ÖGWThema - page 18

ZumAutor
Mag.HerbertHouf
istWirtschaftsprüfer
herbert.houf@
auditpartner.at
W
er hat sich noch nicht über Be-
scheide geärgert, mit denen auf
Basis unklarer Sachverhalteunter zwei-
felhafter Anwendung der gesetzlichen
Bestimmungen Abgaben festgesetzt
werden und das Ganze noch mangel-
haft begründet wird? Schnell schreibt
man sich seinen Frust von der Seele.
Leider ist dieQualität der Beschwerde
manchmal nur wenig besser als jene
des angefochtenenBescheides.
DieFragenachdem
Beschwerdepunkt
Die Beschwerde hat die Erklärung,
in welchen Punkten der Bescheid an-
gefochten wird, zu enthalten (§ 250
Abs. 1 lit b) BAO). Diese scheinbar
einfacheForderung ist inder Praxis gar
nicht so leicht zu erfüllen.Hilfreich ist
es, dieLösungdieser Frage indrei Pha-
sen zu zerlegen:
Sachverhaltsfeststellung
Subsumtion des Sachverhaltes un-
ter einen gesetzlichnormiertenTat-
bestand
Rechtsfolgensetzung
In jeder Phase können Fehler passie-
ren, die durch die Beschwerde konkret
adressiert werden sollten. Zur kor-
rekten
Sachverhaltsfeststellung
gehört
einerseits die vollständige Aufnahme
aller relevanten Beweise. Ist schon die
Beweisaufnahme
mangelhaft, kann der
zu Grunde zu legende Sachverhalt gar
nicht rechtskonform ermittelt werden.
Es liegt idR einVerfahrensmangel vor,
der meistens aus einer Verletzung der
amtswegigen Wahrheitsermittlungs-
pflicht oder des Parteiengehörs resul-
tiert. Aber trotz ausreichender Bewei-
se kann der Sachverhalt rechtswidrig
festgestellt sein, wenn seineHerleitung
nicht den logischen Denkgesetzen
folgt oder er aktenwidrig angenommen
wird. Wird dem Bescheid ein anderer
Sachverhalt zu Grunde gelegt, als sich
aus den vorhandenen Beweismitteln
logischerweise ergeben würde, liegt
eine Rechtswidrigkeit bei der
Beweis-
würdigung
vor.
In der Phase der
Subsumtion
wird
ein Soll-Ist-Vergleich angestellt. Ent-
spricht der festgestellte Sachverhalt
einem gesetzlich normierten Tatbe-
stand in allen seinen Tatbestands-
merkmalen? Bei der Lösung dieser
Frage ist die
Auslegung unbestimmter
Rechtsbegriffe
meistens das zentrale
Thema, wenn der Gesetzgeber einen
Tatbestand mit vagem, mehrdeutigem
oder nicht abschließend aufgezähltem
Inhalt definiert. Typisches Beispiel ist
die „erhebliche Härte“ als Vorausset-
zung für eine Zahlungserleichterung
in § 212 BAO oder die „Unbilligkeit“
in § 236 BAO als Voraussetzung für
eineNachsicht.Wann liegt eine solche
vor und entspricht mein Sachverhalt
diesen Vorstellungen? Die erforderli-
che Rechtsauslegung wird durch die
Judikatur entwickelt, die – wie wir
wissen –manchmal nur unzureichend
inRichtlinienundErlässeEingang fin-
det, die von der Abgabenbehörde als
Auslegungsbehelfeheranzuziehen sind.
Manchmal hilft eine Verordnung, den
Tatbestand näher zu definieren, wie
beispielsweise zu§236BAO.
Wurde der Sachverhalt unter den
richtigen gesetzlichen Tatbestand sub-
sumiert, stellt sich die Frage nach der
Rechtsfolge
. Diese kann z.B. in der
Anwendung eines bestimmten Steu-
ertarifs liegen oder in der Gewäh-
Bescheidbeschwerde
BAO.
WiemangegenBescheidebescheidenerQualitätmit einer
hochwertigenBescheidbeschwerde vorgeht. VonHerbert Houf
DieBeschwerdehat dieErklärung, in
welchenPunktender Bescheidangefoch-
tenwird, zu enthalten. Diese scheinbar
einfacheForderung ist inder Praxisgar
nicht so leicht zu erfüllen.
2/2016
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