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soft
skills
„B
urnout“ gilt als die neue Volkskrankheit. Die Berichte
allerorts verheißen nichts Gutes und einer Studie der
Gewerkschaft der Privatangestellten zufolge sind inÖsterreich
eineMillionMenschengefährdet.DasBurnout-Syndrom führt
häufig zurKrankschreibung, Arbeitsunfähigkeit oder Frühpen-
sionierung.Was bedeutet es eigentlich? Bis heute gibt es keine
Diagnosekodierung nach ICD, und daher sind es die Symp-
tome, die hier besprochen werden. Der Begriff „Ausgebrannt-
sein“ bezeichnet berufsbezogene und/oder familiär ausgelöste
chronische Erschöpfung. Die Hauptursache sind sogenannte
psychosoziale Belastungen. Betroffene haben das Gefühl, stän-
dig unter Zeitdruck zu stehen, widersprüchliche Anweisungen
zu bekommen oder sich nicht einbringen zu können. Außer-
dem fehlt ihnen oft die Unterstützung von Vorgesetzten oder
Kollegen. Durch diesen Stress amArbeitsplatz entstehen jähr-
lich, lautEU-Schätzung,Kosten inderHöhevon20Milliarden
Euro. Also handelt es sich hierbei nicht nur um persönliches
LeidundbetriebswirtschaftlichenVerlust, sondern auchum ein
volkswirtschaftlichesMillionengrab.
ReformunwillenderGesundheitssysteme
DasThemaPräventionwird zumTeil aus derMutlosigkeit, die
durchdenReformunwillenderGesundheitssystemeentstanden
ist, als Allheilmittel gehandelt. Was bedeutet Prävention und
inwiefern ist Prävention einThema inunseremArbeitsumfeld?
Als Präventionbezeichnetman vorbeugendeMaßnahmen, um
eine unerwünschte Entwicklung zu vermeiden. Der Begriff
kann mit „vorausschauender Problemvermeidung“ übersetzt
werden. Durch die Ottawa-Charta der Weltgesundheitsorga-
nisation (WHO) vom 21. November 1986wurde der Begriff,
der Anfang des 19. Jahrhunderts im heutigen Sinne in der
Rechtswissenschaftgeprägtwurde, indieGesundheitsförderung
eingeführt. Er hat mittlerweile den älteren Begriff Prophylaxe
verdrängt.Prävention zielt aufdieVorbeugungoderFrüherken-
nung von Krankheit ab und spricht sich dabei z.B. für Imp-
fungen, gesundeErnährung, Früherkennungund ausreichende
Bewegung aus.
Die Ottawa-Charta bietet ein Integrationsmodell an, um
unterschiedliche Strategien der Gesundheitsaufklärung, -erzie-
hung, -bildung, -beratung, -selbsthilfe sowie der Präventivme-
dizin anzuwendenund fortzuentwickeln. Ihr gesundheitspoliti-
schesLeitbildwirdauchalsUmorientierungvonderVerhütung
von Krankheiten zur Förderung vonGesundheit beschrieben.
Dies erfordert neue Handlungsprioritäten. Die zentrale Frage
lautet:Was hält denMenschen gesund? Fokussiert werden also
weniger Krankheiten und ihre Entstehung (Pathogenese), son-
dern Determinanten von Gesundheit (Salutogenese). Durch
die Veränderung der Arbeits-, Umwelt- und Lebensbedingun-
gen sowie des individuellen Verhaltens sollen bessere Bedin-
gungen für gesundes Leben geschaffen werden. Dabei ist die
aktiveBeteiligung (Partizipation) der IndividuenundGruppen
in ihrenLebenswelten essentiell, umnachhaltigeBefähigung zu
selbstbestimmtemHandeln zu ermöglichen.
GesundheitsförderungamArbeitsplatz
DieBeschäftigten ineinemBetrieb sind fürdieGesundheitsför-
derung eine in sich geschlossene Adressatengruppe. Es erhöht
dieChance der Beteiligung anGesundheitsprogrammen, da es
indenBetriebenbereits etablierteKommunikationskanälegibt.
EinGrund zur Förderung vonGesundheit amArbeitsplatz ist
der Schutz der Beschäftigten vor Schädigungen ihrer Gesund-
heit, die durchbestimmte beruflicheTätigkeitenhervorgerufen
werden können. Ein anderer Aspekt ist das Arbeitsumfeldmit
seinenAuswirkungenaufdieGesundheit.EineganzeReihevon
Forschungsergebnissen zeigt, dass bestimmte Arbeitsformen
wie Gleichförmigkeit, mangelnder Handlungs- und Entschei-
dungsspielraum, fehlende sozialeUnterstützung und dauerhaf-
ter Stress sichnegativ auf dieGesundheit auswirken.
Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) bezeichnet
eine mehrere Analyse- und Gestaltungsebenen umfassende
Handlungsstrategie auf den EbenenMensch –Organisation –
Arbeit, die strategischundmethodischdarauf abzielt, Gesund-
heitsressourcen im Unternehmen aufzubauen. Definitorisch
und gesundheitspolitisch spielt im europäischen Raum die
Prävention
stattBurnout
Vorsorge.
Über betrieblicheGesund-
heitsförderung. VonAndreaKdolsky
Es handelt
sichhier nicht
nur umper-
sönliches Leid
undbetriebs-
wirtschaft-
lichenVerlust,
sondernum
ein volkswirt-
schaftliches
Millionengrab.
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