ÖGWThema - page 33

ZurAutorin
Dr. Andrea
Kdolsky ist
Bundesministerin
a.D., Fachärztin
undGesund-
heitscoach
kdolsky.andrea@
gmail.com
Luxemburger Deklaration (1997) eine wesentliche Rolle. Die
betrieblicheGesundheitsförderung istauch imThemenkreisder
Vereinbarkeit von Privatleben, Familie und Beruf (Work-Life-
Balance) vonwachsenderBedeutung.
Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) umfasst alle
Maßnahmen von Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Gesell-
schaft zur Verbesserung von Gesundheit und Wohlbefinden
amArbeitsplatz. Dies kann durch eineVerknüpfung folgender
Ansätze erreichtwerden:
VerbesserungvonArbeitsorganisationund
Arbeitsbedingungen
Förderung einer aktivenMitarbeiterbeteiligung
StärkungpersönlicherKompetenzen.
Grundlage für die aktuellen europaweiten Aktivitäten zur
betrieblichenGesundheitsförderung sind zwei Faktoren. Einer-
seits hat dieEG-RahmenrichtlinieArbeitsschutz (Richtliniedes
Rates 89/391/EWG) eine Neuorientierung des traditionellen
Arbeitsschutzes in Gesetzgebung und Praxis eingeleitet. Zum
anderenwächst die Bedeutung des Betriebs als Handlungsfeld
der öffentlichen Gesundheitsvorsorge (Public Health). Nach
diesemVerständnis sind gesunde und qualifizierteMitarbeiter
sowohl in sozialer wie ökonomischer Hinsicht eine Vorausset-
zung fürdenzukünftigenErfolgderEU.Der zuständigeDienst
der Europäischen Kommission hat daher eine Initiative zum
Aufbau eines europäischenNetzwerks fürBetrieblicheGesund-
heitsförderung unterstützt. Die EU ermutigt dieMitgliedstaa-
ten, der Betrieblichen Gesundheitsförderung einen großen
Stellenwert einzuräumen und bei politischen Entscheidungen
FragenderGesundheit amArbeitsplatzmit einzubeziehen.
EinBeispiel ist das der klassischenPathogenese vomAnsatz
her entgegenstehende Salutogenese-Prinzip von Aaron Anto-
novsky. Während die Pathogenese Erkrankungen vermeidet,
geht die Salutogenese weiter und fördert die Gesundheit und
das Wohlbefinden. Aus der Luxemburger Deklaration gehen
folgende Leitlinien zur Umsetzung Betrieblicher Gesundheits-
förderunghervor:
1. DieBelegschaftmuss einbezogenwerden (Partizipation).
2. BGF muss bei allen Entscheidungen in allen Unterneh-
mensbereichenberücksichtigtwerden (Integration).
3. Alle Maßnahmen und Programme müssen systematisch
durchgeführt werden: Bedarfsanalyse, Prioritätensetzung,
Planung, Ausführung, kontinuierliche Kontrolle und
BewertungderErgebnisse (Projektmanagement).
4. BGF beinhaltet sowohl verhaltens- als auch verhältniso-
rientierteMaßnahmen. Sie verbindet den Ansatz der Risi-
koreduktionmit demdes Ausbaus von Schutzfaktorenund
Gesundheitspotentialen (Ganzheitlichkeit).
MitHilfediesesAnsatzeswird angestrebt, gesundheitsbezogene
betrieblicheHandlungsfelderherauszufilternundzuanalysieren
(z.B. Gesundheitssituation im Betrieb/Krankenstände, Fluk-
tuation, Fehlzeiten, Motivationsfragen), um auf dieser Basis
unter entsprechender Partizipation der Mitarbeiter Gesund-
heitsressourcen imUnternehmen aufzubauen. Salutogenwirk-
same betriebliche Gesundheitsprojekte setzenmethodisch den
Schwerpunkt aufMaßnahmenpakete, die unter Beachtung des
Setting-Ansatzes generiert wurden und des Weiteren ein ent-
sprechendesEmpowerment, alsoeine themenbezogeneKompe-
tenzentwicklung seitensderZielgruppe, anstreben.Eineweitere
GrundvoraussetzungnachhaltigerbetrieblicherGesundheitsför-
derung ist diemöglichst permanenteEvaluationderartiger Pro-
jekte. Bei Projekten, mit denen das Arbeitsschutzgesetz umge-
setztwerden soll, ist dieseEvaluationvorgeschrieben.
ArbeitspsychologieundArbeitsmedizin
Kurz gefasst kann man eine salutogen fundierte betriebliche
GesundheitspolitikalsAusdruckderTendenzderÜberformung,
Umwandlung und Integration klassischer Präventionsthemen
(Krankenstände, Gesundheit am Arbeitsplatz und Arbeits-
motivation, Fehlzeiten, Unfallverhütung, menschengerechte
GestaltungvonArbeitundOrganisation)betrachten.Dies stellt
erhöhte fachlicheAnforderungen v.a. andieArbeitspsychologie
und an die Arbeitsmedizin. AuchMitarbeiter im Personalwe-
sen undMitglieder der Betriebs- undPersonalrätemüssen sich
hier entsprechendweiterbilden. Letztlich stellt die Betriebliche
Gesundheitsförderung auch eine Managementthematik bzw.
einmodernes betriebliches Steuerungs-, Integrations- undFüh-
rungsinstrument dar.Grundansatz ist hierbei immer dieEinbe-
ziehungderMitarbeiterunddieErhöhung ihrergesundheitsbe-
zogenenHandlungsfähigkeit (Empowerment).
Der ROI (Return On Investment) für Maßnahmen im
Bereich der Betrieblichen Gesundheitsförderung wird in
einschlägigen internationalen Studien mit dem Verhältnis
1:3 beziffert, was dieses Instrumentarium als ökonomisch
hocheffektiv ausweist. Zusätzlichwerden betrieblich vorteil-
hafte personalpolitische Steuerungsmöglichkeiten erzeugt,
die bis hin zur Unternehmenspolitik, -kultur und -strategie
reichen können (Betriebliches Gesundheitsmanagement).
Einemethodisch abgesicherteKonzeption von betrieblichen
Gesundheitsförderungsprojekten gewährleistet zudem die
Möglichkeit der Übertragung vorhandener Projektdesigns
und einschlägiger Projektergebnisse auf weitere, strukturell
vergleichbareUnternehmensstandorte.
n
BetrieblicheGesund-
heitsförderung (BGF)
bezeichnet eine
mehrereAnalyse-
undGestaltungs­
ebenenumfassende
Handlungsstrategieauf
denEbenenMensch –
Organistation –Arbeit,
die strategischund
methodischdarauf
abzielt, Gesundheits-
ressourcen imUnter-
nehmenaufzubauen.
Mit Hilfedieses
Ansatzeswird
angestrebt,
gesundheits-
bezogene
betriebliche
Handlungs-
felder heraus-
zufilternund
zuanalysieren.
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