ÖGSWissen - page 12

mitgehen und sich neu erfinden. Nicht
nur mittelgroße und große Kanzleien
stellen sich schon heute der Herausfor-
derung der Zukunft, auch kleine Kanz-
leien.
Nachfolgend wollen wir euch einige
Stimmen aus der Kollegenschaft vorstel-
len, die sich bereits mit Change Manage-
ment, also mit tiefgreifenden Verände-
rungen von Strukturen, Prozessen und
Verhaltensweisen, in ihrer WT-Kanzlei
auseinandergesetzt haben. Steuerberater
und Wirtschaftsprüfer Kollege Heinz
Harb, LBG Österreich, ist dran. Steu-
erberaterin und Kollegin Doris Wagner
hat sich getraut. Wirtschaftsprüfer und
Kollege Günter Mayleitner, MAZARS,
hat es vorgezeigt. Steuerberater und Kol-
lege Robert Baumert, Schabetsberger &
Partner, zeigt uns, wie er damit umgeht.
Was braucht es, um Veränderungen
wie die Digitalisierung in unserer
Branche zu implementieren?
Heinz Harb:
Wichtig ist, den digitalen
Workflow in der Kanzlei und bei den
Klienten zu erkennen und zu gestalten
und uns aktiv einzubringen. Die ge-
wohnte „Papierwelt“ bloß durch digi-
tale Schnittstellen (Bank, ER/AR- und
Registrierkassenfiles) zu ersetzen, kann
nur der erste Schritt sein, der in der Pra-
xis jedoch schon oft anstrengender ist
als er klingt. Allerdings: Erst wenn wir
den ganzen Workflow im Unternehmen
kennen, können wir unser kaufmänni-
sches Know-how voll einbringen, um
die Aufbau- und Ablauforganisation
inkl. IT-Lösungen beim Klienten zu
optimieren und uns zeitnah in die Steu-
erung des Unternehmens einzubringen.
Zusätzliche Geschäftsfelder werden für
unseren Berufsstand entstehen. Erfor-
derliche Skills wie Organisations-, Koor-
dinations- und Kommunikationsstärke,
Überzeugungsskraft und die Fähigkeit
zur Kundenmotivation treten zu unse-
rem facheinschlägigen Know-how stär-
ker denn je hinzu.
Was sind aktuell die größten Heraus-
forderungen und in welchen Berei-
chen sehen Sie die größten Chancen
und Potentiale für Ihre Kanzlei?
Heinz Harb:
Die größte Herausforde­
rung sehe ich darin, die digitale Trans-
formation parallel zum laufenden
„Vollbetrieb“ zu organisieren – und
gleichzeitig betriebsindividuelle Über-
zeugungsarbeit bei Kunden unterschied-
lichster Branchen und Unternehmens-
größen zu leisten. Wir sind gefordert,
gewohnte Abläufe aufzugeben und neue
zu definieren. Unsere Chance liegt dar-
in, uns so zeitnah wie nie zuvor in das
wirtschaftliche Geschehen unserer Kli-
enten einzuklinken und sie bei ihren
täglichen Entscheidungen als Controller
beratend zu unterstützen, z.B. beim pe-
riodischen Berichtswesen, bei der digita-
len Eingangsrechnungsorganisation und
-prüfung, bei der Fakturierung, beim
Zahlungsverkehr und Mahnwesen, bei
der Kalkulation und Budgetierung und
bei betriebswirtschaftlichen Entschei-
dungen.
Doris Wagner:
Um eine Kanzlei-
struktur zu reorganisieren, braucht es
menschliche Ressourcen, die dies über-
nehmen. Hier bedarf es einer genauen
Planung der einzelnen Umsetzungs-
schritten und Menschen, die voll da-
hinter stehen. Für all das braucht es ein
starkes aufgeschlossenes Team, das mit
der Zeit gehen will. Als Führungskraft
obliegt es uns, diese Richtung vorzuge-
ben und im vollen Ausmaß zu leben.
Wir müssen offen sein, Neues zu lernen,
Programme neu zu nutzen oder „Altbe-
währtes“ aufzugeben. Und es wird de-
finitiv Mut und Zeit brauchen und wir
dürfen keine Scheu vor der Veränderung
haben! Es ist eine große Chance und
kein lästiges Übel.
Günther Mayrleitner:
Heute er-
folgreich getestete Geschäftsmodelle
können morgen obsolet sein. Die He-
rausforderung für Steuerberater und
Wirtschaftsprüfer sehe ich darin, sich
dieser Entwicklung und den geänderten
Bedürfnissen der Klienten anzupassen.
Im Grunde bedeutet dies einen Struk-
turwandel und wir werden in Hinkunft
Teil eines interdisziplinären Teams sein,
in dem gerade IT eine große Rolle spielt.
Darauf stellen wir uns ein und auf die-
ser gemeinsamen Reise generieren wir
Mehrwert für unsere Klienten.
Robert Baumert:
Wir wollen digital
organisierten Klienten durch Einsatz
von Datencentern, der Kommunikation
über Portale und der effizienten Verar-
beitung von Schnittstellen technisch
„Wir müssen offen sein,
Neues zu lernen, Programme
neu zu nutzen oder, „Altbe-
währtes“ aufzugeben. Es
wird Zeit und Mut brauchen.
Wir dürfen keine Scheu vor
Veränderung haben.“
Doris Wagner
„Die Veränderung sehe ich
darin, dass unsere Arbeit
flexibler hinsichtlich Zeit und
Ort und, dank Automatisie-
rung, effizienter und güns­
tiger für Klienten geworden
ist.“
Robert Baumert
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