Damit sollen die Mög-
lichkeiten zur Steuerumgehung mittels Domizilgesellschaften
(vulgoBriefkastenfirmen) erschwertwerden.Zukünftigmüssen
sämtlicheunmittelbarenundmittelbarenBeteiligungen an aus-
ländischen Gesellschaften offengelegt werden. Steuerpflichtige
müssenGeschäftsbeziehungen zu von ihnen unmittelbar oder
mittelbar beherrschtenPersonengesellschaften, Körperschaften,
Personenvereinigungen oder Vermögensmassen inDrittstaaten
anzeigen. DieMöglichkeit von Sammelauskunftsersuchen der
Finanzbehörden wird deutlich erweitert. Die Steuerhinterzie-
hung durch verdeckte Geschäftsbeziehungen zu vom Steuer-
pflichtigen beherrschten Drittstaatgesellschaften wird in den
Katalog der besonders schweren Steuerhinterziehungen aufge-
nommen.
Dieses Gesetzesvorhaben geht den Landesfinanzministern
noch zu wenig weit. Sie fordern noch mehr Transparenz und
wollen unter anderem Promotoren, das sind Personen oder
Unternehmen, die Steuergestaltungen amMarkt gegenEntgelt
anbieten und vertreiben, dazu verpflichten, Steuersparmodelle
zumelden.Das trifft auchSteuerberater!
WettbewerbversusHinterziehung
In der Diskussion wird vieles durchein-
ander gebracht. Ich glaube aber, dass
es wichtig ist, genau hier exakt zu
differenzieren. Werden Gewinne in
eine Steueroase verlagert, ohne dass
dort wirtschaftliches Substrat
vorhanden ist oder tatsächlich
Funktionen erfüllt werden,
handelt es sich um Steuer-
hinterziehung. Das bestehen-
de Recht bietet ausreichend
Möglichkeiten, derartige
Transaktionen nicht
anzuerkennen und
zu sanktionieren.
Wenn jedoch Un-
ternehmen in einem
anderen Staat tätig sind,
dort über entsprechende Produktionsfaktoren verfügen,
Tätigkeiten erbringen und Gewinne generieren, dann ist
daran nichtsVerwerfliches zu erblicken. Letztendlich sind
Steuern aus Sicht des Unternehmens Kosten, die genauso wie
Arbeits- oderMaterialkosten in eine gesamtwirtschaftlicheEnt-
scheidung des Unternehmens einfließen. Werden Betriebe in
ein anderes Land verlagert, so steht demWegzugstaat überdies
dasRecht auf eine entsprechendeExit-Besteuerung zu.
WennmandenSteuerwettbewerb fürunmoralischoderver-
werflich hält oder ihn nicht möchte, müsste dieOECD (oder
zumindest die EU) eine einheitliche Besteuerung vornehmen
oder zumindestMindeststeuersätze einführen.
Stattdessenhat geradewieder einWettlauf umdie niedrigs-
tenUnternehmenssteuernbegonnen.UngarnkündigteineSen-
kung der Körperschaftsteuer auf 9Prozent an, Großbritannien
möchtedieUnternehmenssteuern auf dasniedrigsteNiveau in-
nerhalb der 20 größten Industrie- und Schwellenländer (G20)
reduzieren.UndauchDonaldTrumphatgroßzügigeSteuersen-
kungen angekündigt.
Pönalisiert werden die Unternehmen, die Geschäftsbezie-
hungenmit diesen Ländern unterhalten oder dort Tochterge-
sellschaftenhaben, obwohl denGeschäftsbeziehungenkeinerlei
böse Absicht zu Grunde liegt. Dies führt zu massiven
Wettbewerbsverzerrungen. Insgesamt wird in der
Diskussion auch übersehen, dass es schwarze Schafe
gibt, jedoch die weitaus überwiegendeMehrheit der
Steuerpflichtigen steuerehrlich ist. Dass in dem
Dschungel an Gesetzen hin und wieder Fehler
passieren, ist legitimundnicht verwunderlich.
Steuerhinterziehung ist entschiedenzu
bekämpfen
Steuergestaltungen, die den Unternehmen
helfen, die Steuerbelastung auf ein wett-
bewerbsfähiges Niveau zu senken, dürfen
jedoch nicht pönalisiert werden, solange sie
legal sind. Aus Sicht der Berater ist völlig klar, dass
es die Pflicht des Steuerberaters ist, denMandantendie
beste rechtlich zulässigeMöglichkeit aufzuzeigen.Dem
Unternehmer dabei zu helfen, Steuern zu sparen, ist
eine der ureigenen Aufgaben des Steuerberaters. Das
ist weder unmoralisch noch darf es kritisiert oder pö-
nalisiert werden. Unmoralisch darf keineKategorie des
Steuerrechts sein. Gegen Anzeige- undMeldepflichten
müssenwir unswehren, dieVerschwiegenheit des Steu-
erberaters ist das höchste Gut eines freien Berufes und
darf nicht ausgehöhlt werden.
n
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1/2017
Steuergestal-
tung ist nicht
Steuerhin-
terziehung,
Moral ist keine
Kategorie im
Steuerrecht!
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