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it der Senkung der Ein-
kommensteuersätze sowie
der gleichzeitigen Anhe-
bung der Kapitalertragsteuer von
25% auf 27,5% ab 1.1.2016 haben
sich die ertragsteuerlichen Voraus-
setzungen für die Rechtsformwahl
wesentlich geändert. Waren Kapi-
talgesellschaften bis zu diesem Zeit-
punkt selbst im Fall einer Vollaus-
schüttung in der Regel abGewinnen
von jährlich EUR 350.000,– steuer-
lich jedenfalls vorteilhaft, so erhöhte
sich diese Grenze ab 2016 auf knapp
EUR 600.000,– (siehe auch Ma-
nessinger in ÖGWThema Ausgabe
3/2015). Dennoch sind Änderungen
der Steuertarife für steuerlich mo-
tivierte Rechtsformwechsel oftmals
nur von untergeordneter Bedeutung.
Wichtiger ist in der Regel die Frage,
ob im Fall eines Einzelunternehmens
oder einer Personengesellschaft mit
natürlichen Personen als Gesell-
schaftern ein investitionsbedingter
Gewinnfreibetrag in Anspruch ge-
nommen werden kann sowie ob die
im Betrieb erzielten Gewinne ausge-
schüttet werden oder zur Finanzie-
rung von Kreditrückzahlungen und
künftigen Investitionen im Unter-
nehmen verbleiben sollen.
ImKMU-Bereich stellenmeist fol-
gende Umstände Gründe für Rechts-
formänderungendar:
HäufigeGründe für Rechtsform
änderungen imKMU-Bereich
Vorbereitung der Unternehmens-
nachfolge inder Familie
Inanspruchnahme einer vorzei-
tigen Alterspension ohne Betriebs-
aufgabe oder Betriebsübertragung
Wunsch nach Haftungsbeschrän-
kungen
Bei- bzw. Austritt vonGesellschaf-
tern
Vereinfachung der Unterneh-
mensstruktur durch steuerneutrale
Unternehmenszusammenschlüsse
(Nutzung von Synergieeffekten,
Kostenreduzierung, Vertragsbün-
delung)
Verbesserung des Bilanzbildes
Steueroptimale
Strukturierung
eines
Unternehmenserwerbs/
-verkaufs (Umgründung anstelle
von Realisierung, vorbereitende
Umgründung vor Betriebserwerb/
-verkauf)
Vermeidung einer drohenden steu-
erlichen Betriebsaufgabe bei lang-
fristiger Verpachtung des Unter-
nehmens
Nutzung vonVerlustvorträgen
Reduzierung von Abgabenlasten
aufgrund der Rechtsform (durch
Nutzung der unterschiedlichen
Steuertarife im KStG und EStG,
bei Finanzierungs- und Investi-
tionsbedarf,
Hauptwohnsitzbe-
günstigung bei späterer Betriebs-
aufgabe)
Vermeidung von Offenlegungs-
pflichten
Wie aus der Aufzählung ersicht-
lich ist, stellen familiäre Umstände
die häufigsten Gründe dar, die einen
Rechtsformwechsel sinnvoll erscheinen
lassen. Beispielhaft dafür soll folgender
Sachverhalt diskutiert werden:
Inanspruchnahmeder vorzeitigen
AlterspensionohneAufgabe/Über-
gabedesBetriebes
Viele Klein- und Mittelunternehmen
werden inÖsterreich klassisch als Ein-
zelunternehmen geführt. Beabsichtigt
der Einzelunternehmer in die vorzei-
tige Alterspension zuwechseln, dürfen
seine Einkünfte aus aktiven Erwerbs-
tätigkeiten die Geringfügigkeitsgrenze
nicht übersteigen.
Diese Voraussetzung stellt in der
Regel kein Hindernis dar, wenn eine
Übergabe des Betriebes in der Familie
ohnehin geplant ist. Soferndies jedoch
nochnicht der Fall ist und auf diePen-
sion dennoch nicht verzichtet werden
soll, könnte ein Rechtsformwechsel
überlegt werden.
Sachverhalt
Ein Gewerbebetrieb soll weiterhin in
der Hand des bisherigen Einzelun-
ternehmers bleiben. Dem im Betrieb
bereits mitarbeitenden Sohn soll der
Betrieb derzeit jedoch noch nicht
übergeben werden. Ein Grund da-
für ist auch, dass sich der Betrieb im
Erdgeschoss und die Wohnung des
Betriebsinhabers imObergeschoss des-
selbenGebäudes befinden. EineÜber-
gabe des Grundstücks ist aus Sicht des
bisherigen Betriebsinhabers zu dessen
Lebzeiten nicht vorstellbar. Darüber
hinaus möchte der Betriebsinhaber
einenGroßteil der Einkünfte aus dem
Betriebweiterhin selbst beziehen.
Zusammenschluss zueiner Kom-
manditgesellschaft als Lösung
Im gegenständlichen Fall könnte ein
Zusammenschluss gemäß Art. IV
UmgrStG zu einer Kommanditge-
sellschaft angedacht werden. Dabei
schließt sich der bisherige Betriebsin-
haber (Vater)mit seinemSohn zu einer
Kommanditgesellschaft
zusammen,
bei der der Sohn die Komplementär-
stellung und der Vater die Stellung
eines nur beschränkt haftenden Kom-
manditisten übernimmt. Im Rahmen
des Zusammenschlusses überträgt der
Vater sein bisheriges Einzelunterneh-
men auf dieKG,wobei er das bisherige
Betriebsgebäude jedoch in seinem zi-
vilrechtlichen Alleineigentum zurück-
behält und der KG zurNutzung über-
lässt. Die Betriebsliegenschaft wird
dadurch zu Sonderbetriebsvermögen,
weshalb eine Entnahmegewinnbesteu-
erung unterbleibt und ebenso weder
Grunderwerbsteuer noch Grundbuch-
eintragungsgebühr ausgelöst wird. Ob
die künftigeÜberlassung der Betriebs-
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STEUERRECHT.
Über RechtsformgestaltungundUmgründungen.
VonHaraldManessinger
3/2017
ZumAutor
Dr. Harald
Manessinger,
Wirtschaftsprüfer
undSteuerberater
h.manessinger@
lbg.at
Beabsichtigt der Unternehmer indie vor-
zeitigeAlterspension zuwechseln, dürfen
seineEinkünfteausErwerbstätigkeitendie
Geringfügigkeitsgrenzenicht überschreiten.