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3/2016
M
it der Veröffentlichung
des Steuerreformgesetzes
2015/2016 am 14. August
2015 im Bundesgesetzblatt wurde die
laut Bundesregierung „größte Einkom-
men- und Lohnsteuerentlastung aller
Zeiten“ gesetzlich kodifiziert. Für Ka-
pitalgesellschaften und damit auch die
kleineFamilien-GmbHhatdieSteuerre-
formdurchdieErhöhungderKapitaler-
tragsteuervon25%auf27,5%allerdings
einedeutlicheSteuererhöhunggebracht.
Dennoch erfreut sich die GmbH nicht
nur aufgrund steuerlicher Vorteile, ins-
besondere im Fall der Thesaurierung,
sondern gerade auch aufgrund derHaf-
tungsbeschränkung der Gesellschafter
nach wie vor großer Beliebtheit. Dabei
wird aber leider oft übersehen, dass ge-
rade bei geringem Eigenkapital – was
durch die Gründungsprivilegierung
noch verstärkt wurde – Verluste relativ
rasch zu einer buchmäßigenÜberschul-
dung führen können. Im folgenden
Beitrag soll daher dargestellt werden,
welche Probleme dadurch entstehen
undwelche außergerichtlichenMaß-
nahmen zur Sanierung angewendet
werdenkönnen.
Bilanzierungsgrundsätze
nachdemUGB
Gemäß § 191 Abs. 2 UGB hat die
GmbH – wie jeder andere Un-
ternehmer im Sinne des § 189
UGB – am Ende eines jeden
Geschäftsjahres ein Inventar
aufzustellen, in dem die dem
Unternehmen gewidmeten
Vermögensgegenstände und
Schulden genau zu ver-
zeichnen und zu bewer-
ten sind. Nach § 201
Abs. 1UGB hat die
Bewertung den
Grundsätzen ordnungsgemäßer Buch-
führung zu entsprechen. Dabei ist von
derFortführungdesUnternehmens aus-
zugehen, solange demnicht tatsächliche
oder rechtliche Gründe entgegenstehen
(§201Abs. 2Z2UGB).DasVorliegen
dieser Voraussetzungen ist bei der Auf-
stellungdes Jahresabschlusses zuprüfen.
DieFortführungderUnternehmens­
tätigkeit ist nach dem Fachgutachten
KFS/PG 1, Kapitel 12 eine grundsätz-
liche Annahme für die Bewertung von
Vermögensgegenständen und Schulden.
Die gesetzlichen Vertreter haben da-
her bei der Aufstellung des Abschlusses
eine Einschätzung über die Fähigkeit
des Unternehmens, den Geschäftsbe-
trieb fortzuführen, vorzunehmen. Von
der Fähigkeit zur Fortführung der Un-
ternehmenstätigkeit kann ausgegangen
werden,wenndasUnternehmen
inderVergangenheit nachhaltig
Gewinne erwirtschaftet hat,
leicht auf finanzielleMittel zurück-
greifenkann,
keinewesentlichenÄnderungen
derwirtschaftlichenBedingungen
eingetreten sindund
keinebilanzielleÜberschuldung
droht.
Im Gesetz finden sich keine Hinweise
auf die rechtlichen oder tatsächlichen
Gründe im Sinne des § 201Abs. 2Z 2
UGB, die einer Fortführung des Unter-
nehmens entgegenstehen. In der Lite-
ratur (vgl. bspw. Hirscher, Bilanzrecht
2010) werdenunter anderemZahlungs-
unfähigkeit und Überschuldung (In-
solvenzeröffnungsgründe) als entspre-
chendeGründe angeführt.
Zahlungsunfähigkeit undÜberschul-
dungnachder Insolvenzordnung
Die Insolvenzordnung regelt in§66 IO
die allgemeinen Voraussetzungen für
die Eröffnung von Insolvenzverfah-
ren. Grundsätzlich setzt die Eröffnung
eines Insolvenzverfahrens voraus, dass
der Schuldner zahlungsunfähig ist.
Zahlungsunfähigkeit ist dabei ins-
besondere dann anzunehmen, wenn
der Schuldner seine Zahlungen ein-
stellt, wobei der Umstand, dass der
Schuldner Forderungen einzelner
Gläubiger ganzoder teilweisebe-
friedigt hat oder noch befriedi-
gen kann, eineZahlungsfähigkeit noch
nicht begründet.
Für juristische Personen, aber auch
für Personengesellschaften, bei denen
kein unbeschränkt haftender Gesell-
schafter eine natürliche Person ist (z.B.
GmbH& Co KG), erweitert § 67 IO
die Voraussetzungen für die Eröffnung
von Insolvenzverfahren um den Tatbe-
stand der Überschuldung. Übersteigen
die im Bilanzverlust ausgewiesenen ku-
mulierten Verluste Nennkapital, Kapi-
tal- und Gewinnrücklagen, dann liegt
einebuchmäßigeÜberschuldungvor. In
diesemFall sieht §225Abs. 1UGB vor,
dass der Fehlbetrag als negatives Eigen-
kapital auszuweisen und imAnhang zu
erläutern ist, ob eineÜberschuldung im
Sinne des Insolvenzrechts vorliegt. Eine
buchmäßigeÜberschuldung führt nach
der Literatur und ständigen Judikatur
des OGH (zuletzt OGH 19.2.2015,
6 Ob 19/15k) aber nicht zwangsläu-
fig auch zu einer insolvenzrechtlichen
Überschuldung. Vielmehr muss in
einem zweistufigen Prüfungsverfahren
einerseits ein Status der Vermögensge-
genstände und Schulden der Gesell-
schaft zu Liquidationswerten aufgestellt
und andererseits eine Fortbestehenspro-
gnose erstellt werden.Nurwenn sowohl
der Status zu Liquidationswerten als
auch die Fortbestehensprognose negativ
ausfallen, liegt eine Überschuldung im
Sinnedes Insolvenzrechts vor.
Tipp fürdieErstellungvon
Jahresabschlüssen
Ob imRahmen der Erstellung des Jah-
resabschlusses der GmbH zuerst ein
Status zu Liquidationswerten aufgestellt
wird oder eine Fortbestehensprognose
erstellt wird, hängt im Einzelfall davon
ab, welcher Prüfungsschritt einfacher
und leichterdurchführbar ist.
Liquidationsstatus
Bestehen hohe und leicht belegbare stil-
le Reserven beispielsweise im Liegen-
schaftsvermögen, könnte dies für die
Zumautor
Dr. Harald
Manessinger ist
Wirtschaftsprüfer
harald.manessinger@
lbg.at
Nur wennder Status zu Liquidationswerten
unddieFortbestehensprognosenegativ
ausfallen, liegt eineÜberschuldung im
Sinnedes Insolvenzrechts vor.
© eugenepartyzan/Fotolia
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