ÖGSWissen - page 16

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praxis
trifft. Absicht des Gesetzgebers war es
wohl nur, die durch die Prüfung tatsäch-
lich ausgelöste Entdeckungswahrschein-
lichkeit bei der Selbstanzeige und nicht
auch ungewisse weitere Ansprüche zu
verteuern. Demnach sollte die Abgaben­
erhöhung nur auf die angekündigten
Zeiträume und Abgabenarten Anwen-
dung finden. Vom BFG wird hingegen
die Ansicht vertreten, dass das Wort „an-
lässlich“ in § 29 Abs. 6 keine Einschrän-
kung auf den Prüfungszeitraum und die
im Prüfungsauftrag genannten Abga-
ben vornimmt (vgl. BFG, 21.9.2017,
RV/2100806/2017).
Das hieße, wenn im Fall einer Prü-
fungsanmeldung für die ESt der Jahre
2012 – 2014 auch für die ESt 2010 und
2011 Selbstanzeige erstattet wird, dass
die Mehrergebnisse der ESt-SA 2010
und 2011 nicht zuschlagsfrei, sondern
zuschlagspflichtig sind. (Der VwGH
hat diese Frage noch nicht ausjudiziert.)
Der Zuschlag kann aber jedenfalls nur
für Abgaben festgesetzt werden, für wel-
che noch eine Festsetzung möglich ist,
also noch keine Verjährung eingetreten
ist. Weil die Abgabenerhöhung als Ne-
benanspruch im Sinne der BAO gilt,
kann die Erhöhung nur einmal vorge-
schrieben werden. Dies auch, wenn
mehrere Täter in der Anzeige genannt
oder involviert sind.
Fahrlässige oder grob
fahrlässige Begehung
Die Abgabenerhöhung kommt nur bei
„vorsätzlichen oder grob fahrlässig be-
gangenen Finanzvergehen“ zum Tragen.
Ausreichend ist schon bedingter Vorsatz,
wobei der Täter die Hinterziehung hier-
bei zwar nicht für gewiss, aber so doch
ernsthaft für möglich hält und sich mit
ihr abfindet. Grob fahrlässig handelt
gemäß § 8 Abs. 3 FinStrG, wer unge-
wöhnlich und auffallend sorgfaltswidrig
handelt, so dass der Eintritt eines dem
gesetzlichen Tatbild entsprechenden SV
als geradezu wahrscheinlich vorhersehbar
war.
Diese subjektive Tatseite ist als Vor-
frage gemäß § 116 BAO zu klären und
zu begründen, wobei Fälle bekannt sind,
bei denen die Finanzbehörde auch bei
leichter Fahrlässigkeit den Zuschlag (zu
Unrecht) festgesetzt hat und dies eine
Bekämpfung mit Bescheidbeschwerde
erforderlich macht. Allerdings empfiehlt
sich in diesem Fall trotzdem dringend die
Entrichtung der Abgabenerhöhung, weil
die Abgrenzung von leichter zu grober
Fahrlässigkeit nicht immer leicht ist und
somit das Risiko besteht, dass man nicht
obsiegt! Wird ein ZE-Ansuchen für die
Entrichtung der Zuschlages gestellt, so
ist sicherzustellen, dass die Zweijahres-
frist nicht überschritten wird. (Ein Aus-
W
ird Selbstanzeige für vorsätzliche
und grob fahrlässig begangene
Finanzvergehen anlässlich von Prüfungs-
handlungennach derenAnmeldung (An-
kündigung) erstattet, tritt Straffreiheit
nur unter der weiteren Voraussetzung
ein, dass auch die mit Bescheid der Ab-
gabenbehörde festzusetzende Abgaben­
erhöhung (gestaffelt je nach Höhe der
Summe der sich aus den Selbstanzeigen
ergebenden Mehrbeträge i.H.v. 5 bis
30 %) rechtzeitig entrichtet wird.
Die volle Straffreiheit verlangt also
dann nicht nur die Schadensgutma-
chung des Abgabenbetrages, sondern
auch noch die rechtzeitige Entrichtung
der (nicht absetzbaren) Abgabenerhö-
hung. Weil die Behörde die Beweislast
für die erfolgte Prüfungsankündigung
trägt, wird sie diese wohl entsprechend
dokumentieren müssen, wobei eine An-
meldung zur Prüfung auch die Bekannt-
gabe der Abgabenarten und Zeiträume
erfordert. Strittig könnte werden, ob eine
Ankündigung nur per E-Mail die Abga-
benerhöhung auslöst.
Welcher Abgabenanspruch ist
„anlässlich“ von Prüfungshandlungen
betroffen?
Auch diese Frage ist zurzeit umstritten,
weil die Regelung nach § 29 Abs. 6 dar-
über keine ausdrückliche Anordnung
Selbstanzeige
nach Prüfungs-
ankündigung
FinStrG.
Mit der FinStrG-Novelle 2014 wurde
bei der Selbstanzeige ein neuer § 29 Abs. 6 formuliert,
der das Ziel hat, Selbstanzeigen, die in zeitlicher Nähe
von Prüfungen erstattet werden, zu verteuern.
Von Klaus Hübner
ZUM AUTOR
Klaus Hübner
ist Präsident
der ÖGSW
klaus.huebner@
huebner.at
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