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erTerminkalender vonWerner Mazal ist voll, seinTag
durchgetaktet. Das liegt auch daran, dass er gerade
von einem Forschungsaufenthalt in Japan zurückge-
kommen ist. „Dort gibt es spannende Ansätze, wie das Leben
in einer Gesellschaft geregelt wird, in der immer mehr Men-
schen immer älter werden“, erzählt er. Zudem hat er Sitzungen
an der Universität, eine Diskussion in der Wirtschaftskammer.
Aber um 15:15 an einem sonnigen Frühlingstag gibt es dann
doch 45 Minuten Zeit, um über die Zukunft der Arbeit zu
sprechen. „Digitalisierung, Globalisierung und die alternde
Gesellschaft sind die großen Herausforderungen,“ sagt er. Es
sind seine Kernthemen. Was ihm Sorgen bereitet: Auch die
Institutionen, die in der Vergangenheit Großes geleistet haben,
insbesondere in der Sozialpartnerschaft, seien nicht mehr auf
der Höhe der Zeit und müssten an die heutigen Bedürfnisse
des Arbeitslebens angepasst werden, ist er sich sicher.
Pensionen sind nur eines der vielen brisanten Themen
seines Fachbereichs
Arbeitszeit, Altersteilzeit, Krankenversicherung, Karenz, Ur-
laub, Vereinbarkeit von Beruf und Familie: Über all diese
Themen hat Mazal viel nachgedacht und versteht es als seine
Aufgabe als Universitätsprofessor, seine Expertise zur Verfü-
gung zu stellen. „Arbeitsrechtliche Fragestellungen sind hoch-
kompliziert und für Laien oft nicht leicht verständlich, obwohl
jeder einzelne direkt davon betroffen ist“, sagt er. Und es gäbe
auch niemals eine Lösung, die für alle gleichermaßen passe,
sagt er, das sei das Trickreiche seines Fachgebiets, in dem viele
gesellschaftliche Trends zusammenwirken.
Viele Gespräche hatte er auch mit Bundeskanzler Sebas-
tian Kurz. „Als Jurist bin ich aber nicht Politiker, und schon
gar nicht nur für eine Seite“, betont er, schließlich sei er nicht
der Gesetzgeber, sondern „amalgamiere lediglich Prozesse“,
die Lösungen für die Gesellschaft im zukünftigen 21. Jahr-
hundert aufzeigen. Wo er ansetzt? Bei der Sozialpartnerschaft.
„Wir müssen alle gemeinsam wiederentdecken, dass die Dy-
namik für neue Regelungen nicht nur aus dem Wettstreit
zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern kommt, sondern
dass auch die Interessen des Staats eine wichtige Rolle spielen
müssen“, sagt Mazal und plädiert daher für Tripartismus. In
seiner langen Berufserfahrung hat er am Beispiel der Alters-
teilzeit live miterleben können, wie ein an sich gutes Gesetz
ausgehöhlt und sinnentleert wurde, sagt er, und zielt auf die
sozialpartnerschaftlichen Interessenvertretungen, denen es ein
Anliegen sei, „alles, was nur geht, für ihre Leute rausholen zu
wollen, und dabei das große Ganze aus den Augen zu ver
lieren.“
Wie Arbeit im Wandel ist
PORTRÄT.
Wolfgang Mazal leitet das Institut für Arbeits- und Sozialrecht an der Universität
Wien. Sein Standpunkt: Die Interpretation von Sozialpartnerschaft sollte sich verändern.
Von Karin Pollack
FOTO BEIGESTELLT
Wolfgang Mazal
will Lösungen
für die Gesell-
schaft im
zukünftigen
21. Jahrhundert
aufzeigen
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2/2019
personality