ÖGSWissen - page 16

praxis
D
er Ehegattenunterhalt wird grund-
sätzlich nach einer vom OGH
entwickelten Berechnungsmethode er-
mittelt, wonach für den Fall, dass beide
Ehegatten über ein Einkommen verfü-
gen, zunächst das Familieneinkommen
ermittelt wird, welches aus der Summe
des durchschnittlichen monatlichen Ein-
kommens beider Ehegatten resultiert,
und davon 40% berechnet werden; da-
von werden weitere Sorgepflichten für
andere unterhaltspflichtige Personen wie
Kinder und/oder Ehegatten im Ausmaß
von je 4% berücksichtigt und von die-
ser Summe wird das eigene Einkommen
des Unterhaltsberechtigten abgezogen.
Geht nur ein Ehegatte einer Erwerbstä-
tigkeit nach (z.B. „Hausfrauenehe“), so
kommt ein Prozentsatz von 30% (vom
durchschnittlichen Einkommen des ver-
dienenden Ehegatten) zur Anwendung.
Auch der Kindesunterhalt wird je
nach dem Alter und den Bedürfnissen
eines Kindes nach der Prozentmethode
ausgehend vom durchschnittlichen mo-
natlichen Einkommen des Unterhalts-
verpflichteten berechnet. Die Prozent-
sätze betragen 16% bis 22%. Von diesen
Prozentsätzen sind für ein weiteres Kind
unter zehn Jahren je 1% und für ein
weiteres Kind über zehn Jahren je 2%
sowie für den Ehegatten je nach Eigen-
einkommen bis zu 3% abzuziehen. Für
Lebensgefährten gebührt mangels ge-
„Mysterium“
Unterhaltsbemessung!
UNTERHALT.
Sowohl für die Ermittlung des
Ehegatten- als auch des Kindesunterhalts
ist es zunächst notwendig, die jeweiligen
Bemessungsgrundlagen zu ermitteln.
Unterhalt wird bemessen und nicht berechnet.
Allgemeines zum Ehegatten- und Kindesunterhalt.
Von Birgit Leb
ZUR AUTORIN
Dr. Birgit Leb,
MBA, ist Partnerin
und Rechtsan-
wältin der
Kanzlei SCWP
SCHINDHELM
© KSENIA_PELEVINA/ISTOCK
setzlicher Unterhaltsverpflichtung kein
Abzug. Zu berücksichtigen ist weiters
der Bezug der Familienbeihilfe, der im
Wege einer ebenfalls von der Judika-
tur entwickelten Formel Berücksich-
tigung findet. Wesentlich ist, dass der
Kindesunterhalt für Kinder über zehn
Jahren mit dem 2,5-fachen Regelbedarf
und für Kinder unter zehn Jahren mit
dem zweifachen Regelbedarf gedeckelt
ist (sogenannte Luxus- oder Playboy-
grenze). Beim Regelbedarf handelt es
sich um Durchschnittsbedarfswerte für
Kinder in einem bestimmten Alter, die
jedes Jahr vom Justizministerium ent-
sprechend der Preissteigerungsrate an-
gepasst und für den Zeitraum vom 1.7.
bis zum 30.6. eines jeden Jahres veröf-
fentlicht werden.
Im Zusammenhang mit der Feststel-
lung des durchschnittlichen Einkom-
mens ist zwischen dem Einkommen
eines selbstständigen und unselbstständi-
gen Erwerbstätigen bzw. Unterhaltsver-
pflichteten zu unterscheiden. Während
bei Selbstständigen das durchschnittliche
Einkommen der letzten drei abgeschlos-
senen Geschäftsjahre herangezogen wird,
reicht für die Ermittlung des durch-
schnittlichen monatlichen Einkommens
eines Unselbstständigen in der Regel
der letzte Jahreslohnzettel aus. Zusätz-
lich kann es aber notwendig sein – etwa
für die Ermittlung von Diäten oder
Kilometergeld –, Einkommensteuerbe-
scheide und die monatlichen Abrech-
nungsbelege vorzulegen, zumal sich diese
Positionen aus einem Jahreslohnzettel
nicht erschließen lassen.
Mangels ausreichender Kenntnisse
beauftragen in der gerichtlichen Praxis
Richter und Rechtspfleger zur Feststel-
lung der Unterhaltsbemessungsgrund-
lage häufig von Amts wegen gerichtlich
beeidete Sachverständige (Buchhalter,
Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer)
mit der Erstellung von Gutachten, wel-
che in der Folge den Entscheidungen zu
Grunde gelegt werden.
Unselbstständig Erwerbstätige
Maßgeblich ist das gesamte tatsächlich
erzielte Einkommen aus der Erwerbs-
tätigkeit und dem Vermögen. Mit ei-
nem Jahreslohnzettel findet man im
Ehegatten- oder Unterhaltsverfahren
damit häufig das Auslangen; eine grobe
Einschätzung des durchschnittlichen
Einkommens durch die Addition der
Jahresnettoeinkünfte geteilt durch zwölf
ist unzureichend, da insbesondere die
steuerliche Begünstigung des 13. und
14. Gehalts/Lohns nicht berücksichtigt
wird.
Miteinzubeziehen in die Bemes-
sungsgrundlage sind aber generell alle
tatsächlich erzielten Einkommensbe-
standteile aus einer Erwerbstätigkeit, wie
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