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weseneinheit begeistert von diesem
Fach, weil es für mich so logisch war.
Auch die anderen betriebswirtschaft-
lichen Fächer haben mich gleich sehr
fasziniert. Deswegen lag es dann nahe,
dass ich nach dem BWL-Studium, der
Steuerberaterprüfung und drei Jahren
sehr lehrreicher und interessanter Tätig-
keit als Managerin bei LeitnerLeitner in
Linz die Steuerberatungskanzlei meiner
Eltern in Frankenmarkt übernommen
habe. Zu diesem Zeitpunkt erwartete
ich gerade mein erstes Kind, Georg.
Frauen und Steuerberatung: Wie
weiblich ist der Beruf? Was sind
die größten Herausforderungen in
der Branche? Kann die ÖGSW hier
unterstützen?
Der Beruf ist weder weiblich nochmänn-
lich – es kommt darauf an, was man/frau
daraus macht. Ich habe bisher fast keinen
Unterschied gespürt, was die Akzeptanz
von Frauen bei den Kunden betrifft.
Manchmal passiert es schon, dass männ-
liche Kunden glauben, ein Mann wäre
fachlich kompetenter als eine Frau – aber
das ist die absolute Ausnahme.
Die größte Herausforderung in un-
serer Branche ist aus meiner Sicht, genü-
gend IT-Experten als MitarbeiterInnen
zu gewinnen, um den unausweichlichen
Anforderungen der Automatisierung
gerecht zu werden. Denn Rechnungswe-
sen und Steuerwissen alleine reicht mit
Sicherheit nicht mehr aus, um in der
Branche weiterhin erfolgreich und kon-
kurrenzfähig zu bleiben.
Welche Unterschiede gibt es
zwischen Steuerberatern und
Steuerberaterinnen? Gibt es
„typisch Frau“ in unserem Beruf?
Unterschiede gibt es aus meiner Sicht
vor allem in der Einstellung zur Kun-
denberatung. Frauen haben, glaube ich,
mehr Einfühlungsvermögen und Kom-
munikationsfähigkeit – KundInnen
vertrauen uns dadurch und erzählen
auch sehr viel. Und wir haben Verständ-
nis für sie – dafür schätzen sie uns. Das
größte Kompliment für mich ist, wenn
KlientInnen sagen: „Was würden wir
nur ohne Sie machen?“
Der Nachteil an diesen Eigenschaf-
ten ist aber auch, dass wir bei uns im
Unternehmen – wir sind ja ein Da-
menführungstrio – oft viel zu gutmütig
sind, was z.B. offene Honorare betrifft.
Daran arbeiten wir gerade.
Frau sein, Steuerberaterin sein, Mut-
ter werden: Wie bringt man das alles
unter einen Hut? Bleibt auch Zeit für
sich selbst bzw. nimmst Du Dir diese?
Ich bin seit fast 28 Jahren mit meinem
tollen Mann Georg zusammen und
wir haben gemeinsam vier wunderbare
Kinder (Georg jun. – 24, Ursula – 22,
Nikolaus – 20 und Felix – 14). Ich habe
neben den Kindern immer gearbeitet.
Das war für mich deswegen machbar,
weil sie zuhause von sehr netten Da-
men und Au-Pair-Mädchen betreut
werden konnten und gleichzeitig auch
der Haushalt erledigt wurde. Die Dop-
pelbelastung mit Haushalt hätte ich zu-
sätzlich zum Beruf sicher nicht geschafft
– da habe ich für mich Prioritäten ge-
setzt. Mir war immer wichtig, dass
ich da bin, wenn meine Kinder mich
brauchen. Das war möglich, weil die
Kanzlei nur eine Minute Fahrzeit von
unserem Wohnhaus entfernt ist und
ich keine längeren Geschäftsreisen ma-
chen musste. Und meine Mutter, auch
Wirtschaftsprüferin, die mir dieses Mo-
dell von Vereinbarkeit von Familie und
Beruf selber so vorgelebt hat, hat mich
noch zusätzlich unterstützt – sie hat z.B.
sehr oft mit den Kindern Hausaufgaben
gemacht oder gelernt.
Als die Kinder klein waren, hatte ich
für mich selbst sehr wenig Zeit – aber das
war mir damals auch gar nicht wichtig
– die Kinder waren meine Erfüllung. Al-
lerdings haben mein Mann und ich uns
eineWoche pro Jahr Urlaub ohne Kinder
gegönnt. Jetzt kann ich mir diese Zeit für
mich wieder nehmen – ich gehe zweimal
die Woche tanzen und treffe mich gerne
mit meinen vielen FreundInnen.
Dein persönliches Erfolgsrezept?
Ich stehe zu dem, was ich kann und
was ich nicht kann, und kommuniziere
das auch so. Ich mag alle Menschen
und das spüren sie auch. Ich bin glück-
lich darüber, dass ich meine perfekten
Kanzleipartnerinnen gefunden habe,
dass wir so ein tolles Team führen und
so viele erfolgreiche Unternehmen be-
treuen dürfen. Nachdem ich die Zah-
len ganz gut im Griff habe, kann ich
mir erlauben, meine Entscheidungen
sehr stark aus dem Bauch heraus zu
treffen, und bin damit immer ganz gut
gelegen. Und vor allem bin ich sehr
flexibel und habe immer viel Freude
daran, Neues zu lernen.
n
„Frauen haben, glaube ich, mehr Einfühlungs-
vermögen und Kommunikationsfähigkeit.
KundInnen vertrauen uns dadurch und
erzählen auch sehr viel.“
ZUR PERSON
Mag. Christa Karigl-Ornezeder (Bild Mitte mit den beiden
Kanzleipartnerinnen Maria Povacz (li.) und Sylvia Gebets-
berger (re.) ist Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin in
Oberösterreich