ÖGSWissen - page 32

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ngabe der Restlaufzeiten in der Bilanz
und im Anhang
In der Bilanz ist der Betrag der Forderungen mit einer Rest-
laufzeit von mehr als einem Jahr (langfristige Forderungen)
bei jedem Posten (§ 225 Abs. 3 UGB) und der Betrag der
Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von bis zu einem
Jahr (kurzfristige Verbindlichkeiten) und jener von mehr als
einem Jahr (langfristige Verbindlichkeiten) bei jedem Posten
und insgesamt anzugeben (§ 225 Abs. 6 UGB). Zusätzlich ist
im Anhang noch der Gesamtbetrag der Verbindlichkeiten mit
einer Restlaufzeit von mehr als fünf Jahren anzugeben (§ 237
Abs. 1 Z 5 UGB).
Häufig sind im Rahmen von Jahresabschlussprüfungen
Fehler bei der Bestimmung der Restlaufzeiten zu finden. Die
Restlaufzeiten sind bei Forderungen und Verbindlichkeiten
gemäß dem im UGB geltenden Vorsichtsprinzip unterschied-
lich zu ermitteln.
Bestimmung der Restlaufzeiten bei Forderungen
Die Restlaufzeiten bei Forderungen sind grundsätzlich nach
dem voraussichtlichen Eingang der Forderungen und nicht
nach den vertraglich vereinbarten Zahlungsterminen zu be-
stimmen. Gerade bei Zahlungsschwierigkeiten des Schuld-
ners wird eher eine verlängerte Restlaufzeit anzunehmen sein,
während für die Annahme der Zahlung vor dem vereinbarten
Fälligkeitstermin kaum die erforderliche hohe Wahrschein-
lichkeit vorliegen wird. Die Restlaufzeit bestimmt sich daher
aus dem Zeitraum zwischen Abschlussstichtag und dem er-
warteten Eingang der Forderung. Beispielsweise ist eine be-
reits fällige Forderung, deren Eingang nicht innerhalb eines
Jahres ab dem Bilanzstichtag zu erwarten ist, als langfristig
darzustellen. Damit soll die Liquiditätslage vorsichtig darge-
stellt werden. Erkenntnisse bis zur Bilanzerstellung (werter-
hellende Ereignisse) sind jedenfalls bei der Ermittlung bzw.
Schätzung der Restlaufzeiten zu berücksichtigen.
Bestimmung der Restlaufzeiten bei Verbindlichkeiten
Die Restlaufzeiten bei Verbindlichkeiten sind hingegen nicht
nach der voraussichtlichen Begleichung der Verbindlichkeit
zu berechnen, sondern nach der vertraglich vereinbarten Fäl-
ligkeit. Die Restlaufzeit bestimmt sich daher aus dem Zeit-
raum zwischen Abschlussstichtag und dem vertraglich verein-
barten Fälligkeitsdatum der Verbindlichkeit. Abzustellen ist
Angabe der Restlaufzeiten
FRISTIGKEITEN.
Die Bestimmung der Restlaufzeiten von Forderungen und
Verbindlichkeiten nach dem UGB. Von Martin Schereda
wirtschafts
prüfer
ZUM AUTOR
Dr. Martin
Schereda ist
Wirtschaftsprüfer
und Steuerberater
martin.schereda@
schereda.at
dabei auf den Zeitpunkt, zu dem der Gläubiger die Leistung
frühestens fällig stellen kann. Die Möglichkeit einer Kündi-
gung aus wichtigem Grund sowie außerordentliche Kündi-
gungsrechte sind nicht zu berücksichtigen, außer die erfor-
derlichen Voraussetzungen sind zum Aufstellungszeitpunkt
des Jahresabschlusses bereits eingetreten. Ergibt sich die Fäl-
ligkeit weder aus einem Vertrag noch aus besonderen gesetzli-
chen Vorschriften, ist die Fälligkeit nach der Natur und dem
Zweck der Leistung zu bestimmen. Lässt sich auch auf diese
Weise kein Fälligkeitstermin ermitteln, gelangt § 904 ABGB
zur Anwendung, wonach eine Leistung sogleich fällig gestellt
werden kann. Hängen die Zahlungsmodalitäten von Bedin-
gungen ab, deren Eintritt ungewiss ist, hat eine Schätzung der
Restlaufzeiten mit größtmöglicher Vorsicht zu erfolgen. Hat
allerdings der Schuldner vor, eine Kündigungsmöglichkeit zu
nutzen, können und sollten die Restlaufzeiten nach dem be-
absichtigten früheren Kündigungstermin berechnet werden.
Die Regelung führt dazu, dass oftmals Verbindlichkeiten,
die tatsächlich erst langfristig getilgt werden, mangels einer
diesbezüglichen vertraglichen Vereinbarung als kurzfristig
auszuweisen sind. Damit soll im Sinne des Vorsichtsprinzips
dargestellt werden, dass diese Verbindlichkeiten jederzeit fällig
gestellt werden können.
Fristeninkongruenzen bei verbundenen Unternehmen
Ein häufiger Praxisfall sind Forderungen und Verbindlichkei-
ten zwischen verbundenen Unternehmen, hinsichtlich derer
keine vertragliche Vereinbarung zu den Rückzahlungsmoda-
litäten vorliegt, eine Rückzahlung allerdings erst langfristig
geplant ist. In solchen Fällen hat die Gläubigergesellschaft die
Forderung als langfristig auszuweisen, während die Schuld-
nergesellschaft ihre Verbindlichkeit als kurzfristig auszuwei-
sen hat. Soll diese Asymmetrie vermieden werden, wird der
Abschluss eines Darlehensvertrags mit einer Rückzahlungs-
vereinbarung, die auch den tatsächlichen Gegebenheiten ent-
spricht, notwendig sein.
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© BAONA/ISTOCK
Ein häufiger Praxisfall sind Forderungen und Verbind-
lichkeiten zwischen verbundenen Unternehmen, hin-
sichtlich derer keine vertragliche Vereinbarung zu den
Rückzahlungsmodalitäten vorliegt ...
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